GB84: Roman (German Edition)
und warten –
Ein Krankenwagen kommt herangerauscht, dann noch einer und noch einer und noch einer –
Sirenen und Lichter in der tiefsten Nacht.
Die Polizei legt einen Kordon um die Reste der Hotelfront.
Menschentrauben bilden sich. Die Leute stehen da und starren in die Ruine, schluchzen, rote Augen, weiße Haut, blaue Venen –
Die Lebenden und die Toten, in Bademantel und Pyjama –
Auf fleckigen gestreiften Liegestühlen unter einem blutig strahlenden Mond.
Der Präsident war wieder geschäftlich in Paris, ein kurzer Besuch in Montreuil mitten in den Schlichtungsverhandlungen zwischen NCB, NACODS und NUM. Der Präsident dankte den Offiziellen der französischen und sowjetischen Gewerkschaften für ihr generöses Hilfsangebot. Er hatte ausführlich von den physischen und finanziellen Angriffen auf seine Gewerkschaft und deren Mitglieder berichtet; die CGT hatte beschlossen, eine Kolonne von fünfundvierzig LKW mit Hilfsgütern zu entsenden, und die Sowjets hatten über den Wunsch des Präsidenten, doch bitte ebenfalls eine Kolonne mit fünfundvierzig LKW zu schicken – allerdings voller Gold aus Moskau –, freundlich gelächelt –
Ein guter, guter Tag.
Terry Winters und der Präsident zogen weiter. Die Treppe hinauf. Den Flur entlang –
Terry klopfte an. Mohammed Abdul Divan öffnete. Der Präsident und Terry gaben ihm die Hand. Sie traten ein und setzten sich an den Tisch, einem anderen Mann gegenüber.
»Genossen«, erklärte Mohammed, »das ist Salem, der Mann aus Libyen.«
Taschen leer. Hunde hinten im Wagen. Sein Plan zerstört. Sein Masterplan
–
Der Mechaniker führt ein Telefonat, dann noch eins und noch eins
–
Keiner weiß sonderlich viel. Keiner hat sonderlich viel gehört. Keiner sagt sonderlich viel
–
»Versuch’s mal beim nächsten Massenstreik«, schlägt Phil Taylor vor
.
Der Mechaniker legt auf, tritt aus der Telefonzelle und steigt in den Wagen
–
Er wirft den Hunden ein paar Knochen hin
–
Er schaltet das Abhörgerät ein und lauscht dem Geschwätz
–
Hinten streiten sich die Hunde um die Beute
.
Neil Fontaine trägt den Juden aus dem Metropole, trägt ihn die Promenade entlang. Der Jude hat sich mit allen anderen im Frühstücksfernsehen die Horrorshow angesehen. Die Bilder von Norman Tebbitt, schmerzverzerrt, die Bilder des zerstörten Grand Hotels –
Die Bilder von der Premierministerin, gesund und in Sicherheit.
Neil hilft dem Juden aus dem verschmutzten weißen Frack mit den Goldepauletten. Die örtliche Filiale von Marks & Spencer öffnet früher, damit sich die Gestrandeten einkleiden können. Neil hat für den Juden einen einfachen blauen Blazer und eine dunkelgraue Hose ausgesucht. Er legt ihm den Blazer über die Schultern, dann öffnet er ihm die Wagentür. Der Jude steigt hinten ein –
Er spricht stundenlang kein Wort, sitzt nur da und starrt zum Fenster hinaus auf Pier und Promenade, in den Himmel und aufs Meer –
Auf den Tag, den er nicht mehr hätte erleben sollen
.
Er schweigt, bis Neil sagt: »Es wird Zeit, Sir.«
»Danke, Neil«, erwidert der Jude. »Danke.«
Der Jude geht am Ufer entlang zur Conference Hall –
Heute gibt es kein
Land of Hope and Glory
, nur die Premierministerin ist da –
Gesund und in Sicherheit. Gesund und munter
–
Die Premierministerin.
Seine
Premierministerin –
»Der Bombenangriff auf das Grand Hotel war vor allen Dingen der Versuch, wahllos unschuldige, nichts ahnende Männer und Frauen zu massakrieren. Unser erster Gedanke muss jenen gelten, die ums Leben gekommen sind, und jenen, die nun im Krankenhaus liegen und sich von ihren Verletzungen erholen. Doch der Bombenangriff hat noch etwas anderes deutlich gemacht. Dies war nicht nur der Versuch, unsere Konferenz zu beenden; es war der Versuch, die demokratisch gewählte Regierung Ihrer Majestät zu zerstören. Das ist das Ausmaß der Gräueltat, die wir alle miterlitten haben, doch die Tatsache, dass wir jetzt hier versammelt sind, schockiert, aber gefasst und würdevoll, ist der Beweis, dass dieser Angriff gescheitert ist und dass alle Versuche, die Demokratie durch Terrorismus zu zerstören, scheitern werden …«
Der Jude springt auf und applaudiert. Der ganze Saal springt auf und applaudiert –
»Jetzt«, fährt die Premierministerin fort, »heißt es wieder, an die Arbeit zu gehen …«
Die Premierministerin spricht weiter. Von Regionalverwaltungen. Von Verteidigung. Europa. Arbeitslosigkeit –
Seine Premierministerin spricht von Löwen und
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