Gast im Weltraum
Ich schloß die Augen, streckte die Hand aus und drückte auf einen beliebigen Schaltknopf. Dann wartete ich geduldig. Die Tür öffnete sich mit einem kaum wahrnehmbaren Zischen. Ich stand vor dem Laboratorium Goobars im elften Stock. Langsam schritt ich auf die hohe Doppelwand zu, hinter der sich die Arbeitsstätte des Gelehrten befindet Die Wand ist undurchsichtig, obwohl sie aus Glas besteht. Sie ist nämlich aus polarisierten Platten zusammengesetzt, die in einer bestimmten Stellung lichtdurchlässig sind, in einer anderen hingegen die Lichtstrahlen absorbieren. An jenem Tage waren sie dunkelglänzend, wie mit Samt überzogen. Nur an einer Stelle war in Kopfhöhe eine durchsichtige Öffnung, wie ein kleines Fenster. Ich weiß nicht, ob die polarisierenden Platten zufällig diese Lage eingenommen hatten oder ob jemand sie absichtlich so eingestellt hatte – ich konnte jedenfalls in den Raum schauen, sah aber nur einen Teil des Labors und einige bis an die Decke reichende mathematische Apparate. Ich stand im halbdunklen Gang, das Laboratorium war hell erleuchtet. Auf den ersten Blick schien es leer zu sein. Ich bemerkte nur ein geringfügiges, gleichmäßiges Zucken einzelner Maschinenteile – das rhythmische Heben und Senken der Relaisklappen.
Plötzlich fuhr ich zusammen. In meinem Gesichtsfeld tauchte ein Mensch auf. Er kehrte mir den Rücken zu. Die Bewegungen seiner Hand, in der er ein schwarzes Stäbchen hielt, verrieten mir, daß er lebhaft mit jemandem diskutierte. Ich erkannte ihn, bevor er sich umwandte: Goobar war es. Er ging vor den mit Kontakten gespickten Maschinen auf und ab. Was er sagte, hörte ich nicht, denn die Wand ließ keinen Laut nach außen dringen.
Neugierig, mit wem er sich so lebhaft unterhielt, trat ich einen Schritt näher, ohne daran zu denken, daß er mich entdecken könnte. Er blieb mit leicht gespreizten Beinen stehen, hob das Stöckchen und sprach sehr rasch. Da er halb von mir abgewandt war, sah ich nur das Spiel seiner Schläfenmuskeln. Auf den Bildschirmen vor ihm schimmerten blaßgrüne Linien.
Er war allein mit seinen Automaten, mit ihnen diskutierte er. Es war ein seltsames Schauspiel. Den Inhalt des Gesprächs hätte ich ohnehin nicht begriffen, auch wenn es zu hören gewesen wäre. Langsam begann ich mich zu orientieren. Goobar schien den Maschinen etwas zu erläutern. Das zentrale Elektronenhirn, eine riesige Metallmasse mit einem dicken, instrumentenbedeckten Panzer, der sich wie die Stirn eines Giganten vorwölbt, antwortete ihm durch Reihen von Berechnungen und Kurven, die ständig in den Schirmen aufleuchteten und verschwanden. Goobar nahm seine Antworten aufmerksam zur Kenntnis und schüttelte immer wieder den Kopf. Von Zeit zu Zeit wandte er sich wie entmutigt ab, lief zwei, drei Schritte hin und her, blieb wieder vor der Maschinerie stehen, stieß einige Worte hervor, berührte den einen oder anderen Kontakt, trat zu einem der Hilfselektroanalysatoren und kam mit einer Karte in der Hand zurück, die er in einen Schlitz des Elektronenhirns steckte. Von neuem leuchteten die Bildschirme auf und erloschen. Mitunter sah es aus, als zwinkerte es ihm mit den roten und grünen Augen der Signallampen verständnisinnig zu. Goobar überprüfte das, was es ihm mitteilte, schüttelte den Kopf und sprach nur das eine Wort „Nein“, das ich von dem kurzen Zucken seiner Lippen ablesen zu können glaubte.
Ein paarmal unterbrach Goobar durch eine Bewegung mit dem kleinen, schwarzen Zauber stab den Automaten in einer Serie langer Ableitungen und zwang ihn, die Berechnungen zu wiederholen. Plötzlich runzelte er die Brauen, warf das Stöckchen beiseite und verschwand. Eine Zeitlang war niemand im Raum. Der allmählich auslaufende Automat warf noch einige Diagramme auf die Bildschirme; sie wurden unbeweglich und erstarrten wie zu grünem Eis. Von seinem Meister verlassen, schien er noch einmal die abgelehnten Argumente durchzudenken.
Bald darauf kehrte Goobar mit einem Mechanoautomaten zurück, der sich dem Elektronenhirn zuwandte. Goobar trat beiseite, schloß die Augen und sprach zu dem Automaten. Ich erstarrte vor Schreck. Auf ein Zeichen des Wissenschaftlers schoß aus dem Werkzeugkopf des Automaten ein Bohrer und bohrte im Handumdrehen ein Loch in die gepanzerte Stirn des Elektronenhirns. Dann hob ein Scherenkran den Deckel hoch. Der mechanische „Chirurg“ hatte seine Arbeit getan und wurde wieder reglose Maschine. Goobar blickte aufmerksam in das Innere des
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