Gaunts Geister - Band 1-3
konzipiert war, zweihundert Personen Schutz zu bieten.
Am folgenden Morgen waren alle
erstickt.
Die Lufterneuerungssysteme, die
schon lange nicht mehr gewartet worden waren und eine Inspektion dringend nötig
hatten, versagten im Augenblick ihres Einschaltens.
Bei Anbruch der Nacht
verstopften Millionen Flüchtlinge die Hauptverkehrswege in die Makropole, da
sie sich an den Nadelöhren des Sondartors, am Straßenzugang Hass-West und an
der Eisenhütten-Frachtroute stauten. Sie versuchten sogar, sich durch den
Eisenbahntunnel am Veyveyrtor Zugang zu verschaffen, aber der Bahnhof war von
der ersten Welle der Granaten und Raketen in eine Flammenhölle verwandelt
worden, und das Tor war unpassierbar.
Andere, viele davon mit
Habseligkeiten oder verwundeten Familienmitgliedern beladen, wagten sich in
verzweifelten, langsam dahintrottenden Kolonnen auf die Halde und in die
Schlammbänke, und einige schafften es durch den noch unbeschädigten Kopfbahnhof
am Croetor in Sicherheit.
Die Festung Hass-West brannte
noch immer, und von der Spitze fielen Trümmer zu beiden Seiten des Walls herunter.
Der Wall und das Hass-Tor selbst standen aber noch, und ganze Ströme von
Flüchtlingen schafften es über die Hass-Straße und unter Anleitung von
Vervunwehrsoldaten, welche die beschädigten Geschütz-stellungen bemannten, in
die Makropole. Doch auch hier ging es nur schleppend vorwärts, und eine zwei
Kilometer lange und rasch wachsende Menschenschlange reichte vom Hass-Tor in
die Dunkelheit zurück und war dem unablässigen Todesregen, der auf die
Außenhabs niederprasselte, hilflos ausgeliefert. Tausende starben, bevor sie in
Sicherheit gelangten, als Granaten in die Menschenmassen einschlugen. Ebenso
viele, vielleicht acht- oder neuntausend, flohen nach Nordwesten und dann
weiter am Flussufer entlang.
Das letzte abknickende Stück
Wall nördlich der Festung Hass-West, das Dockwall hieß, reichte bis mitten in
den Fluss hinein, und dort gab es keinen Durchlass. Manche starben in den
trügerischen Schlammbänken. Andere versuchten den Hass zu durchschwimmen und
ertranken zu Hunderten. Die meisten kauerten im stinkenden Schlamm unterhalb
des Dockwalls und flehten die Soldaten zweihundert Meter über ihnen an, sie
einzulassen, aber die Soldaten hatten keine Möglichkeit, ihnen zu helfen. Fast zweitausend
Menschen blieben in den ersten Tagen des Konflikts in jener verdreckten Ecke
des Walls eingepfercht, da sie zu viel Angst hatten, sich auf den Rückweg zum Hass-Tor
zu begeben. Nach vier Tagen waren sie alle Hunger, Krankheit und Verzweiflung
zum Opfer gefallen.
Das Sondartor war offen, und
die meisten Flüchtlinge versuchten dort in die Makropole zu gelangen. Die
Soldaten der Vervunwehr, die sich darauf konzentrierten, die Ordnung zu wahren,
ließen die Leute so rasch wie möglich ein, aber es ging dennoch jämmerlich
langsam voran, und die Schlange der Menschen reichte drei Kilometer zurück in
die brennenden Außenhabs.
Viele von denen am Ende der
Schlange waren überzeugt, dass sie sterben würden, bevor sie in die Sicherheit
des Schirms der Makropole gelangten, machten kehrt und flohen zu Hunderten in
das Salzgrasland.
Keiner von ihnen wurde je
lebend wiedergesehen.
Auf dem Marschallsplatz am
Heironymo-Sondar-Tor mühten sich die Makropolsoldaten, mit dem überwältigenden
Zustrom an Bürgern fertig zu werden. Vierzig Prozent der Ankömmlinge waren
verwundet.
Hauptmann Letro Cargin hatte
das Kommando, und nach einer Stunde war er der Verzweiflung nahe. Er hatte zuerst
versucht, die Flüchtlinge auf dem großen Festplatz selbst festzuhalten, doch er
füllte sich rasch und platzte bald aus allen Nähten. Manche Familien erklommen
die Sockel der Statuen rings um den Platz, um sich irgendwo niederkauern zu
können. Gruppen sangen im Chor: Arbeitshymnen der Makropole oder
Imperiumshymnen. Die massierten, dünnen Stimmen — die gegen den beständigen
Donner des Beschusses und das Knistern des Schutzschirms ansingen mussten — entnervten
seine Männer.
Die Vervunwehrkaserne
nordwestlich des Platzes, die im Anfangsstadium des Angriffs getroffen worden
war, brannte noch, aber das Feuer war unter Kontrolle. Cargin wandte sich
wiederholt über Kom an das Oberkommando der Häuser, bis er die Sondererlaubnis
der Gilden bekam, die Anko-Chemiefabrik westlich des Platzes und die
Gildenmanufakturen im Osten zu öffnen, um die Flüchtlinge dort unterzubringen.
Auch diese neuen Auffangstationen füllten sich rasch. Die Gilden hatten
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