Gaunts Geister - Band 1-3

waren
verwundet. Mit den Soldaten kamen die unvermeidlichen Wellen des
unterstützenden Personals, Köche, Zeugmeister, Rüstmeister, Mechaniker, Frauen.
    Bragg erblickte Caffran, der
ein Mädchen und zwei Kinder die Rampe emporführte. Eines war noch ein Baby, das
er auf dem Arm trug. Ihm fiel auf, dass das Mädchen neben seinen Piercings und
dem mürrischen Gesichtsausdruck auch das provisorische Abzeichen eines
Armee-Rekruten trug. Noch ein weiblicher Soldat.
    Schlimm genug, dass Koleas
kämpfende Frauen aufgenommen worden waren. Larkin würde einen Anfall bekommen.
    Ban Daur sprang von seinem
Transporter und warf noch einen letzten, wehmütigen Blick auf das Land ringsum.
Er kam sich vor wie eine verlorene Seele, die noch eine letzte Gelegenheit
bekam, den Ort heimzusuchen, an dem sie aufgewachsen war.
    Das war angemessen. Er war
jetzt nicht mehr Hauptmann Ban Daur von der Vervunwehr. Er war ein Geist.
     
    »Die habe ich lange behalten«,
sagte Ana Curth. Sie zückte die Hundemarke, die sie seit dem Veyveyrtor in
ihrer Schürzentasche aufbewahrt hatte. »Ich wusste, dass es keinen geeigneten
Zeitpunkt geben würde, sie Ihnen zu geben, aber vielleicht jetzt ...«
    Dorden nahm die Marke. Er las
die Inschrift und seufzte.
    »Mikal Dorden. Infanterist. Ja,
ich ... Sie haben es mir gesagt ...«
    »Es tut mir leid, Dorden.
Wirklich.«
    Dorden schaute auf von dem
Platz, wo er saß, die Augen tränenfeucht. »Mir auch. Wissen Sie, dass ich der einzige
Geist war, der einen Verwandten im Regiment der Tanither hatte? Meinen Sohn.
Eine sehr zerbrechliche letzte Verbindung zu der Welt, die wir verloren haben. Und
jetzt — ist die auch gerissen.«
    Sie drückte ihn an sich, als er
schauderte und zu weinen anfing.
    Eine Tür flog auf, und ein Gildenmann
schaute zu ihnen herein.
    Er trug kostbare Gewänder und
hatte etwas Gehetztes an sich.
    »Was Sie auch suchen, hier ist
es nicht«, sagte Curth zu ihm, die Dorden immer noch festhielt.
    »Doktor Curth?«
    »Ja? Was?«
    Der Gildenmann betrat den
Ruheraum. Er lächelte. »Ich war auf der Suche nach — äh — Doktor Curth und
Stabsarzt Dorden.«
    Er faltete ein Pergament
auseinander. »Ich wurde gebeten, eine Aussage zu machen — über diesen
furchtbaren Zwischenfall in der Zahnradbahn vor einigen Wochen. Gott-Imperator,
das war wirklich entsetzlich!«
    Curth ließ Dorden los und
widmete sich dem Gildenmann.
    »Ich bin Curth«, sagte sie und
trat vor. »Danke, dass Sie gekommen sind. Ich wüsste gern, was Sie gesehen
haben.«
    »Es wäre mir recht, wenn Dorden
auch hört, was ich zu sagen habe«, sagte Worlin.
    »Das bin ich«, sagte Dorden,
indem er sich erhob und sich über die Augen fuhr.
    »Sie beide sind das? Dorden und
Curth?«, grinste Worlin.
    »Ja. Was wollten Sie uns sagen?
Was haben Sie gesehen?« Worlin zog seinen Nadler und grinste noch breiter. »Das
hier.«
    Dorden warf sich auf Curth, als
Worlin das Feuer eröffnete. Der erste Schuss traf Dordens rechte Hand, der zweite
seinen linken Oberschenkel. Der dritte traf Curth in der Schulter und
schleuderte sie durch den Raum.
    Worlin machte einen Schritt auf
Dorden zu und zielte mit seiner schnittigen, mörderischen Pistole. Seine Augen brannten.
    »Das bleibt unter uns, Doktor«,
zischte er.
    Eine Boltgeschoss riss Worlins
Kopf in Fetzen. Gaunt kam mit erhobener Waffe und von dem verblüfften Corbec
gestützt in den Ruheraum gehumpelt.
    »Ich habe Schüsse gehört«,
sagte Gaunt, bevor er das Bewusstsein verlor.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    ZWANZIG
     
    Nekropole
     
    »Schluss damit. Zu viele
Geister.«
    — Ibram Gaunt, auf Verghast
     
     
    Die Außenbordmotoren tuckerten.
Mit einem Ruck löste sich die Magnificat von der Anlegestelle mitten im
Hass. Sie ließ die immer noch schwelende ausgebrannte Hülle einer riesigen
Stadt zurück.
    Folik steuerte sie in die
Fahrrinne.
    Er verließ die Brücke, sprang
auf das Achterdeck der alten Fähre und näherte sich dem Mann im langen Mantel und
der Schirmmütze, der sich auf das Geländer stützte, als habe er Schmerzen. Seit
einer Woche brachte Folik Angehörige der Armee ans Nordufer, für sie der Beginn
einer langen Reise sonst wohin.
    Dies war seine letzte Fahrt.
     
    In der Kabine sah Dorden zu
Curth herüber, deren Schulter mit all den Verbänden klobig aussah. »Sind Sie
sicher, Doktor?«
    »Absolut. Ich habe Verghast
alles gegeben, was ich habe.« Dorden nickte.
    »Und das haben Sie auch, Tolin,
und