Gaunts Geister - Band 1-3

Kerne. Unter ihrer vom Öl nassen Schale war
die Frucht lachsrosa, reif und schwer von Saft und Wasser. Er biss hinein,
während er sich entfernte, und winkte den Männern zum Dank zu.
    Es war süß. Kühl. Das
Fruchtfleisch löste sich in seinem hungrigen Mund auf und flutete seine Kehle
mit köstlicher, süßer Flüssigkeit. Saft tropfte sein Kinn herunter. Er lachte,
wieder wie ein Junge. Es war das Süßeste, was er auf Darendara gekostet hatte.
    Nein, nicht das Süßeste.
    Das Süßeste, was er hier
geschmeckt hatte, war sein erster Triumph. Sein erstes siegreiches Kommando.
Seine erste Gelegenheit, dem Imperator und dem Imperium zu dienen, denen zu
gehorchen und die zu lieben er erzogen worden war.
    In einer erleuchteten
Türöffnung erschien eine Gestalt. Gaunt erkannte die massige Silhouette sofort.
Er fummelte mit dem Fruchtstück herum, da er salutieren wollte.
    »Stehen Sie bequem, Ibram«,
sagte Oktar. »Essen Sie ruhig weiter. Das sieht wirklich gut aus. Ich sollte
mir auch etwas holen ... Begleiten Sie mich ein Stück.«
    Während Gaunt neben Oktar
marschierte, nagte er auch den letzten Rest des süßen Fruchtfleischs von der Schale.
Sie kamen wieder an den Männern bei den Kohlepfannen vorbei, und Oktar fing
eine ganze Frucht, als sie ihm zugeworfen wurde, und öffnete sie mit seinen
riesigen Daumen. Wortlos marschierten die beiden durch einen nach Kräutern
duftenden, in blaue Dunkelheit gehüllten Garten zur Palastkapelle. Beide aßen
schlürfend und spien Samenkerne aus. Oktar reichte Gaunt noch ein Stück Frucht,
und sie aßen alles auf.
    Unter dem Buntglasfenster der
Kapelle warfen sie die Schale beiseite und blieben lange Zeit so stehen,
während sie schluckten und sich den Saft von den tropfenden Fingern leckten.
    »Schmeckt gut«, sagte Oktar
schließlich.
    »Wird es immer so gut
schmecken?«, fragte Gaunt.
    »Immer, das verspreche ich dir.
Der Sieg ist das Endspiel, dem wir alle hinterherjagen und nach dem wir uns
alle sehnen. Wenn du ihn erringst, halte ihn fest und genieße jeden
Augenblick.«
    Oktar wischte sich das Kinn ab.
Sein Gesicht war ein Schatten in der Düsternis.
    »Aber vergiss eines nicht,
Ibram. Es ist nicht immer so offensichtlich, wie es scheint. Der Sieg ist
alles, aber der Trick besteht darin zu wissen, wo der Sieg eigentlich ist. Den
Feind zu töten ist Aufgabe des regulären Soldaten. Die Aufgabe eines Kommissars
ist hintergründiger.«
    »Herauszufinden, wie man den
Sieg erringt?«
    »Oder was es zu gewinnen gibt.
Oder welche Art von Sieg auf lange Sicht wirklich zählt. Du musst alles
benutzen, was du hast, jede Einsicht, jeden Blickwinkel. Mach dich niemals zum
Sklaven simpler taktischer Direktiven. Die Offiziere sind manchmal so klug wie
der Arsch eines Orks. Wir sind politische Tiere, Ibram. Wenn wir unsere Aufgabe
richtig erfüllen, wird durch uns das Schwarz und Weiß des Kriegs abgeschwächt.
Wir sind die Interpreten des Kampfs, die Übersetzer. Wir geben dem Krieg eine
Bedeutung, Hintergrund, sogar einen Zweck. Töten ist die grässlichste,
geistloseste Betätigung, die dem Menschen bekannt ist. Unsere Rolle besteht
darin, die Tötungsmaschine der menschlichen Rasse zu einer positiven Kraft zu
formen. Für den Imperator. Und für unser eigenes Gewissen.«
    Eine Weile standen sie in
Gedanken versunken da. Oktar zündete sich eine von seinen unglaublich dicken
Zigarren an und blies große weiße Rauchringe in den Nachtwind.
    »Bevor ich es vergesse«, fügte
er plötzlich hinzu, »ich habe noch eine letzte Aufgabe für dich, bevor du dich
zurückziehst. Zurückziehst! Was rede ich da? Bevor du zu den Männern im Saal
gehst und dich dumm und dämlich trinkst!«
    Gaunt lachte.
    »Ein Verhör findet statt.
Inquisitor Defay ist eingetroffen, um die Gefangenen zu vernehmen. Du kennst
die übliche Hexenjagd nach der Schlacht, auf die das Oberkommando besteht. Aber
er ist ein vernünftiger Mann, ich kenne ihn seit Jahren. Ich habe vorhin mit
ihm geredet, und anscheinend will er deine Hilfe.«
    »Meine Hilfe?«
    »Ausdrücklich deine Hilfe. Er
hat namentlich nach dir gefragt. Einer seiner Gefangenen weigert sich, mit
jemand anderem zu reden.«
    Gaunt blinzelte. Er war
verwirrt, wusste aber auch, wen der Generalkommissar meinte.
    »Geh zu ihm, bevor du dich mit
den Männern amüsierst. In Ordnung?«
    Gaunt nickte.
    Oktar gab ihm einen Klaps auf
den Arm. »Du hast deine Sache heute sehr gut gemacht, Ibram. Dein Vater wäre
stolz auf dich.«
    »Ich weiß, dass er das