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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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    Die Uhr tickt. Tick-tack

    November 1984, und ganz England wird ihn in der Luft zerreißen

    Ihn sterbend liegen lassen. Tick-tack. Tot

    Einfach. So.

MARTIN
    mit ein paar Kumpeln. Ich gehe mit ein paar Kumpeln auf ein Pint ins Hotel. Ich reiße mit ein paar Kumpeln Witze über Gaddafi. Ich fahre einen Kumpel nach Hardwick Farm. Dann gehe ich am helllichten Nachmittag zurück zu meiner Decke im Schlafzimmer und denke, Schluss damit, ich gebe auf. Ich stehe auf, gehe die Treppe hinunter und in den Schuppen. Ich hole Schubkarre und Schaufel, das Sieb und ein paar Säcke. Ich packe alles in den Wagen und fahre ins Dorf. Ich steige auf die Abraumhalde und mache mich an die Arbeit. Ich schaufle, siebe, schaufle, siebe. Ich sehe zu, wie meine Hände rot werden und die Nacht hereinbricht. Ich beobachte die Zeche, und die Zeche beobachtet mich – Ich arbeite Seite an Seite mit Kindern und Müttern. Ich sehe bekannte und unbekannte Gesichter, Einzelkämpfer und Teams. Ich fülle einen großen Sack und noch einen. Ich lege den ersten auf die Schubkarre und schiebe sie zum Kofferraum, hebe den Sack hinein und rolle die Schubkarre zurück, um den zweiten zu holen. Ich lege ihn auf die Schubkarre, schiebe sie zu meinem Wagen zurück –
Scheiße
. Ein verdammter Wachmann steht da und wartet auf mich – Was zum Teufel machen Sie damit?, fragt er. Mit nach Hause nehmen, antworte ich. Das werden Sie bestimmt nicht tun. Das ist Diebstahl – Wie das denn?, frage ich. Ich hab sie ausgebuddelt. Die gehört mir – Nie im Leben, sagt er. Wenn Sie Kohle hauen wollen, dann gehen Sie wieder an die Arbeit, Sie fauler Hund – Ich schaue ihn an, dann den Sack. Ich hab vier verfluchte Stunden dafür gebraucht, sage ich. Tja, umsonst, meint er nur. Er zieht ein Messer aus seiner kleinen Uniform – Ich geb Ihnen die Hälfte von dem, was ich dafür kriege, sage ich. Ich schwöre es – Hauen Sie ab, sagt er. Wenn es mir so dreckig ginge, würde ich sie Ihnen einfach abnehmen. Das können Sie ja mal versuchen, sage ich. Aber das wär’s dann auch – Er kommt auf mich zu. Hör mal, du Arsch. Ich könnte dich wegen Diebstahls und unbefugten Betretens drankriegen – Ich schaue ihn an und nicke. Ja, das können Sie wohl – Aber das werde ich nicht tun. Und soll ich Ihnen sagen, warum? Na los, antworte ich. Lassen Sie hören – Weil ich hier draußen zwölf Stunden am Tag arbeite, für eins fünfzig die Stunde, deshalb – Ich nicke wieder und sage nichts – Also kipp schon den Sack auf der Schubkarre aus, sagt er. Dann verliere ich kein Wort über den im Kofferraum – Tag 245 . Pete macht den Umschlag auf, schaut auf das Blatt und sagt, es geht mal wieder nach Brodsworth. Alle nicken. Alle gehen hinaus in den Regen. Ich fahre. Es sind nicht mehr viele Wagen. Es dauert ein wenig, bis ich ihn gestartet kriege. Diese Woche keine Spur von Tim und Gary – außer auf der Abraumhalde. Kann ich ihnen nicht verdenken – aber ich vermisse ihre Gesellschaft – Zumindest Keith ist wieder da. Mit neuen Zähnen – Der Polizeistaat hat sie mir rausgenommen, sagt er lachend, der Wohlfahrtsstaat hat mir neue eingesetzt. Was für ein Scheißland, sagt ein Mitfahrer, einfach klasse – Wir parken in Adwick und marschieren zur Zeche. Dort stoßen wir auf die anderen aus Thurcroft. Wir halten nach dem Bus Ausschau – Drängen und Schubsen. Schubsen und Brüllen. Brüllen und Schimpfen. Auf die Streikbrecher. Ich halte meinen Posten – komme mir aber manchmal wie ein Roboter vor. Ich gehe vor Keith zurück zum Wagen. Jacke überm Kopf. Es gießt in Strömen, also fange ich an zu laufen – ohne zu schauen, wohin. Renne beinahe einen Bullen über den Haufen –
Bäng!
Hole ihn fast von den Füßen. Er sagt etwas zu mir. Ich verstehe ihn nicht. Ich gehe einfach weiter zum Wagen, steige ein, schließe die Tür, blicke auf. Da sehe ich diesen Bullen zum Wagen kommen. Ich sehe, wie sein Mund auf- und zugeht wie bei einem verdammten Fisch, aber ich kann ihn nicht hören – Als Nächstes zückt er seinen Knüppel. Er schlägt mir die Windschutzscheibe ein. Seine Kollegen machen das Gleiche bei den anderen Autos. Bei jedem einzelnen. Bamm. Bamm. Bamm. Klirr. Klirr. Klirr – Sie schlagen jede einzelne Windschutzscheibe ein. Ich sitze nur da, inmitten von Glasscherben – Scherben in den Haaren, Schnitte im Gesicht. Als wäre ich von einem ganzen Haufen irrer Bienen gestochen worden. Ich will nicht in Tränen ausbrechen – nicht vor

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