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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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glasharte Mumie wird. Songgram bemühte sich noch einmal, die Zentrifugalpumpen in Gang zu bringen – es war vergeblich.
    Er hörte auf, Kontakte herunterzudrücken. Viereinhalb Sekunden unternahm er nichs, dann öffnete er die Klappen, eine nach der anderen. Das Helium stürzte als vierfacher Wasserfall in den Steuerraum. In der Steuerungszentrale tauchten die Automaten aus der verderbenbringenden Flut auf, und alles kam so, wie Songgram vorausgesehen hatte. Einige Automaten sperrten den weiteren Zufluß von Helium, andere brachten die Pumpen wieder in Gang, die es aus dem Steuerraum absogen, eine Gruppe schloß den Riß im Panzer mit einer rasch abkühlenden Spezialmasse, die unter Druck in den Riß gepreßt wurde. Als die Zentrale und der Steuerraum entlastet worden waren, schalteten sie das Gravitationsfeld wieder ein und ließen die Schotten im Innern des Schiffes herunter, damit sich das Gas nicht mit der Luft in den bewohnten Räumen der Gea vermischte. Schließlich kamen Mechanoautomaten in langen Reihen aus den Sicherheitsluken und verschwanden in den Reserveschächten zwischen den Isolierwänden der Zentrale und unter dem geborstenen Wasserbehälter. Sie arbeiteten ohne Unterbrechung, und um sechs Uhr morgens war die letzte Spur der Katastrophe im Innern des Raumschiffes beseitigt.
    Im dritten und vierten Stockwerk waren nur einige Menschen durch Bruchstücke der berstenden Rohrleitungen verletzt worden, zum Glück nicht allzu schwer. Nachdem wir sie verbunden und versorgt hatten, ging ich mit Yrjöla in den bereits ausgetrockneten und wiederhergestellten Steuerraum. Als wir ihn verließen, war es sieben Uhr. Das Licht der künstlichen Morgendämmerung lag in den Gängen. Sie waren still und leer. Yrjöla schien sich nicht von mir trennen zu wollen, er begleitete mich zur Krankenstation.
    Vor der Tür blieb er plötzlich stehen und sagte: „Hätte ich doch diese Berechnung nicht gemacht!“
    Ich sah ihn fragend an. Er sah an mir vorbei. „Ich konnte nicht anders… Er brauchte es nicht zu tun. Verstehst du? Es hätte genügt, eine Klappe zu öffnen. Es gab eine Chance für ihn.“
    Ich begriff. „Wußte er das nicht?“
    „Er konnte es nicht wissen. Für die Berechnung waren einige Minuten erforderlich. Die gönnte er sich nicht.“
    Ich schwieg. Ich hatte noch immer das Bild vor Augen, das ich aus dem Steuerraum als unvergeßliche Erinnerung mitgenommen hatte: Der große Raum mit den letzten Spuren der Katastrophe und, die Hände in den Speichen des letzten Rades, das wahre Standbild des Astrogators.
    Yrjöla preßte meinen Arm. „Du hast ihn nicht gekannt…“ Er verstummte, und zum zweitenmal in diesem Jahr sah ich einen Mann weinen. – Am anderen Tage gingen die Ingenieure daran, den aufgerissenen Stahlpanzer der Gea durch eine neue Metallschicht zu schließen. Zu diesem Zweck wurden die Sicherheitsluken geöffnet und einige Mechanoautomaten auf den Außenpanzer des Schiffes geschickt. Ameta kam in das Krankenhaus, um mich abzuholen; es bot sich nämlich die einzigartige Gelegenheit zu einem Ausflug in den leeren Raum.
    Auf den Decks war die Arbeit bereits im vollen Gang. Ein Automat nach dem anderen tauchte im Aufzugsschacht auf, andere, die am Transportband warteten, beluden ihn mit Werkzeugen und Metall, und das gepanzerte Geschöpf stapfte, ohne sich umzudrehen, mit so schweren Schritten rückwärts zum Aufzug, daß sich der Boden unter ihm durchzubiegen schien. Wir mußten ziemlich lange warten, denn sehr viele Gefährten wollten die Gelegenheit nützen, sich eine Zeitlang außerhalb der Gea aufzuhalten. Schließlich gelangte auch ich in die Druckkammer. Ameta war bereits fertig und half mir den Skaphander anzulegen. Ich stieg in die weite, obere Öffnung, dann wurde ein runder, vorn und hinten gebogener Kragen, der an eine große Spitzenkrause des Altertums erinnert, auf die Schultern herabgelassen. Dieser Kragen, in dem sich die Atomheizung und das Atmungsgerät befinden, ist leider nicht aus Spitze, sondern aus Metall und ziemlich schwer. Auf den Kragen wurde der Helm gestülpt und festgeschraubt. Der Helm besteht aus einer Glasmasse und ist vor den Augen walzenförmig gewölbt. Als ich mich bewegte, fühlte ich am Körper die dicken Schichten des Skaphanders, die außen mit einem metallischen, silbrigschimmernden Staub bedeckt und innen weich wie Samt sind. Es ist schwierig, sich mit einem so massiven Anzug in einem Raum zu bewegen, in dem man der Schwerkraft unterworfen ist. Von hinten

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