Gaunts Geister - Band 1-3
Ausdruck.
»Holen Sie uns hier raus.«
»Erzählen Sie mir, was passiert
ist. Mit Ihren eigenen Worten«, sagte Gaunt.
Grizmund überlegte kurz und
zuckte dann die Achseln. »Wir wurden zum Veyveyrtor beordert. Dank der ungeheuerlichen
Idiotie der Organisation des Oberkommandos waren die Zufahrtswege verstopft.
Ich habe meine Kolonne von der Straße abbiegen lassen und bin durch einen
Industriebezirk weiter Richtung Tor gefahren. Dann wurde ich plötzlich vom VWMK
abgeführt.«
»Haben Sie einen direkten
Befehl verweigert?«
»Ich bin zum Veyyeyrtor
befohlen worden«, wiederholte Grizmund. »Man hat mir gesagt, ich solle Verkehrsader
GH/7m nehmen. Als ich sah, dass es dort kein Durchkommen gab, habe ich
versucht, meinen primären Befehl auszuführen und das mir zugewiesene
Aufmarschgebiet zu erreichen.«
»Haben Sie einen VWMK-Offizier
geschlagen?«
»Ja. Er hat ohne die geringste
Provokation eine Waffe auf mich gerichtet.«
Gaunt schwieg einen Augenblick.
»Man könnte meinen, diese
Arschlöcher wollen gar nicht, dass wir für sie kämpfen«, fauchte Grizmund.
»Ihr Stolz ist verletzt. Heute
sind die Unzulänglichkeiten ihres Kommandosystems ganz deutlich zutage
getreten. Sie suchen Sündenböcke, denen sie die Schuld geben können.«
»Zur Hölle mit ihnen, wenn sie
versuchen, mir irgendwas anzuhängen! Das ist doch verrückt! Will Sturm Sie denn
nicht unterstützen?«
»Sturm ist zu sehr damit beschäftigt,
beide Seiten zufriedenzustellen. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde dies
keinen Augenblick länger als unbedingt nötig dulden.« Grizmund nickte. Laute
Schritte, unrhythmisch und einander überlappend, hallten durch den feuchten
Zellentrakt hinter ihnen. Als sich Gaunt umdrehte, sah er Kommissar Tarrian mit
einer Eskorte aus VWMK-Männern eintreten.
»Kommissar Gaunt. Sie dürften
gar nicht hier sein. Die narmenische Insubordination ist ein Fall für das
Disziplinargericht des VWMK. Sie werden sich nicht in die verghastische
Militärgerichtsbarkeit einmischen. Sie werden sich nicht mit den Gefangenen
beraten. Meine Männer werden Sie zum Fahrstuhl zurückbegleiten.«
Gaunt nickte Grizmund zu, ging
zu der VWMK-Gruppe und sah Tarrian einen Moment an. »Sie machen einen Fehler,
den Sie und Ihr Kader noch bedauern werden, Tarrian.«
»Soll das eine Drohung sein,
Gaunt?«
»Sie sind ein Kommissar,
Tarrian, jedenfalls angeblich. Sie sollten wissen, dass Kommissare niemals
Drohungen äußern. Nur Tatsachen.«
Dann ließ sich Gaunt aus dem
Militärgefängnis führen.
Der dreiunddreißigste Morgen
war angebrochen, und starker Regen fiel auf die gesamte Makropole, die
Außenhabs und das Grasland dahinter. Marschall Croe frühstückte in seinem
Ruheraum neben der Kommandozentrale, als Gaunt eintrat.
Der Raum war länglich, düster
und mit Holz vertäfelt, und an den Wänden hingen goldgerahmte Gemälde
vergangener Marschälle.
Croe saß am Kopfende eines
langen, polierten Mahagonitischs und aß spärlich von den Dingen, die auf einem
Tablett vor ihm ausgebreitet waren, während er einen Stapel Datentafeln
durcharbeitete. Hinter ihm bestand die Endwand des Raums aus Panzerglas und bot
einen Ausblick auf die Commercia und den Schirmpylonen. Mit dem grauen Licht
des Morgens im Rücken war Croe eine dunkle, brütende Gestalt.
»Kommissar.«
Gaunt salutierte. »Marschall.
Die Vorwürfe gegen die narmenischen Offiziere müssen sofort fallen gelassen
werden.«
Croe sah auf, und sein edler,
weißhaariger Kopf neigte sich Gaunt zu, als betrachte ein Adler ein Lamm.
»Weil?«
»Weil sie absolut albern und
kontraproduktiv sind. Weil wir Offiziere von Grizmunds Format brauchen. Weil
jede Bestrafung den narmenischen Einheiten und den Armee-Einheiten als Ganzes
eine negative Botschaft senden wird: dass die Vervunmakropole die Bemühungen
der Fremdwelttruppen sehr wenig schätzt.«
»Und was ist mit der anderen
Sichtweise? Sie haben sie selbst gehört: eine Regel für die Vervunmakropole,
eine andere für die Armee?«
»Wir wissen beide, dass das
nicht stimmt. Grizmunds Verhalten erfüllt seinem Wesen nach wohl kaum den
Tatbestand eines Kapitalvergehens, aber das VWMK scheint fest entschlossen zu
sein, ihn dafür unter allen Umständen zu verurteilen. Ich glaube nicht einmal,
dass seine sogenannte >Insubordination< überhaupt eine war. Ein Tribunal
würde die Anklage verwerfen, aber der Schaden wäre schon angerichtet, wenn es
überhaupt erst zu einem Tribunal käme. Die Ehre der Narmenier und der
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