Gaunts Geister - Band 1-3
der nichts sagte, sondern den Inhalt lediglich hinunterstürzte.
»Dann glauben Sie, dass das
unser Kommissar war?«, stellte Bragg schließlich die Frage, von der Corbec
wusste, dass sie ihm unter den Nägeln brannte, seit er Corbecs Bemerkung gehört
hatte.
Corbec nippte und nickte.
»Gaunt? Ja, höchstwahrscheinlich.«
»Ich habe Sachen von den
Munitoriumsleuten in den Transportern gehört. Die sagen, dass er hart wie ein
Nagel ist — und Orden hat. Ein richtig toller Bursche, sagen sie.«
Rawne schnaufte. »Warum kann
uns nicht einer von uns anführen — kann mir das jemand verraten? Wir brauchen nur
einen guten Bürgerwehr-Kommandanten, mehr nicht.«
»Ich könnte mich anbieten«,
scherzte Corbec leise.
»Er hat gesagt, einen guten
Mann!«, schnauzte Larkin und widmete sich wieder seinem besessenen Polieren.
Corbec blinzelte Bragg zu, und
sie nippten beide.
»Aber es ist schon komisch,
dass wir jetzt gehen, oder nicht?«, sagte Bragg nach einer kleinen Pause. »Ich
meine, endgültig. Wir kommen vielleicht nie mehr zurück.«
»Höchstwahrscheinlich nicht«,
sagte Corbec. »Das ist unsere Pflicht. Dem Imperator in seinen Kriegen zu
dienen, sternauf, sternab. Besser, du gewöhnst dich an die Vorstellung.«
»Aufgepasst!«, rief Forgal aus einem
Zelt nicht weit entfernt.
»Der große Garth kommt mit
seinem Dienstgesicht.«
Sie sahen sich um. Major Garth,
der Kommandeur ihrer Einheit, stapfte die Zeltreihe entlang und bellte knappe Befehle
nach beiden Seiten. Garth war ein Klotz von einem Mann mit einer tonnenförmigen
Brust, dessen Körperfülle und schwere, faltige Züge anzudeuten schienen, dass
die Schwerkraft ihm stärker zusetzte als den meisten. Er kam zu ihnen.
»Packt zusammen, Jungs. Zeit
für den Transfer«, sagte er.
Corbec hob eine Augenbraue.
»Ich dachte, der wäre morgen?«
»Das habe ich auch gedacht, das
hat Oberst Torth gedacht, und das hat auch das Departmento Munitorium gedacht,
aber es sieht so aus, als wäre unser neuer Kommissar-Oberst ein ungeduldiger
Mann. Er will nämlich, dass wir gleich nach der Abnahme mit dem Transfer
beginnen.«
Garth ging weiter und rief
weitere Befehle.
»Tja«, sagte Colm Corbec, »ich
nehme an, jetzt geht es richtig los.«
Gaunt hatte Kopfschmerzen.
Er wusste nicht, ob es an der endlosen
Prozession von tanithischen Würdenträgern und Politikern lag, die ihm
vorgestellt wurden, dem damit verbundenen belanglosen Geplauder, der quälend
langsamen Abnahme der Truppen auf dem Sammelplatz vor der tanithischen
Versammlung oder einfach nur an der verfluchten Dudelsackmusik, die jede Kammer
und Straße und jeden Hof der Stadt zu erfüllen schien.
Und auch die Truppen waren
nicht so beeindruckend. Blass, dunkelhaarig, irgendwie unterernährt aussehend, hager
in schlichtem schwarzem Drillich, jeder mit einem scheckigen Tarnumhang über
der einen und einem Lasergewehr über der anderen Schulter. Ganz zu schweigen von
den verfluchten Ohrsteckern und Kreolen, den Gesichtstätowierungen, den
ungekämmten Haaren und dem melodischen Akzent. Die »prächtigen 1., 2. und 3.
Tanith«, die neuen Regimenter. Eigentlich ein hungriger, schmuddeliger Haufen
Waldläufer mit weichen Stimmen und nichts, worüber man nach Hause schrieb.
Der Elektor von Tanith, der
hiesige Planetenherrscher, dessen Wange eine Schlangentätowierung zierte, hatte
Gaunt die kämpferischen Qualitäten der tanithischen Bürgerwehr zuge-sichert.
»Sie sind ausdauernd und
gewieft«, hatte der Elektor gesagt, als sie auf der Terrasse standen und die
versammelten Mannschaften betrachteten. »Tanith bringt unermüdliche Männer
hervor. Und unsere besonderen Stärken sind Kundschaften und Verstohlenheit. Wie
man es auf einer Welt erwarten kann, deren wandernde Wälder ihren Standort mit
verblüffender Schnelligkeit verändern, haben die Tanither einen unfehlbaren
Orientierungssinn. Sie können sich nicht verirren. Sie nehmen wahr, was anderen
entgeht.«
»In der Hauptsache brauche ich
Kämpfer, keine Führer«, hatte Gaunt gesagt und dabei versucht, nicht zu
abfällig zu klingen.
Der Elektor hatte nur
gelächelt. »Oh, wir kämpfen auch. Und jetzt haben wir zum ersten Mal die Ehre,
unseren Kampfgeist in den Dienst des Imperiums zu stellen. Die Regimenter
Taniths werden Ihnen gut dienen, Kommissar-Oberst.«
Gaunt hatte höflich genickt.
Jetzt saß Gaunt für sich allein
in einem Vorzimmer des Versammlungshauses. Mantel und Mütze hatte er auf eine Holztruhe
gelegt, und Sym hatte seine
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