Gast im Weltraum
senkrechte, feurige Linie am Ostrand des Horizontes entgegen. Es sah aus, als wollte der Flugplatz von Meoria mit den Startflammen der Raketen die Kuriere des Weltalls, die Meteoriten, begrüßen.
Kurz nach Mitternacht rief mein Vater an und teilte mit, daß er erst spät nach Hause kommen werde. Er bat, nicht auf ihn zu warten. Meine Mutter hatte mir in meinem Kinderzimmer das Bett zurechtgemacht. Kaum hatte ich mich niedergelegt, da schlief ich bereits ganz fest. Als ich erwachte, war heller Tag. Im Hause herrschte noch tiefe Stille. Ich ging in das Speisezimmer, um von dort unbemerkt in den Garten zu gelangen. An der Korridortür wäre ich beinahe mit meinem Vater zusammengestoßen. Durch diese unerwartete Begegnung überrascht, blieb ich stehen; denn ich hatte geglaubt, er schliefe noch. Er war erst gegen drei Uhr nach Hause gekommen und jetzt nur aufgestanden, um mit dem Krankenhaus zu sprechen. Wir sahen uns eine geraume Weile schweigend an. Das Zimmer war von grünem Licht erfüllt, wie durchflutet von klarem Wasser, das durch die Laubvorhänge hereinsickerte. Wir waren uns wohl beide nicht ganz klar darüber, was wir beginnen sollten. In dem langen, grauen Schlafrock kam mir mein Vater älter vor als sonst. Bleich, mit dunklen Schatten unter den Augen, stand er vor mir und schien noch ganz nachtumfangen zu sein, weit, fern von dem hellen, strahlenden Sonnentag dort draußen. Er war auch viel kleiner als früher. Oder täuschte ich mich, war ich soviel größer geworden? Mir schoß der Gedanke durch den Kopf, daß er bereits an der Schwelle des Alters stand, und mein Herz zog sich vor Zärtlichkeit und Bedauern schmerzhaft zusammen. Was war er? Er hatte nichts geschaffen, keine neue Operationsmethode, keinen bisher ungebräuchlichen chirurgischen Eingriff praktiziert und keine Entdeckung gemacht; er war nicht einmal ein berühmter Operateur: Er hatte zwar eine sichere Hand, ein gutes Auge – so wurde wenigstens von ihm gesagt; aber das war nichts Außergewöhnliches. Er war ein durchschnittlich guter Arzt und Chirurg. Meine Onkel veränderten das Klima der Planeten, errichteten gigantische Konstruktionen im leeren Raum, hinterließen sichtbare, dauerhafte Zeichen ihrer Arbeit. Und er? Schweigend und flüchtig küßte ich ihn auf die unrasierte Wange und wollte an ihm vorbei durch die Tür in den Garten schlüpfen. Er hielt mich mit einer Handbewegung zurück. „Wie ich hörte, willst du in das Institut für Zukunftsplanung eintreten?“
Ich nickte.
„Früher wolltest du alles haben, und jetzt willst du alles sein…“ Er lächelte nicht bei diesen Worten, er blieb ernst und wartete auf meine Antwort. Ich schwieg. In diesem Schweigen lag eine gewisse Gereiztheit. Er holte tief Atem, sagte aber nichts. Mit den Fingerspitzen berührte er leicht meine Hand und verschwand nach dieser unvollendeten Geste in der Tür seines Zimmers.
Ich war aus dem Gleichgewicht gebracht, ein wenig bewegt, gerührt und zugleich ein wenig ärgerlich. Dann ging ich in den Garten hinaus, hatte aber keine Lust mehr, durch das Paradies meiner einstigen kindlichen Spiele zu streifen. Ich legte mich auf den warmen Rasen, und wenige Minuten später war der Vater meinen Gedanken entschwunden. Ich dachte nicht mehr an ihn und ließ mein Gesicht von den warmen Strahlen unserer beiden grönländischen Sonnen überfluten, der künstlichen, die hoch oben im Zenit stand und mit ihrem Platinglanz das Land in helles Licht tauchte, und der wirklichen, deren blasse Scheibe tief am Horizont ihre Bahn zog. Mir fiel eine Episode während der letzten Kletterpartie auf dem Mond ein. Das Seil hatte sich zwischen zwei Felsblöcken festgeklemmt, und wenn der Mensch dort nicht bloß ein Sechstel wöge, dann…
Ein Schatten glitt über meine Lider, ihm folgte ein zweiter, ein dritter. Da kam jemand zu uns. Die Hubschrauber landeten auf der weiten Rasenfläche vor dem Haus. Ich stützte mich auf die Ellbogen und betrachtete die ersten Gäste, die aus den Maschinen stiegen. Hoch über dem Haus glitzerten die Propeller eines neuen Schwarms von Flugzeugen. Eine Weile später näherten sich von Westen her noch einige Dutzend. Sie glitten immer tiefer herab, berührten beinahe die Wipfel der Bäume. Die Ankömmlinge bildeten eine Gruppe, die ständig größer wurde. Sie gaben den Landenden ein Zeichen mit der Hand. Einige verbargen etwas hinter dem Rücken. Ich staunte immer mehr, wurde neugierig und stand auf. Inzwischen waren neue Hubschrauber auf dem Rasen
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