Gaunts Geister - Band 1-3
massiger Mann Mitte fünfzig, schwarz vor Dreck, der
sich auf einen Grubenhammer als Gehhilfe stützte. Er hatte eine schwere
Augenverletzung, die mit einem schmutzigen Stoffstreifen verbunden war. Aber
seine Kleidung, soweit Racine sie unter dem Ruß und Dreck ausmachen konnte, war
die eines Schmelzhüttenleiters.
»Sie dürften gar nicht hier
sein, mein Freund«, sagte Racine mit einem geduldigen Lächeln.
»Keiner von uns dürfte hier
sein«, erwiderte Agun Soric, indem er vortrat.
Er stellte sich neben Racine,
und beide schauten bedrückt über die Ruinen des Bahnhofs zum riesigen Tor und
zum Schutzwall. Es war ein Meer aus Schutt und Trümmern, und Racines Arbeiter
wimmelten wie Ameisen um die kleinsten Wellenbrecher.
»Ich habe nicht darum gebeten.
Ich bin sicher, Sie auch nicht«, sagte Soric.
»Gak, aber das stimmt! Gehören
Sie zu den Flüchtlingen?«
»Ich heiße Soric,
Schmelzhüttenleiter, Vervunschmelzhütte Eins.«
Soric deutete kurz auf die
riesige Ruine der ehemals stolzen Erzverarbeitungsanlage neben dem Bahnhof.
»Ich war drinnen, als die Granaten einschlugen. Ein ziemliches Spektakel.«
»Kann ich mir denken. Sind
viele entkommen?«
Soric sog Luft durch die Zähne,
schaute zu Boden und schüttelte seinen Kugelkopf. »Nicht annähernd genug. Vielleicht
dreihundert. Wir haben Plätze in einem Flüchtlingslager erhalten — letzten
Endes. War alles ein ziemliches Durcheinander.«
Racine sah ihn an und
registrierte die unterdrückte Kraft und die schwelende Wut in dem
Makropolenarbeiter.
»Wie ist es so? Ich höre, die
Lager sind völlig überfüllt.«
»Es ist schlimm. Stellen Sie
sich das hier vor«, Soric zeigte auf den zerstörten Bahnhof, »aber die Trümmer
sind Menschen und nicht aus Beton und Keramit. Alles ist knapp: Lebensmittel,
sauberes Wasser, Arzneimittel, ärztliche Hilfe. Alle tun ihr Bestes, aber Sie
können es sich vorstellen — Millionen Vertriebene, die meisten verletzt, alle
verängstigt.«
Racine schauderte.
»Ich habe versucht, Hilfe für
meine Arbeiter zu bekommen, aber sie haben mir gesagt, alle Flüchtlinge wären
auf viertrangige Ration gesetzt, es sei denn, sie leisten kriegswichtige
Arbeit. Dann kämen sie vielleicht auf drittrangige oder sogar zweitrangige
Rationen.«
»Harte Zeiten ...«, sagte
Racine, und sie verstummten beide.
»Was, wenn ich Ihnen an die
dreihundert bereitwillige Arbeiter brächte? Eifrige Leute, meine ich, Arbeiter,
die schleppen und schaffen können und sich mit losem Gestein auskennen und
wissen, wie man damit umgeht?«
»Als Aushilfe?«
»Gak, ja! Meine Leute sind es
leid, im Lager auf dem Arsch zu hocken und Däumchen zu drehen. Wir könnten Ihnen
helfen, aus diesem Chaos hier einen Schuh zu machen.«
Racine sah ihn zurückhaltend an
und versuchte zu durchschauen, ob es einen Haken gab.
»Für das Wohl der Makropole?«,
lächelte er fragend.
»Ja, für das Wohl der
Makropole. Und für das Wohl meiner Arbeiter, bevor sie durchdrehen und die
Moral verlieren. Und ich schätze mal, wenn wir Ihnen helfen, können Sie ein
gutes Wort für uns einlegen. Dass vielleicht höherrangige Rationen für uns
herausspringen.«
Racine zögerte. Sein Kom
summte. Es würde ein Anruf vom Oberkommando sein, das sich nach seinen
Fortschritten erkundigte, da war er ziemlich sicher.
»Ich muss mir das genehmigen
lassen, zumindest im Prinzip. Mein Regiment sperrt im Moment das Tor, aber sollte
der Feind an dieser Stelle angreifen, brauchen wir eine sichere
Verteidigungslinie mit Nachschublinien und Mannschaftszugang. Wenn Sie und Ihre
Leute mir dabei helfen, das zu schaffen, kriegen Sie Ihre Rationen.«
Soric lächelte. Er klemmte sich
seine Grubenhammerkrücke unter den Arm, sodass er eine schmutzige Hand
ausstrecken konnte.
Racine schüttelte sie.
»Vervunschmelzhütte Eins wird
Sie nicht im Stich lassen, Major.«
Das Summen des Chronometers
verriet ihm, dass Morgen war, aber selbst hier oben in der Mittelspindel
änderten sich die Lichtverhältnisse draußen kaum. Dafür sorgten das Leuchten
des Schirms und der Nebel aus Qualm.
Amchanduste Worlin frühstückte
in der Aussichtsblase seines Klan-Palasts. Er war früher aufgestanden als alle seine
Verwandten, obwohl untergeordnete Kleriker der Worlin-Gilde und Servitoren
bereits tätig waren und die Arbeitsprotokolle für den Tag vorbereiteten.
In Nachtgewändern aus
orangefarbener Seide saß er auf einem Suspensorsessel am runden Mahagonitisch
und verzehrte das Frückstück, das seine
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