Gebieterin der Finsternis
mit elektronischem Gerät des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Ein riesiger Computermonitor ließ den Schreibtisch mit seinen spindeldürren Beinen, auf dem er stand, geradezu lächerlich wirken, und der gigantische Flachbildfernseher veralberte das Sideboard mit Marmorplatte darunter.
In einer Ecke waren die alten Möbel komplett entfernt worden, um einer Sammlung von Instrumenten Platz zu machen: elektrische und akustische Gitarren, ein dreistufiges Keyboard, eine alte keltische Harfe, ein modernes Schlagzeug, eine Flöte, Dudelsäcke und mehrere ungewöhnliche, mittelalterlich anmutende Instrumente. Altes und Neues trafen hier in schwindelerregender Weise zusammen und hatten anscheinend einen befremdlichen Waffenstillstand geschlossen. Gleichgewicht? Vielleicht, aber es war eine aggressive Balance. Wie auf einer großen Wippe, ein stetes Auf und Ab. Oder wie Artemis’ Gefühle, wann immer sie in Macs Augen sah.
Vor allem jetzt, nachdem sie beschlossen hatte – und allein bei dem Gedanken schluckte sie –, ihn zu verführen.
Sie blieb auf den Fliesen am Eingang stehen und bückte sich, um ihre Stiefel auszuziehen, weil sie keinen Schmutz auf die seidenen Perserteppiche tragen wollte. Während sie langsam die Schnürsenkel löste, raffte sie alles an Mut zusammen, was sie besaß. Sie fühlte sich schmutzig und erschöpft, kein bisschen attraktiv. Wohingegen Mac, zum Teufel mit ihm, so frisch und ausgeruht wirkte, als wäre er soeben von einem zehnstündigen Nickerchen erwacht. Er schüttelte seine Lederjacke ab und warf sie auf einen Ohrensessel.
Artemis tapste auf Strümpfen in die Mitte des Teppichs und drehte sich einmal langsam im Kreis. Von diesem Zimmer gingen mindestens drei weitere ab: ein Bad, ein kleiner Würfel, der wie ein Büro aussah, und ein sehr großes Schlafzimmer mit einem gigantischen Himmelbett. Dahinter erkannte sie noch ein weiteres Bad sowie ein Ankleidezimmer.
Es klopfte. Mac öffnete Fergus die Tür, der mit Artemis’ Reisetasche hereinkam, die in dieser Umgebung ganz besonders erbärmlich aussah. Dennoch trug er sie ins Schlafzimmer, als wäre sie aus purem Gold. Auf dem Mahagoni-Koffergestell machte sie allerdings erst recht eine traurige Figur.
Artemis fühlte, wie sie rot wurde. Mac hätte wohl kaum ihre Tasche herbringen lassen, wenn er nicht plante, mit ihr zu schlafen. Aber das war gut, ermunterte sie sich im Geiste, sehr gut. Schließlich entsprach es auch ihren Plänen. Und könnte sie jetzt noch aufhören, sich so verdammt schuldig zu fühlen …
Sie rang sich ein breites Lächeln ab. »Schön hast du es hier. Aber das ist nicht dein richtiges Zuhause, wie du sagst.«
»Nein. Ich habe ein Haus in Inverness, in dem ich mit zwei Sidhe-Cousins wohne. Ich habe mir das hier vor einer Weile zugelegt, als die weiblichen Fans anfingen, etwas zu aufdringlichzu werden. Niemand kommt ohne mich durch das Tor vorn.«
Das werden wir ja sehen.
»Dann sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dein Gast zu sein.«
Er schnaubte. »Tu’s nicht. Für dich ist es eher ein Hausarrest als eine Gartenparty. Du bleibst hier, bis ich entschieden habe, was ich mit dir mache.«
»Mir fielen da ein paar Sachen ein«, murmelte sie.
Sein Blick war eindeutig interessiert. »Klingt vielversprechend. Was zum Beispiel, Süße?«
»Ach, ich hätte einige Ideen«, sagte sie. »Aber ehe wir die besprechen … Ich würde gerne meine Sachen loswerden.«
Als seine Augen ihren Körper abwanderten, kribbelte ihre Haut.
»Und duschen«, ergänzte sie.
Nun blickte er wieder in ihr Gesicht.
Ja, zweifellos interessiert.
»Nur zu, Süße. Das Bad geht vom Schlafzimmer ab.«
Sie trippelte an ihm vorbei, wobei sie bewusst seinen Unterarm mit ihren Fingern streifte.
Hitze flackerte in seinen Augen auf, begleitet von einem skeptischen Blick. »Warum auf einmal so freundlich?«
Hatte sie übertrieben? »Hättest du mich lieber kratzbürstig?«
Er grinste. »Oh nein, Süße. Ich mag die neue Artemis Alexandria Black.«
Sie ging ins Schlafzimmer. Einen kurzen, beängstigenden Moment lang dachte sie, er würde ihr direkt folgen, was entsetzlich wäre. Aber zum Glück zauderte er gerade genug, dass sie lächelnd die Tür hinter sich schließen konnte.
Klopfenden Herzens lehnte sie sich von innen dagegen. Soweit, so gut, aber ihr lief die Zeit davon. Sie sah zur Glasuhr, die auf dem Kaminsims stand. Sechs Stunden und drei Minuten bis Sonnenuntergang. Bis dahin musste sie geduscht, Vorbereitungen getroffen und
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