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Gebrauchsanweisung für Schwaben

Gebrauchsanweisung für Schwaben

Titel: Gebrauchsanweisung für Schwaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Hunger
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schätzt Maultaschen, Spätzle und Rostbraten mit Zwiebeln noch mehr als manche CDU-Granden. Bei dieser Delikatessen-Connection kann er allemal mithalten.
    Der Drang nach Ausgleich, eingebettet in eine Politik ständiger Allparteien-Gespräche, gefördert mit dem Schmiermittel bodenständiger Eßkultur, scheint die Grundlage zu sein für den wirtschaftlichen Erfolg der Schwaben, der weit über die Republik hinaus konkurrenzlos ist. Auch in diesem Land gibt es Aufsteiger und Absteiger, Gewinner und Verlierer, Prominente und Randfiguren. Der Schwabe aber drängt sich grundsätzlich nicht ins Rampenlicht. Hat er Erfolg, dann steigt auch der Bekanntheitsgrad. Doch auf die Frage, was »prominent sein« bedeute, hat er eine Antwort, die eine potentielle Niederlage schon einschließt: »Wer als Hauptfigur eines Skandals in Frage kommt«. Jedenfalls, wer tun und lassen kann, was ihm paßt, ohne daß sich daran jemand stößt, der ist nicht prominent. So einfach tickt die Schwaben-Logik.
Veteranen werden versorgt
    Alles aber wird zusammengehalten durch eine Politik des Korporativen und der gegenseitigen Unterstützung. Veteranen wurden in der Vergangenheit versorgt und werden heute versorgt. Ehemalige Politiker in Staatsbetrieben sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Exminister Friedhelm Repnik avancierte zum Chef der landeseigenen Lotto-Gesellschaft. Sein Kollege Thomas Schäuble managt heute die staatliche Rothaus-Brauerei (ja, auch Baden-Württemberg braut sein eigenes Bier). Der frühere Staatsrat Gerhard Goll wurde von Erwin Teufel zum Badenwerk geschickt, um die Fusion mit der württembergischen Energieversorgung Schwaben (EVS) voranzutreiben – was dieser dann auch ohne Umschweife tat und den Energieversorger als EnBW (Energie Baden-Württemberg) aus der Taufe hob.
    Die EnBW wurde gar zu einem regelrechten Auffangbecken für gestrauchelte oder ihres Jobs verlustig gegangene Politiker – wie die Exlandtagsabgeordnete Ingrid Blank oder der Exoberbürgermeister von Baden-Baden, Ulrich Wendt. CDU-Fraktionsvize Heinrich Haasis durfte als Chef beim Sparkassenverband anheuern. Und der frühere Freiburger Regierungspräsident Norbert Nothelfer konnte sich sogar, als er zur staatlichen Rothaus-Brauerei wechselte, als Beamter beurlauben lassen und damit seine vollen Pensionsansprüche behalten. Das war noch nicht einmal ein Einzelfall.
    Industriepolitik in Baden-Württemberg war und ist jedenfalls zunächst Personalpolitik. Hat man die richtigen Leute an der richtigen Stelle, dann kann man über Parteigrenzen hinweg alles steuern und regeln, wie es dem Allgemeinwohl, dem Parteiwohl oder dem Machterhalt dient. Industriepolitik wurde im Land betrieben, daß es jedem lupenreinen Marktwirtschaftler nur so grauste.
    Direkte Innovationsförderung, massive Subventionierung vermeintlicher Zukunftsindustrien, staatliche Eingriffe bei wirtschaftlichen Veränderungsprozessen – Otto Graf Lambsdorff, der Vertreter der reinen Lehre, geißelte diesen Neomerkantilismus, der im Süden Deutschlands »mit Zielstrebigkeit und Elan praktiziert« werde.
    Doch diese Ideologiekritik wischen sich die Mächtigen der Maultaschen-Verbindung mit der Serviette ab. Für solche Zurechtweisung haben sie eine Antwort: »Neid«. Je mehr gegiftet wird, um so enger werden die Reihen geschlossen. Die schwäbischen Konsenspolitiker haben ohnehin das überzeugendste Argument auf ihrer Seite – den gewaltigen wirtschaftlichen Erfolg, den hohen Lebensstandard, die stillschweigende Akzeptanz der Bürger. Und das gelassene Vergnügen, dieses Glück im angenehmen Dunst brutzelnder oder in der Brühe schwimmender Maultaschen zu genießen.

Trinken.
Wie ein Fisch auf trocknem Sand
     
     
     
    Den vorangehenden Kapiteln ist leicht zu entnehmen: Der Schwabe ist eine Seele von Mensch. Allerdings eine durstige Seele. Das zeigt schon die Geschichte jenes Tübingers, der seine Angetraute vor dem Einschlafen im Ehebett um einen Gefallen bat: »Wenn i Durst han, weck’sch me.« Als sie ihn fragte, wann er denn wohl Durst haben werde, antwortete er kurz: »Wann du mi weck’sch.«
    Diese kleine Historie, die noch heute spaßeshalber zum Abenddialog hiesiger Paare gehört, bezieht sich auf den Wein. Sie darf aber getrost auf andere trinkbare Flüssigkeiten ausgedehnt werden. Der hierzulande verbreitete Feuchtigkeitsbedarf hat einfach mit dem Umstand zu tun, daß das Schwabenländle auf einem Untergrund aus staubigem Muschelkalk, Gipskeuper und Knollenmergel ruht, von dem

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