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Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg

Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg

Titel: Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Rávic Strubel
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grünen Daumen. Allerdings gibt es ein paar unverzagte Veranstalter wie das Brandenburgische Literaturbüro, die sich auch durch die vollständige Abwesenheit eines Publikums nicht abschrecken lassen. Ihre mühevoll eingeladenen Schriftsteller-Berühmtheiten aus fernen Ländern, bei denen sie sich dauernd entschuldigen müssen (zuerst für die schlechte Honorierung, dann für die Fahrt ins Ungewisse und später für den unterbesetzten Saal) verschicken sie unverdrossen in die Kleinstädte der Prignitz, des Fläming, der Niederlausitz oder der Uckermark. Dort kann man sich teure Lesungen nicht leisten, weshalb man von der Landeshauptstadt aus versorgt wird.
    Denken Sie jetzt nicht, die frei bleibende Bestuhlung in den Bibliotheken habe mit Desinteresse zu tun. Keinesfalls. Das Fernbleiben der Bevölkerung ist auch nicht gegen die Autoren persönlich gerichtet. Dass niemand kommt, liegt an dem ungewohnten Angebot. Man rennt hier nicht gleich kopflos überallhin! Das will alles erst einmal verarbeitet und überprüft sein. Es gilt abzuwägen, ob es einen Nutzen bringt, zu dieser fremdartigen Veranstaltung aufzubrechen, die, wenn man sich endlich dazu durchgerungen hat, leider längst vorüber ist. Ähnliches musste die Lotto GmbH erfahren, die jährlich den Brandenburgischen Kunstpreis ausschreibt. Ihre Preisträger schreiben manchmal so schmale Gedichte, dass weder die Körperpflege noch der Zweite Weltkrieg darin Platz finden.

Harte Gegenwart und weiche Eier
    In manchen Sommern lässt flirrende Hitze, in manchen Wintern klirrender Frost an die Weiten des kontinentalen Ostens denken, während im nächsten Jahr nicht enden wollende Regenwolken die Landschaft mit nordatlantischer Melancholie überziehen.
    (Sigrid Grabner)
    Die heutige Landschaftsidylle ist ein Resultat zäher Anstrengungen. In dieser Region, in der selbst das Wetter voller Widersprüche steckt, plagen sich die Bauern seit Jahrhunderten mit Überschwemmungen und unfruchtbaren Böden herum. Das halbe Bundesland bestand vor einigen Jahrhunderten noch aus Sümpfen und Mooren. Und dort, wo kein Sumpf war, war der Boden so trocken, dass ein heftiger Sommerregen genügte, um die Flüsse über die Ufer zu spülen.
    Mit der Trockenlegung der Brüche und Lüche, durch Abholzung und Bewirtschaftung wurde das einst urwüchsige Grün in eine braun-gelbe Nutzlandschaft umgefärbt. Ein Großteil dieser Landschaft wird für Mais- und Getreide-, Sonnenblumen-, Raps- und Kartoffelanbau, zur Zucht von Schweinen, Rindern und Schafen genutzt. Auch die Forstwirtschaft, die man in Eberswalde studieren kann, spielt eine Rolle, allerdings in geringerem Maße, da der Forst häufig unter Naturschutz steht. Nur manchmal noch werden gefällte Baumstämme im Wasser zu Flößen gebunden, über den See gestakt und auf einen am Ufer wartenden Lastschlepper verladen. Vom Fischereigewerbe lebt heute kaum mehr jemand; Ein-Mann-Betriebe und Hobbyfischer versorgen die Bauernmärkte im Land mit Aal und Zander.
    Die Trockenlegung des Oderbruchs unter Friedrich dem Großen war eine der ersten, wichtigen Maßnahmen zur Landgewinnung. Zwischen dem Barnim-Plateau und der Oder gab es ursprünglich nur Überschwemmungsland. Die Leute lebten von Fisch und vom Heumachen. Theodor Fontane behauptet, es solle so viel Flusskrebse, Hechte und Flussschildkröten gegeben haben, dass die Bewohner des Oderbruchs sich nach einer Abwechslung auf dem Speiseplan sehnten und den Fisch gewinnbringend in die verschiedensten Ecken Europas exportierten. Ihre Gehöfte standen mindestens einmal im Jahr unter Wasser. Die Nachbarn besuchten sie per Kahn. Nichts als Kuhmistwälle, so Fontane weiter, sollen die wendischen Bruchdörfer vor Wind und Wetter geschützt haben. Friedrich II. beauftragte den Niederländer Simon Leonhard van Haarlem, einen Kanal von Güstebiese (heute Güstebieser Loose) bis Hohensaaten anzulegen, die »Neue Oder«, und gewann damit eine der bis heute fruchtbarsten Gegenden dieser Region. Die Fischer wurden vertrieben oder gezwungen, sich als Landarbeiter zu verdingen. Aber am Ende soll es dort, Gerüchten zufolge, sogar einige reiche Bauern gegeben haben.
    Auch das Wildschwein fühlte sich von der Fruchtbarkeit ermuntert. Auf dem hinzugewonnenen Land begann es, sich fröhlich zu vermehren. Mittlerweile hat es das Borstentier zur zweithäufigsten Tierart Brandenburgs gebracht. Häufiger tritt nur die Mücke auf. Sie lässt sich aber leichter erlegen. Die Jagd auf Schwarzwild beschäftigt jedes

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