Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
Vom Netzwerk:
Eisen, und der Granada kam quietschend zum Stehen –
    Terry flog nach vorn und schlug sich den Kopf am Armaturenbrett an. Dann warf es ihn wieder nach hinten.
    Kein Licht. Kein Geräusch. Die Straße dunkel und tot

    Terry drehte sich zu Bill. Bill schaute starr nach vorn. »Wo sind wir?« fragte Terry.
    Bill legte sich einen Finger auf die Lippen, dann hinter das Ohr und aufs Auge. Er deutete durch die Scheibe. Terry linste hinaus in den Nebel und lauschte –
    Er hörte ein tiefes, leises Raunen näher kommen. Er kurbelte die Scheibe herunter –
    Das Raunen wurde lauter. Terry stieg aus, in die Nacht, in den Nebel. Er stand auf der nassen Straße, zwischen nassen Hecken, unter tropfenden Bäumen.
    Er drehte sich um. Lichtstrahlen trafen ihn voll ins Gesicht. Blendeten ihn. Er hielt sich die Hände vor die Augen. Aber er wollte sehen, was es war, er wollte es sehen –
    Polizeitransporter rasten in einer massiven metallenen Militärkolonne durch den Nebel –
    Einer, zwei, drei, vier, fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig, dreißig, vierzig –
    Fünfzig Polizeitransporter, einer hinter dem anderen. Mit 130, 140 Sachen.
    Dann waren sie wieder verschwunden. Kein Licht mehr. Kein Geräusch. Die Straße wieder dunkel und tot –
    Nur der Gestank der Abgase zwischen den Hecken, unter den Bäumen.
    Terry stieg wieder ein. Bill hatte die Augen geschlossen. Terry packte ihn am Arm –
    »Wo sind wir?« fragte er. »Was ist hier los?«
    Bill legte sich wieder einen Finger auf die Lippen, ans Ohr und aufs Auge. »Geduld, Genosse.«
    Terry lehnte sich zurück und wartete. Er beobachtete, lauschte, schaltete das Radio ein und wieder aus und wieder ein und wieder aus. Er lauschte –
    Es kann keine Versöhnung geben
.
    Er lauschte, hörte Flüstern, Echos –
    Keine Versöhnung
.
    Er lehnte sich vor. Flüstern, Echos. Echos und Rufe –
    Terry starrte hinaus in die Dunkelheit. Rufe und Schreie. Schwerter –
    Schwerter und Schilde. Stecken und Steine. Pferde und Hunde. Blut und Knochen –
    Die Armeen der Toten waren erwacht, bereit zur letzten Schlacht –
    Die Windschutzscheibe des Granadas wurde von einem heftigen Blitz erleuchtet –
    Straße. Hecke. Bäume –
    Feuerschein erhellte die Nacht. Der Nebel wich Qualm. Blaue und rote Lichter –
    Terry zerrte an Bills Arm. Zerrte und zerrte. Bill schlug die Augen auf –
    »Wo sind wir?« rief Terry. »Wo sind wir hier?«
    »Am Anfang und Ende von allem«, antwortete Bill. »Brampton Bierlow. Cortonwood.«
    »Aber was ist denn hier los?« schrie Terry. »Was ist das?«
    »Das ist das Ende der Welt«, antwortete Bill Reed lachend. »Das Ende all unserer Welten.«

MARTIN
    recht – Ich weiß noch, als wir hergezogen sind. Schon damals erzählten sich die Leute Geschichten über ihn – Dass die Gewerkschaft ihm ein Landhaus mit einem Elektrozaun drum herum baute. Dass ihn eine ganze Hundemeute bewachte – Dass er von den Tschechen oder Sowjets Autos als Belohnung bekäme. Dass er für sie spionierte und agitierte – schon damals nichts als ein Haufen Lügen. Schon damals – Vor allem aber erinnere ich mich an die Tatsache, dass man hier in der Gegend die Zehner früher
Arthur Scargills
genannt hat – weil niemand die je zu Gesicht bekommen hatte, bis der gute König Arthur auftauchte – Tag 251 . Ich kann nicht schlafen. Ich krieg die Augen nicht zu – Molotowcocktails. Ausgebrannte Autos und Busse. Schuppen und Dixiklos in Flammen. Brennende Barrikaden. Evakuierte Häuser. Gepanzerte Polizeifahrzeuge. Pferde und Hunde – so was sah man sonst nur in den Nachrichten aus Nordirland. Aus Bogside – Hätte nie gedacht, dass ich das jemals hier erleben würde. Nicht hier in England. Nicht in South Yorkshire. Vor allem nicht im beschissenen Cortonwood – Ich kann einfach nicht glauben, was ich gesehen habe – Kumpel, die auf dem Spielplatz der Vorschule Brampton eingepfercht sind und Ziegel auf die Bullen regnen lassen, während die jeden niederprügeln, der auch nur in die Nähe der verdammten Schilde und Stöcke gerät. Mütter und ihre kleinen Kinder, die sich einen Weg in die Schule zu bahnen versuchen. Kinder, die schreien und sich die Hosen vollmachen. Die Direktorin, die draußen auf dem Spielplatz steht und beide Seiten anfleht, zu verschwinden. Keiner hört ihr zu – Es bricht einem das Herz, so etwas hier sehen zu müssen – aber es geschieht auch überall sonst – Ein verdammter Schock war das, als Pete den Umschlag öffnete und ›Cortonwood‹

Weitere Kostenlose Bücher