Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
auf ihn zuging.
    »Lexa«, begrüßte er sie. »Dieser Typ hat wieder an Ihrem Käfer rumgespielt.«
    »Wann?«
    »Keine zehn Minuten her. Ich war oben im Minarett und staubte den Elektrischen Muezzin ab. Als das Auto gehupt hat, ist er abgehauen.«
    »War's wieder derselbe Kerl?«
    »Ich denk schon. Es sei denn, Autodiebe tragen neuerdings alle blaue Sergeanzüge.«
    »Jedenfalls danke fürs Aufpassen«, sagte Lexa. »Ich werd Betsy fragen, ob sie ihn identifizieren konnte.«
    Betsy war Betsy Ross, ein 2019er Volkswagen Kazenstein Special Edition. Als Spättwen war Lexa häufig in den »Betsy Ross Saloon« gegangen, eine Frauenbar im Village, und über ihrem Lieblingstisch hatte ein Bild gehangen, das einen geflügelten VW-Käfer zeigte, der über der Skyline von Manhattan Wolken verfolgte. Der Titel des Gemäldes war »Das Auto, das Gott fahren würde, wenn Sie einen Führerschein hätte«. Seit damals hatte sich Lexa gewünscht, einen Käfer zu besitzen, und sie suchte im Prinzip noch immer nach einem guterhaltenen 49er Modell. Morris' Version des Kultautos enthielt allerdings eine ganze Menge zusätzliche Spielereien.
    Lexa zog den Stecker des Ladekabels heraus und drückte mit dem Daumen gegen das Fingerabdruckschloß der Fahrertür. »Ich bin von so'm Bullenschwein belästigt worden«, sagte Betsy, als Lexa sich hineinsetzte. Lexa hatte Morris gebeten, dem Auto eine nette weibliche Persönlichkeit zu verpassen, aber er hatte zu der Zeit gerade einen Reprint von Revolution for the Hell oflt gelesen, und so kam es, daß Betsy Ross ein Abbie Hoffman in Frauenkleidern wurde.
    »Faisal hat mir schon erzählt, daß du Besuch hattest«, erwiderte Lexa. »Was hat er gemacht?«
    »Hat mir ne Wanze unter die hintere Stoßstange gesteckt. Hättst mal sehen sollen, wie der Scheißkerl gesprungen ist, als ich auf die Hupe gedrückt hab.«
    »Hast du'n Foto von ihm gekriegt?«
    »Schätzchen, ich hab sogar die Ergebnisse seiner Aufnahmeprüfung am College.« Das Flandschuhfach klappte auf, und das eingebaute Color-Faxgerät spuckte das Konterfei eines erschrocken aussehenden blonden Mannes aus. »Ernest G. Vogelsang, Houston Community College Abschlußklasse von 2019, Quantico Abschlußklasse von 2021, zur Zeit als Special Agent für das FBI tätig, Sektion für un-un-amerikanische Umtriebe. Die Feds scheinen dich als Un-un-Amerikanerin auf dem Kieker zu haben.«
    »Das ist nix Neues. Was ist nun mit seinen Testergebnissen?«
    »Mathe.340, Sprachkompetenz 260. Der Kerl muß ein lausiger Rätselrater sein.«
    »Muß wohl. Was meinst du, warum die Feds ihn angeheuert haben?«
    »Keinen Schimmer«, sagte Betsy. »Aber willst du'n wahnsinnig komischen Zufall wissen? Der momentane Leiter der Sektion für un-un-amerikanische Umtriebe heißt auch Ernest Vögelsang. Senior.«
    »Hm.«
    Lexa drückte auf den Anlasser; der Motor sprang mit einem leisen Flüstern an. Das war das einzige, was ihr am Elektrofahren nicht gefiel, wie umweltbewußt es auch sein mochte: Selbst wenn er mit seiner Höchstgeschwindigkeit von hundert Stundenkilometern dahinbretterte, war der Käfer einfach zu leise, fast lautlos. Man fühlte sich, als säße man in einem Caddie-Wagen.
    »Weißt du«, sagte Betsy, »wenn du mir die Bio-Crash-Inhibitoren rausnehmen würdest, könnte ich uns ne Menge Zeit sparen und Typen wie Vogelsang einfach unterpflügen ...«
    »Laß man«, sagte Lexa, »ich hab schon so genug Probleme damit, dich jedes Jahr wieder registriert zu kriegen.«
    »Und wer zum Teufel hat dir gesagt, daß ich überhaupt registriert werden möchte?«
    Sie fuhren vom Parkplatz runter. Lexa ärgerte sich weiter über das kaum hörbare Betriebsgeräusch des Käfers - aber nicht mehr lange. Betsy hatte ein heimliches Laster: Elektrizität aus der Dose war nicht der einzige Stoff, auf den sie abfuhr. Als sie die Kuppel von New Bedford-Stuyvesant verlassen und sich in den spärlichen Verkehr auf dem Atlantic Parkway eingefädelt hatte, schaltete Lexa auf Methylalkohol um: ein selbstgebranntes Wässerchen, das wie flüssiges Feuer runterging. Das unnachahmliche Brummen innerer Verbrennung pulsierte von Kotflügel zu Kotflügel. Lexa trat das Gaspedal voll durch; die Tachonadel sprang von achtzig auf hundertvierzig. Der kleine Käfer schoß an einem Elektro-Winnebago vorbei und fegte ihn beinahe von der Fahrbahn.
    »Halt die Augen nach Radarfallen offen«, sagte Lexa, und Betsy erwiderte: »Das ist ein Wort.«
2004 & 2023: Das himmlische Velodrom
    Ein Grund,

Weitere Kostenlose Bücher