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Gebrauchsanweisung für Schwaben

Gebrauchsanweisung für Schwaben

Titel: Gebrauchsanweisung für Schwaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Hunger
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asketischen Erwin Teufel zu dem durchaus lebensfrohen Günther Oettinger ein Zeitzeichen, das nichts über die Qualitäten der beiden Charaktere aussagt. Nur insofern schätzen die Schwaben beide, Teufel und Oettinger, lieben erstaunlicherweise den »König«, den »Königsmörder« und nach dem Mord den neuen »König«. Diese Toleranz dürfte ziemlich einmalig sein in deutschen Landen. Zurückzuführen ist sie auch auf ein tiefsitzendes, historisch gewachsenes Demokratieverständnis, das schon immer die Notwendigkeit des Kompromisses wie die Bereitschaft zur Versöhnung nach dem politischen Streit akzeptiert und gefördert hat. »Von Demokratie verstehen wir hier unten doch etwas mehr«, wies einst selbstbewußt der erste Ministerpräsident des Nachkriegslandes Württemberg-Baden, der liberale Reinhold Maier, seine Kollegen aus den anderen Ländern zurecht. Seit Theodor Heuss, dem Bundespräsidenten, und Reinhold Maier, dem bisher einzigen FDP-Ministerpräsidenten in Deutschland, weiß man auch außerhalb des Südwestens, daß Liberalität und Demokratie zusammengehören wie Weihwasser und Wedel.
Ein Landtag vor Kolumbus
    Tatsächlich reichen im Neckarland politische Mitwirkung und Verfassung weit zurück. Bereits 1514 erstritten die Württemberger von ihrem ungestümen Herzog Ulrich den »Tübinger Vertrag«, das erste »Staatsgrundgesetz« auf deutschem Boden. Geldnot und der Aufstand des »Armen Konrad«, eines Bauernbundes, brachten den Fürsten zwar in Bedrängnis, aber daß die Schwaben die Gunst der Stunde für ihre weitgehenden Bürger- und Mitspracherechte nutzten, rang den Menschen in benachbarten Ländern Respekt ab. Es hatte vielleicht mehr mit Chuzpe und Opportunität zu tun als mit tiefgreifendem Demokratieverständnis, aber es wirkte.
    Als nach dem Zweiten Weltkrieg den Schwaben nicht alles paßte, was die amerikanischen und die französischen Besatzungsmächte trieben, polterte der von den Amerikanern für Nordwürttemberg-Nordbaden eingesetzte Reinhold Maier durchaus mit Stolz und Selbstbewußtsein: »Die Amerikaner sollten wissen, daß die Schwaben sich schon ein Parlament gegeben haben, als Kolumbus Amerika noch gar nicht entdeckt hatte.«
    Daß es kein wirkliches Parlament im heutigen Sinne war, das da 1457 als Landtag in Leonberg zusammenkam, focht Maier nicht an. Er hatte gepunktet, das Schlitzohr. Das tat er auch, als er im April 1952 das neue Bundesland Baden-Württemberg aus der Taufe hob. Damals zog, nach der ersten Landtagswahl, der CDU-Kandidat und spätere Verfassungsgerichtspräsident Gebhard Müller als Vertreter der größten Fraktion unerwartet den Kürzeren gegen den liberalen Maier. Die Schwarzen, die in der Südweststaatfrage gespalten waren, mußten rasch den Grund für ihre Niederlage erkennen. Unmittelbar nach Maiers Sieg traten die designierten Minister aus den Reihen der FDP, SPD und BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) nach vorne und brachten ihre Ministerurkunde gleich unter dem Arm mit. Maier hatte, weil ihm die politischen Partner nicht ganz trauten, die Urkunden vorab mit »Ministerpräsident« unterzeichnet, als er noch gar keiner war. Manche sprachen da auch von einem »Putsch«. Und als Maier in den Ruf »Gott schütze das neue Bundesland!« ausbrach, registrierte das Protokoll: »Pfui-Rufe bei der CDU«.
    Aufsässigkeit und Aufbegehren, es »denen da oben zeigen, wo der Bartel den Moscht holt«, das war im Südwesten Deutschlands immer eine Tugend, ob es nun um Bauernproteste ging, um Krawalle gegen zu hohe Brotpreise oder um die Revolution von 1848 und 1849. Historisch bedeutende Ortsnamen zeugen von Konfliktbereitschaft. Heidelberg steht für das Hauptquartier der Revolutionäre von 1849. Offenburg für die Protestversammlungen um Friedrich Hecker, Rastatt für die Meuterei der badischen Bundestruppen, Konstanz für die Ausrufung der Republik. Und in Lörrach proklamierte Gustav von Struve, der Verbündete Heckers, zwischendurch sogar eine deutsche Republik mit sozialistischem Grundgesetz. Nur Preußens Armee, verstärkt durch die Truppen des Deutschen Bundes, konnten die aufsässigen Badener 1849 blutig niederschlagen. Der Urgroßonkel von Theodor Heuss war als Freiheitskämpfer gegen die Preußen im Kraichgau dabei; das war einer der Gründe, weshalb der erste Bundespräsident in diesen Freiheitskämpfern seine politischen Vorfahren sah.
Ruhe im Schwabenländle
    Die Württemberger erwiesen sich allerdings als weniger kämpferisch. Der Funke von

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