Gast im Weltraum
euch gerade befindet. Wir schalten die Reserve-Gravitationsmaschinensätze ein. Bereitet euch darauf vor, daß die Gravitation wieder einsetzt. In wenigen Minuten geben wir einen weiteren Bericht.“
Der Lautsprecher klirrte, dann war altes still. Ein dumpfes Poltern ertönte, das sich in kurzen Abständen wiederholte. Die Gravitation setzte ein, Instrumente, Gefäße, Apparate fielen zu Boden. Ein Glas zerbrach, die Bruchstücke zersplitterten klirrend auf den Steinfliesen. Ich hatte eine Weile zu tun, um von dem Gurt loszukommen, mit dem ich am Bett festgeschnallt war. Als ich mich befreit hatte, trug ich das Kind in den Baderaum. Aus den Hähnen strömte wieder warmes Wasser. Das Kind wurde in dem Bad immer munterer, es quäkte laut und blinzelte mich mit seinen großen, blauen Augen an. Ich versorgte die kleine Wunde am Bäuchlein und kehrte mit dem Neugeborenen zur Mutter zurück. Angestrengt lauschte ich auf jeden Ton, jedes Geräusch, das von außen in den Saal drang. Vorerst war nur ein feines Rauschen zu hören, als stürzten ganze Kaskaden in die Tiefe des Schiffes. Dann pochten fieberhaft Hämmer. Ein schrilles Pfeifen schwoll an, als strömte Gas aus engen Leitungen. Etwas knirschte, eine gewaltige Kraft schleppte Lasten über eine rauhe, holprige Fläche. Gleich darauf vernahm ich ein vertrautes Zischen. Mir wurde warm ums Herz: In der Nähe glitt rasch ein Fahrstuhl vorüber.
Minuten vergingen. Mila lag erschöpft auf dem Rücken. Ihr Gesicht war klein und kindlich, dem Gesichtchen ihres Kindes ähnlich. Ich hielt das Neugeborene noch immer in den Armen. Ich habe alles getan, was ich konnte, dachte ich.
Das Kind lebt, Mila fühlt sich wohl, ich kann also gehen… Aber ich blieb. Die Tür öffnete sich, Schrey betrat den Saal. Ein Automat, der ihm folgte, trug eine kugelförmige Lampe. Sie strahlte ein starkes, milchiges Licht aus. Während der Automat weiterschritt, bewegten sich die Schatten der Gegenstände, an denen er vorüberkam, als wären sie lebendig geworden.
Schrey sah sich im Saal um. Sein Blick glitt über das Bett, über Mila, die zerschlagenen Gefäße, die auf dem Fußboden verstreuten Instrumente, die Blutflecke und blieb auf mir und dem Kind haften. „Ist es jetzt geboren?“ fragte er, und ein schwaches, freundliches Lächeln machte seine sonst so harten Lippen weich.
„Was ist mit ihr?“ stotterte ich.
Schrey verstand mich nicht. „Was sagst du?“
Ich brachte keinen Ton heraus. Anna war in seinen Arbeitsräumen! „Was… was… ist… mit ihr?“ wiederholte ich endlich. Ihren Namen wagte ich nicht auszusprechen.
„Ach so, du meinst Anna!“ erriet Schrey. „Sie war bei mir in der Wohnung. Sie kommt gleich. Was tust du denn, bist du verrückt geworden? Du erdrückst ja das Kind!“ rief er erschrocken, denn ich hatte das Kleine unwillkürlich fest an die Brust gedrückt. Ich atmete tief und erleichtert auf wie nach einem schweren Lauf.
„Was ist eigentlich geschehen, Professor?“
„Ich weiß nicht mehr als du. Vorhin rief Ter Akonian bei mir an. Er wollte sich auch mit dir in Verbindung setzen, bekam aber keinen Anschluß.“
„Ich war die ganze Zeit über hier.“
„Ja…“, nickte Schrey. „Er wollte die Ärzte nicht durch das allgemeine Netz anrufen, um nicht neue Unruhe zu erregen. Wir müssen uns beeilen und alles vorbereiten. Sie werden gleich die Verletzten bringen.“
Auf dem Korridor näherten sich Schritte und Stimmen. Anna öffnete die Tür und kam in den Saal. Ich wollte auf sie zueilen, blieb aber wie angewurzelt stehen. Ich hielt noch immer das Kind im Arm. Der Korridor war dunkel. Eine Reihe flimmernder Irrlichter schwankte auf mich zu. Es waren Tragbahren, mit weißen Tüchern zugedeckt. Sie schienen einen Meter hoch über dem Fußboden auf die Tür zuzuschwimmen. Von der ersten Bahre hing kraftlos eine Frauenhand herab…
Die Gea, die in jeder Sekunde 177 000 Kilometer zurücklegte, war auf ihrem Wege einem Meteor begegnet. Er war vom Radarecho entdeckt worden, als die Entfernung nur noch 90000 Kilometer betrug. Die Automaten hatten im Bruchteil einer Sekunde den Desintegrator auf das gefährliche Hindernis gerichtet. Der Meteor wurde von dem Atomgeschoß getroffen und zerfiel. Die Gea, die mit unverminderter Geschwindigkeit weiterraste, erreichte den Ort der Explosion, als der Atomzerfallsprozeß noch im Gang war. Eine Welle glühender Teilchen traf den Rückenpanzer und riß ihn in einer Länge von neun Metern auf. Eine Wolke glühender
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