Gaunts Geister - Band 1-3
nachdachte, kamen ihm die Bäume
und die Blätter ringsum viel dunkler und den Wäldern seiner untergegangenen
Heimatwelt sehr viel ähnlicher vor. Gar nicht mehr wie der stinkende, brodelnde
Dschungel, wie sie ihn seit ihrer Ankunft auf Monthax kannten.
»Das ist verrückt«, sagte er
und streckte die Hand aus, um einen der vertrauten Bäume zu berühren.
Milo nickte. Es war verrückt —
und auch beängstigend.
Aus der Deckung eines
niedrigen, blühenden Gebüschs, das von Insekten wimmelte, konnte Mkoll eine
Lichtung voraus erkennen.
Vor nicht mehr als zwei Stunden
hatten hier kurze, aber heftige Kämpfe stattgefunden. Der Boden war aufgewühlt,
Bäume waren verkohlt und gesplittert. Leichen lagen schwelend auf dem Boden.
Er kroch vorwärts, um
nachzuschauen. Die Toten waren Chaos-Soldaten, schwer bewaffnet und mit
wattiertem rotem Drillich mit nackten Stahleinsätzen gerüstet. Ihre Helme waren
mit derart entsetzlichen Symbolen bemalt, dass er zu würgen anfing, bis er
wegschaute.
Auch andere waren hier
gefallen, aber deren Leichen waren entfernt worden. Keine imperiale Einheit war
so weit vorgedrungen. Auf Monthax war noch eine andere Kraft im Spiel.
Mkoll begutachtete die Wunden
der Gefallenen. Hier und da war ein Helm oder ein metallener Brustharnisch
durchbohrt worden, aber nicht von einem Energiestrahl oder einem
Sprenggeschoss, sondern von etwas Scharfem, Sauberem, was die Metalllegierung
glatt durchschlagen hatte. In einem Baumstumpf hinter einem Leichnam fand Mkoll
ein Geschoss, das sich dort eingegraben hatte, ein ungeheuer scharfer
Metallstern mit nadeldünnen Spitzen.
Mit einem langen, tiefen
Seufzer, der pfeifend aus dem Mundstück seines Helms entwich, setzte sich der
Alte auf den Steinthron in der Mitte des Innersten.
Wie eine Spinne im Herzen eines
komplizierten Netzes griff er mental aus und testete die Stränge seines
Täuschungsnetzes, den Umhang der Verwirrung, den er viele, viele Schritte rings
um sich ausgebreitet hatte. Einstweilen erfüllte er seinen Zweck.
Er studierte den Geist der in
seinem Netz gefangenen Personen: so viele von ihnen grausam, primitiv und vom
Gift des Chaos überquellend; und die anderen, die knappen menschlichen Funken.
Die Imperialen hatten sich
ebenfalls in den Kampf gestürzt, erkannte er, und waren unterwegs, um sich
gegen die Kräfte des Chaos zu stemmen. Er sah blutige Kämpfe. Er sah primitiven
Mut.
Menschen überraschten ihn in
dieser Hinsicht immer wieder. So geringe Lebensspannen, die sich so heftig
erschöpften. Ihre Tapferkeit wäre fast bewundernswert, wäre sie nicht so
vergeblich gewesen. Doch vielleicht konnte er das ausnutzen. Sie zu Verbündeten
zu machen stand außer Frage, aber er konnte jede Zeit brauchen, die er erkaufen
konnte, und diese entschlossenen imperialen Menschen mit ihrem unnachgiebigen
Drang, zu kämpfen und zu siegen, konnten ihm dabei helfen.
Es wurde allerhöchste Zeit für
ihn, seine letzte Karte zu spielen.
Er würde die Menschen in dieses
Opfer einbeziehen, wie wenig sie auch ausrichten konnten. Eine letzte Anstrengung
noch.
Auf den geistigen Ruf des Alten
betrat Muon Nol, Jäger Asuryans und Anführer der Leibgarde, das Innerste. Er hielt
seinen großen Helm mit dem weißen Busch und den roten Federn unter einem Arm,
und auf seiner schillernden blauen Rüstung funkelten goldene Stäubchen wie das Herz
einer erkaltenden Sonne. Die geflochtenen Litzen seines Umhangs hingen bis zur
Taille und verbargen die auf den Rücken geschnallten Waffen. Seine edlen,
uralten Augen musterten den Alten. In seinem langen, ernsten Gesicht lag
Erschöpfung.
»Muon Nol — wie geht die Arbeit
voran?«
»Der Weg ist offen, Lord.«
»Und er muss geschlossen
werden. Wie lange noch?«
Muon Nol schaute auf den
glatten Steinboden, in dem sich ein Schimmer seiner blauen Rüstung
widerspiegelte. »Bis auf die Leibgarde sind alle fort, Lord. Die Schließung des
Wegs hat begonnen. Es wird noch eine kleine Weile dauern, bis wir fertig sind.«
»Eine kleine Weile für uns
vielleicht, Muon Nol. Aber nicht für den Feind. Mehr als lange genug für ihn,
fürchte ich. Es bleibt keine Zeit mehr für eine ordentliche Schließung. Wir
müssen abtrennen.«
»Lord!«
Der Alte hob die Hand,
diejenige ohne Handschuh. Der Anblick dieser uralten Finger, die vom Alter fast
durchsichtig waren, ließ Muon Nols Proteste verstummen.
»Es ist nicht das, was wir uns
gewünscht haben, Muon Nol. Aber es ist alles, was wir jetzt noch tun können.
Dolthe
Weitere Kostenlose Bücher