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Gaunts Geister - Band 1-3

Gaunts Geister - Band 1-3

Titel: Gaunts Geister - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Abnett , Christian Jentzsch
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Endlich! Ich muss dir
so viele Dinge erzählen!«
    Ihre Stimme war weich und doch
fest, ihr Hochgothisch perfekt.
    Gaunt schreckte vor ihrem
direkten Blick zurück. Sie beugte sich eindringlich über den Tisch und starrte
ihm in die Augen.
    »Hab keine Angst, Ibram Gaunt.«
    »Ich habe keine.«
    »O doch, du hast welche. Ich
muss gar kein Gedankenleser sein, um das erkennen zu können. Obwohl ich
natürlich ein Gedankenleser bin.«
    Gaunt atmete tief. »Dann sag
mir, was ich wissen will.«
    »Clever, clever«, gluckste sie
und lehnte sich wieder zurück.
    Gaunt beugte sich vor,
beharrlich jetzt. »Hör mal, ich will eigentlich auch nicht hier sein. Lass uns
die Sache hinter uns bringen. Du bist ein Psioniker — verblüffe mich mit deinen
Visionen, oder halt einfach die Klappe. Es gibt andere Dinge, die ich lieber täte.«
    »Mit deinen Männern trinken.
Früchte essen.«
    »Was?«
    »Du willst noch mehr von der
süßen Frucht. Du sehnst dich danach. Süßes, saftiges Obst ...«
    Gaunt schauderte. »Woher weißt
du das?«
    Sie grinste schelmisch. »Der
Saft ist dir über das Kinn und vorne über die Jacke gelaufen.«
    Gaunt konnte sein Lächeln nicht
verbergen. »Wer ist jetzt clever? Das war kein Psioniker-Trick. Das war
Beobachtung.«
    »Aber auch wahr, oder nicht?
Macht es einen großen Unterschied?«
    Gaunt nickte. »Ja ... Ja, es
macht einen. Was du vorher zu mir gesagt hast. Es ergab keinen Sinn, aber es
hatte auch nichts mit den Flecken auf meiner Jacke zu tun. Warum wolltest du
unbedingt mich sprechen?«
    Sie seufzte und senkte den
Kopf. Eine längere Pause trat ein.
    Die Stimme, die schließlich
antwortete, war nicht mehr ihre. Es war ein raues, kratziges Etwas, bei dem er
zurückzuckte. Beim Imperator, plötzlich war es sehr kalt in der Kammer! Er sah,
wie sein Atem Wölkchen bildete, und ihm ging auf, dass er sich die Kälte nicht
einbildete.
    Die staubtrockene Stimme sagte:
»Ich will keine Dinge sehen, Ibram, aber ich tue es trotzdem. Im Kopf. Manchmal
sind es wunderbare Dinge. Manchmal schreckliche. Ich sehe, was Leute mir
zeigen. Der Verstand ist wie ein Buch.«
    Gaunt glitt auf seinem Stuhl
zurück und stammelte: »Ich ... Ich — mag Bücher.«
    »Das weiß ich. Das habe ich
gesehen. Du hast Bonifazius' Bücher gemocht. Er hatte so viele.«
    Gaunt erstarrte, und eisige
Finger huschten sein Rückgrat auf und ab. Er spürte, wie ihm ein eiskalter
Tropfen Schweiß vom Haaransatz über die Stirn lief. Er hatte das Gefühl, in der
Falle zu sitzen.
    »Wie kannst du das wissen?«
    »Du weißt, wie.«
    Die Temperatur in der Kammer
war auf Eiseskälte gefallen. Gaunt sah, wie sich Eiskristalle auf der
Tischplatte bildeten und das Holz ächzen ließen. Er hatte am ganzen Körper eine
Gänsehaut, sprang auf und wich zur Tür zurück.
    »Das reicht! Die Befragung ist
zu Ende!«
    Er griff hinter sich, um die
Tür zu öffnen. Sie war abgeschlossen.
    Oder zumindest wollte sie sich
für ihn nicht öffnen. Etwas hielt sie zu. Gaunt hämmerte dagegen. »Inquisitor!
Inquisitor Defay! Lassen Sie mich raus!«
    In der Enge des eiskalten Raums
klang seine Stimme barsch und hohl. Er war verängstigter als je zuvor in seinem
Leben. Er sah sich um. Das Mädchen kroch ihm hinterher, ihre Augen waren
ausdruckslos und trüb. Speichel tropfte aus ihrem geöffneten Mund. Sie
lächelte. Es war das Furchtbarste, was der junge Ibram Gaunt je gesehen hatte.
Als sie sprach, passte die Stimme nicht zu den Mundbewegungen. Die
Lautäußerungen kamen von einem anderen, schrecklichen Ort. Ihre Lippen hielten
nur schlecht mit ihnen Schritt.
    In eine Ecke geduckt,
beobachtete er ihre langsame, animalische Annäherung über den eiskalten Boden,
und es gelang ihm zu flüstern: »Was willst du von mir? Was?«
    »Dein Leben.« Eine
federleichte, unmenschliche Stimme.
    »Lass mich in Ruhe!«, murmelte
Gaunt, während er ohne Erfolg an der Türklinke rüttelte.
    »Was willst du wissen?«, fragte
das Grauen plötzlich. Berechnend.
    Seine Gedanken überschlugen
sich. Wenn er dieses Wesen zum Reden veranlassen konnte, hielt er es vielleicht
auf, bis ihm ein Ausweg einfiel ... »Werde ich es zum Kommissar bringen?«,
fragte er, während er an die Tür hämmerte, da ihm die Frage eigentlich egal
war.
    »Selbstverständlich.«
    Das Schloss schien langsam
nachzugeben. Nur noch ein paar Augenblicke. Er musste sie weiter zum Reden
bewegen! »Erzähl mir den Rest«, forderte er sie in der Hoffnung auf, sie werde
nicht weiter auf ihn zukriechen.
    Sie schwieg

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