Gebannt: Band 3 (German Edition)
eingeschritten?
Lincoln hatte heute Morgen erschöpft ausgesehen. Als ich jetzt au f dem Boot saß, versuchte ich, heimlich über meine Schulter zu schauen, als würde ich vom Bug aus die Aussicht genießen. Er unterhielt sich mit Max und lehnte sich dabei an die Reling, als würde er sich ausruhen. Doch als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass er sich so heftig an der Reling festklammerte, dass seine Fingerknöchel weiß waren. Au f seiner Stirn glitzerte Schweiß. Er musste sich anstrengen, um überhaupt stehen zu können. Als Josephine Max zu sich winkte und dieser wegging, verzerrte sich Lincolns entspanntes Gesicht und enthüllte kurz seinen Schmerz. Sein Körper klappte nach vorne, ohne dass er es verhindern konnte.
Irin hatte gesagt, dass Lincoln die beste Gefühlsquelle war. Ich wusste nicht warum, aber er hatte sich massiv an ihm gesättigt.
Meine Schultern sanken und ich seufzte. Ich wollte eigentlich wütend au f Lincoln sein wegen all der Dinge, die er gestern Abend nicht getan hatte, wegen der Dinge, die er gestern Abend und heute Morgen gesagt hatte, aber wenn ich ihn so sah, konnte ich mir nur noch Sorgen machen.
So in Gedanken versunken war mir gar nicht bewusst, dass ich ihn anstarrte, bis sich unsere Blicke trafen und er sich aufrichtete. Ich merkte, dass er zu mir kommen wollte, und schaute weg. Rasch stürzte ich mich in eine Unterhaltung mit Steph, die darau f bestanden hatte, mir heute nicht von der Seite zu weichen. Ich schaute nicht wieder zu ihm und er kam nicht herüber.
Es tut zu sehr weh, wenn wir uns nahe sind.
Und so war es auch. Buchstäblich. Schmerz umschloss meinen gesamten Körper. Vielleicht verlor ich den Verstand, aber ich war mir sicher, dass die heftigen Krämpfe, die ich spürte, stärker wurden, wann immer ich in seiner Nähe war.
Das Boot bestand aus Holz und war im alten Stil gebaut. Es glänzte im morgendlichen Sonnenlicht. Mit seinen drei frischen weißen Segeln sah es perfekt aus, und am liebsten hätte ich es zum Horizont gelenkt, damit es mich brachte, wohin auch immer es wollte.
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen.
» Erzählst du mir noch, was los ist?«
Ich ließ meinen Kop f zur Seite sinken und blinzelte Steph an. » Was meinst du damit?«
Sie schob sich ihre Sonnenbrille au f den Kopf. » Ist das nicht einer der erhellendsten Orte, an denen du jemals gewesen bist?«, fragte sie und sah dabei direkt in die Sonne. Sie wartete nicht au f meine Antwort.
» Ich weiß, dass du erst heute Morgen in unser Zimmer zurückgekommen bist. Max hat Salvatore erzählt, dass du kurz nach Mitternacht mit Lincoln zurückgekommen bist. Ich habe dieses ganze Hüter-Dings mitbekommen, was übrigens einfach falsch war.« Sie war f einen scharfen Blick in Josephines Richtung. » Du hättest es mir sagen sollen, weißt du, aber so oder so warst du ziemlich lange weg. Was ist los?«
Ich schloss die Augen wieder und fühlte die Wärme der Sonne.
» Nichts ist los. Ich war durcheinander, nachdem wir beim Hüter waren, und habe nicht gemerkt, dass er mir so viel Energie geraubt hatte. Ich bin hinau f aufs Dach gegangen, um den Kop f frei zu bekommen, aber ich bin eingeschlafen. Als ich aufwachte, war es bereits Morgen und ich bin zurück in unser Zimmer gekommen. Jedenfalls warst du ja nicht allein, wie ich gesehen habe«, fügte ich hinzu und zog eine Augenbraue nach oben. Ich hatte das extra Kissen und die zusätzlichen Decken bemerkt.
» Er hat au f dem Boden geschlafen«, sagte Steph mit gespielter Tugendhaftigkeit.
Ich lächelte. » Ja, aber ist er dort die ganze Nacht geblieben?«
Steph stieß mich mit dem Ellbogen an, aber dann spürte ich, wie sie neben mir zusammensackte.
» Ehrlich gesagt ja. Er hatte die ganze Nacht Panik, du könntest jeden Augenblick hereinkommen und ihm vorwerfen, dass er deiner besten Freundin die Ehre raubt.«
Daraufhin musste ich laut lachen. Steph ebenfalls.
» Wo ist denn dein italienischer Lover überhaupt?«, fragte ich, während ich vor Lachen prustete.
» Josephine hat ihn Neuankömmlinge von der Akademie abholen geschickt. Ungefähr jetzt wird ein Flugzeug erwartet.«
» Ich traue ihr nicht. Da gehen viel zu viele Dinge vor sich, von denen wir nichts wissen.« Ich war f einen besorgten Blick in ihre und danach in Lincolns Richtung.
Als wir uns der Vulkaninsel Nea Kameni näherten, wurden die Segel gerefft und alle bewegten sich, um das, was au f den ersten Blick wie ein großer Hügel wirkte, besser zu sehen. Wenn
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