Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Titel: Gebrauchsanweisung für den Gardasee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Stephan
Vom Netzwerk:
spätabendlichen Rundreise um den See. Die Betonung liegt dabei durchaus auf spät; das aber nur am Rande deshalb, weil in Italien sehr viel später als bei uns zu Abend gegessen wird – am Gardasee herrschen in dieser Hinsicht ohnehin moderate Verhältnisse, man ißt in besseren Restaurants normalerweise zwischen acht und elf zu Abend; und auch mittags läßt sich hier, vor allem an den Wochenenden, ganz ausgezeichnet speisen. Das spätabendliche Essen hat am Gardasee einen ganz anderen Vorteil: Um diese Zeit sind die allermeisten Touristen wie vom Erdboden verschluckt, sämtliche Souvenir-, Sommerfähnchen- und sonstigen Schnickschnackläden haben ihre Auslagen weggeräumt und die Rolläden heruntergelassen – und plötzlich sehen Malcesine, Sirmione, Limone und all die anderen überlaufenen Uferorte wieder so hübsch aus wie es im Buche (wenn nicht in diesem hier, so doch in jedem anderen Reiseführer) steht.
    Mit anderen Worten: Spazierengehen ist angesagt, entweder vor dem Essen, um sich gleichzeitig Appetit zu machen, oder nachher, um das dann garantiert reizvolle nächtliche Sightseeing zum Kalorienabbau zu nutzen – und sich ganz am Schluß noch einen kleinen Absacker in irgendeiner Hafenbar zu gönnen. Man schläft ja dann auch besser …
    Zumindest auf die Hafenbar müssen wir auf der ersten Station unserer abendlichen Gourmetreise um den See allerdings verzichten. Im kleinen Kurstädtchen Arco gibt es bei Nachtspaziergängen allerhand zu sehen, die wunderschöne, von der Renaissancefassade des verblüffend riesigen Doms dominierte und an zweieinhalb Seiten von wunderschönen Patrizierhäusern gesäumte piazza 3 novembre etwa – aber der nächstgelegene Hafen, der von Riva, findet sich erst ein paar Kilometer weiter südlich: Arco ist der einzige unter den prominenten Gardaseeorten, der nicht am See liegt. Fürs Spektakuläre sorgt hier statt dessen die rocca, das ist der unmittelbar neben, ja fast aus der Stadt aufschießende Burgfelsen. Der zwanzigminütige Weg zur Burg hinauf eignet sich übrigens ideal für eine kleine Nachtwanderung, erstens weil er gut beleuchtet ist und zweitens, weil man zu dieser Zeit beim Aufstieg bestimmt nicht ins Schwitzen kommt.
    Von der Trattoria Belvedere (sie liegt ebenfalls oberhalb von Arco, im westlichen Vorort Varignano) und ihren berühmten carne-salata- Platten war ja schon im siebten Kapitel die Rede. Sehr schön und in noch stimmungsvollerem Ambiente zu Abend essen kann man aber auch in Giannis Trattoria (da Gianni) im Ortsteil Chiarano. Wobei der Wirt mit der schlichten Bezeichnung Trattoria ziemlich tiefstapelt: Zwar wird hier vor allem die Küche der Region gepflegt, Cannelloni aus Kartoffelteig mit Steinpilzen zum Beispiel, oder im Ofen geschmortes Kaninchen mit Pflaumen aus dem nahe gelegenen Dorf Dro (und das heißt: mit den besten Pflaumen der Welt!); doch serviert werden diese Köstlichkeiten in einem säulenbestandenen Saal unter einem hochimposanten Kreuzgewölbe aus dem 18. Jahrhundert.
    In wenigen Minuten zu erreichen ist die Trattoria Belvedere übrigens auch von Riva aus. Daß nicht wenige von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, spricht nicht gerade für Riva – man merkt dem altehrwürdigen Kurstädtchen heute weniger seinen vor allem vom österreichisch-deutschen Luxustourismus des 19. Jahrhunderts rührenden Charme an als seinen Charakter als erste Auffangstation und Durchgangsschleuse für den Massentourismus am Gardasee. Auch der Gastronomie fehlte es in Riva bis vor einigen Jahren eher an Klasse als an Masse. Als Gourmet-Hochburg – im wahren Sinn des Wortes – galt allenfalls das unterhalb der venezianischen Festungsruine gelegene Hotelrestaurant der vornehmen Villa Negri. Mittlerweile tut sich aber auch drunten im Ortskern einiges – und so läßt sich ein Abendspaziergang durch Rivas historisches Zentrum bestens verbinden mit einem Essen in der nahe am venezianischen Stadttor Porta San Marco gelegenen Al Volt. Auch hier macht das Ambiente durchaus etwas her: Man sitzt unter hohen Gewölbebögen an blumengeschmückten Tischen – und hat die Qual der Wahl zwischen zwei Speisekarten. Die eine offeriert trentinische Gerichte wie die mit Auberginen gefüllten und im Herd überbackenen Nudelrouladen oder ein Rindsfilet mit Kräutersauce; die andere huldigt mit knallgelben Tagliolini und Schleienragout oder einem Hechtfilet in saor der Seeküche. Falsch machen kann man aber wenig: Der Koch Maurizio beherrscht beide Varianten

Weitere Kostenlose Bücher