Gebannt: Band 3 (German Edition)
Mein Blick huschte umher und blieb an der noch offenen Tür hängen. Ich war so nah dran.
Fünf Schritte und ich wäre draußen.
Falls ich fün f Schritte schaffte, ohne umzukippen. Ich biss mir au f die Lippe und dachte über meine Möglichkeiten nach. Spence würde bestimmt mit mir kommen und wir würden ein anderes Flugzeug finden. Aber ich wollte wirklich keine Szene machen und unnötige Aufmerksamkeit au f mich ziehen, nur um dann wieder zurück an Bord geschleppt zu werden. Josephine würde das einfach zu sehr genießen. Aber ich konnte nicht hierbleiben, ich konnte das einfach nicht. Nicht mit ihr.
Als ich mich gerade in Bewegung setzen wollte, verdunkelte Lincolns Silhouette den Eingang, und in dem Moment, als ich ihn sah, begann ich am ganzen Körper zu zittern. Er war f einen Blick durch das Flugzeug, dann sah er wieder mich an. An seiner Seite tauchte Griffin auf. Er blickte mich an – ich war ein feiges Häufchen Elend – und legte dann seine Hand au f Lincolns Schulter.
» Ich sitze hinten. Du setzt dich hier vorne hin«, sagte er mit sanfter Stimme, in der mehr lag, als seine Worte aussagten. Er klang beschützend.
Lincoln zögerte nicht, sondern setzte sich neben mich, wobei er mich fast in seinen Schoß zog. Ich hörte, wie Griffin stehen blieb und leise, aber so laut, damit alle um uns herum es hören konnten, sagte: » Niemand betritt dieses Ende des Flugzeugs.«
Zuerst kam ein » Kein Problem, Boss« von Nathan, dann sagte Becca: » Geht klar.« Die stärksten Kämpfer in Hörweite willigten in seinen Befehl ein und sorgten dafür, dass ich wusste, ich war sicher.
Lincoln hielt mich fest und strich mir das Haar zurück, kämmte es mit seinen Fingern hinter meine Ohren, bis das Zittern endlich aufhörte und ich mich in meinem Sitz zurücklehnte.
Als Stimmen aus dem hinteren Teil des Flugzeugs zu mir herübergetragen wurden, bewegte ich mich.
» Ich sehe, du bist wieder wach«, sagte Josephine.
» Ja. Es geht mir immer besser. Schla f scheint dazu beizutragen, dass ich mich regeneriere«, sagte eine Stimme, die irgendwie vertraut war, obwohl ich sie noch nie gehört hatte.
» Hast du irgendeine Erinnerung an das, was passiert ist?«, fragte Josephine.
Die Sprecherin zögerte, aber dann antwortete sie deutlich. » Nein. Außer dass ich das Gefühl habe, dass einige Zeit vergangen ist.«
» Allerdings. Es ist über siebzehn Jahre her, seit wir das letzte Mal dachten, dass du noch bei uns bist, Evelyn. Von vielen wurdest du schmerzlich vermisst.«
Ich blickte zu Lincoln hinüber und merkte, dass er mich vorsichtig beobachtete. Ich drehte mich zum Fenster, konzentrierte mich aber weiterhin au f das Gespräch – Josephine machte keine Anstalten, es privat zu halten.
» Weißt du, weshalb du hier bist?«, fuhr sie fort.
Evelyn zögerte erneut, bevor sie antwortete, was mein Misstrauen ihr gegenüber noch verstärkte.
Nicht dass ich ihr nicht bereits genug misstrauen würde.
» Ich kann dir nur so viel sagen. Wenn ich hier bin, kannst du davon ausgehen, dass Lilith auch wieder da ist.«
» Hm«, sagte Josephine. » Das ist ganz richtig.«
» Nun!«, fauchte Evelyn. » Wie zur Hölle konntest du das zulassen?«
Ich konnte die Verachtung in Josephines Stimme hören, als sie antwortete. » Ihr erster Sohn, Phoenix, entdeckte eine verlorene Schrift der Verbannten aus Moses Zeiten. Er fand heraus, wie er die Pforten der Hölle öffnen und sie wieder zum Leben erwecken konnte.«
» Moment mal!«, sagte Evelyn. Ich war mir sicher, dass sie jetzt aufgestanden war. Bestimmt waren alle Augen au f sie gerichtet. Alle außer meinen und Lincolns, dessen Blick noch immer au f mich geheftet war. » Phoenix? Nein, das kann nicht sein. Wir haben ihn jahrzehntelang beobachtet. Er hatte nie die Neigung, Lilith nachzueifern, er war mehr Mensch als Verbannter. Bisweilen mächtig und bösartig, ja. Auch habgierig und vereinnahmend, aber insgesamt nicht wahnsinnig. Etwas muss ihn verändert, muss seine dunkle Seite heraufbeschworen haben. Was ist passiert?«
Ich konnte es nicht länger aushalten. Lincoln legte seine Hand au f meine, doch ich schob sie weg und stand auf. Alle Blicke fuhren zu mir herum, alle hielten den Atem an. Evelyns stahlblaue Augen musterten mich, sie spürte die Herausforderung.
» Ich bin passiert. Phoenix ist wegen mir so, wie er ist«, sagte ich und stemmte die Hände in die Hüften, weil ich nicht zeigen wollte, wie schwach ich mich fühlte.
Meine Mutter starrte mich noch
Weitere Kostenlose Bücher