Gebannt: Band 3 (German Edition)
denkst wahrscheinlich, dass ich ein schlechter Vater bin und ich … ich würde es dir nicht verübeln, wenn es so wäre. Aber ich habe das Gefühl, dass ich zwischen zwei Welten gefangen bin seit … deiner Mutter. Ich habe die Zügel nie wirklich in die Hand genommen und du warst immer so ein braves Mädchen. Ich glaube, ich habe dich die ganze Last tragen lassen.«
Großer Gott, hat mein Vater gerade wirklich das Wort » Gefühl« verwendet?
Die Tür des Restaurants ging au f und eine glückliche Familie ging hinaus. Die Eltern riefen den Kellnern » Danke« zu, während der Junge zwischen seinen Eltern an deren Händen hin und her schwang.
Wenn ich renne, schaffe ich es vielleicht durch diese Tür, bevor sie zuschlägt.
» Ich weiß, dass in deinem Leben gerade etwas vor sich geht, Vi.«
Weiß er das? Könnte es sein, dass Dad die ganze Zeit über Bescheid gewusst hat? Oder was geahnt hat?
Meine Hände wanderten zu meinen Armbändern, drehten sie um meine Handgelenke.
» Und ich kann sehen, dass es dich verändert hat.«
Er weiß es.
» Wenn wir jung sind, passieren viele Dinge, die wir für sehr bedeutend halten, aber eigentlich … sind sie das nicht. Ich kann sehen, dass du dich nicht mehr au f die Schule konzentrierst, und mir ist klar, dass du jetzt bald damit fertig bist, aber es gibt immer noch viel zu tun und du hast in meiner Gegenwart noch nicht über mögliche Universitäten gesprochen und ich habe auch noch keine Bewerbungen herumliegen sehen. Violet, wenn da etwas vor sich geht, was ich wissen muss, dann ist es an der Zeit, es mir zu sagen«, sagte Dad und klang dabei strenger, als ich ihn je erlebt hatte.
Er weiß es nicht.
Ich brauchte einen Moment, bis ich mich von dieser Achterbahn von Gespräch erholt hatte, dann machte ich zügig die Schotten dicht.
» Es geht mir gut. Alles ist in Ordnung.«
Dad beobachtete mich, wie ich mit einem erstarrten Lächeln au f dem Gesicht dasaß. Er schien ein wenig enttäuscht zu sein. Er hatte etwas von sich preisgegeben, ohne dass er von mir etwas zurückbekommen hätte, aber er hatte sich offenbar au f dieses Gespräch vorbereitet und ich … Verdammt, ich hatte einfach nicht damit gerechnet, dass er irgendetwas über sein » Und? Wie war dein Tag?« hinaus sagen würde.
» Okay. Ich nehme dich beim Wort.« Er stand auf. » Dann holen wir uns mal ein Eis au f dem Nachhauseweg.«
Da war es also, das erste elterliche Verhör, das mein Vater je erfolgreich vor mir abgezogen hatte.
Ich zog mein Schultertuch um mich – ich fühlte mich einsam und mein Arm tat immer noch weh. Ich hätte eine Schmerztablette nehmen sollen, bevor ich von zu Hause wegging. Wir bahnten uns einen Weg zwischen den Tischen des vollen Restaurants hindurch. Vorne hielt uns der Besitzer an, um Dad – » John« – zu fragen, ob alles in Ordnung gewesen war. Als ich stehen blieb, spürte ich ein Stechen in der Brust, dann ein scharfes Pochen an den Rippen. Mit einem Ruck richtete ich mich au f und konzentrierte mich darauf, tie f einzuatmen. Ich wusste es sofort. Es war nicht mein Schmerz, den ich da fühlte.
Es ist nicht so schlimm, redete ich mir ein. Wahrscheinlich nur ein paar gebrochene Rippen.
Ich lächelte, als mir der Restaurantbesitzer hinter seiner Theke ein billiges Grinsen zuwarf. Es war noch das gleiche Grinsen, das er immer für mich reserviert hatte, als ich noch neun war.
Lincoln.
Der Schmerz flaute ab. Doch er war nicht so stark gewesen wie die anderen Male, als ich so etwas gespürt hatte. Die Gefühle wurden jedes Mal intensiver, und auch wenn sie rasch vorbeigingen, hasste ich das, was danach kam, noch mehr. Alles in mir wollte zu ihm rennen. Jeder Atemzug fühlte sich wie eine unmögliche Verspätung an, als mein Instinkt und noch etwas anderes übernahmen und versuchten, mich zu steuern. Ich grif f nach einem der Stühle und stemmte beide Füße fest in den Boden, während ich darau f wartete, dass Dad nicht mehr John war, damit ich mit ihm zur Eisdiele gehen konnte, bevor es nach Hause ging.
Als wir am Eingang unseres Wohnblocks ankamen, entdeckte ich Spence, der an der Mauer lehnte.
» Dad, wir sehen uns dann oben. Ich will nur kurz zu einem Freund Hallo sagen«, sagte ich und deutete in Spence’ Richtung. Dad nickte Spence knapp zu – er glaubte wohl, er sei ein Schulfreund von mir – aber in seinem Lächeln schwang etwas mit, vielleicht Enttäuschung.
» Bleib nicht so lange«, sagte er und ging hinein.
So viele Male hatte ich versucht, mit
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