Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
NaCl-Molekülen, der Rest ist Marketing, Aberglauben und Betrug. Aber wie kommt es ins Meer?
Viele Menschen glauben, die einzelnen Bestandteile aus dem Gestein werden herausgewaschen und gelangen so über die Zuflüsse ins Meer.
Bei dieser Hypothese gibt es aber drei Probleme:
1) Wenn man sich Flusswasser anschaut, so enthält es kaum Chlor. Fast alles Chlor, das über Flüsse ins Meer kommt, ist davor über die Gischt in die Flüsse gelangt. Aus dem Gestein wird praktisch kein Chlor herausgespült.
2) Der Salzgehalt im Meer ist seit über 200 Millionen Jahren so gut wie konstant.
3) Wenn die Flüsse das Salz ins Meer bringen würden, wäre bald zu wenig Festland da. Gleichzeitig mit Natrium wird beispielsweise auch Kalzium aus dem Gestein, in dem Fall Kalkstein, gelöst. Würde das Kalzium immer nur von Land ins Meer gebracht, wäre der gesamte Kalkstein auf der Erdoberfläche schon nach rund 100 Millionen Jahren verbraucht gewesen. Die Erde gibt es aber schon seit über viereinhalb Milliarden Jahren und noch immer reichlich Kalkstein auf ihrer Oberfläche.
Wie kommt das Salz also ins Meer?
Die Antwort lautet: Das ist die falsche Frage.
Der Gehalt des Chlors im Meer ist seit Jahrmillionen praktisch konstant. Es stammt aus dem Erdinneren, und zwar aus der Zeit der Entstehung der Erde vor mehr als vier Milliarden Jahren, entstanden ist es durch Ausgasung. Es hat eine extrem lange Verweildauer, das heißt, chemische Prozesse im Meerwasser, die Chlor abbauen, dauern wirklich sehr, sehr lange. Da hat sich praktisch seit Beginn der Erdgeschichte nichts getan, schauen Sie bitte in ein paar Hundert Millionen Jahren wieder vorbei.
Und das Natrium?
Das Natrium wird tatsächlich, neben einigen anderen Mineralien wie etwa Kalzium, aus dem Gestein herausgespült und von den Flüssen ins Meer transportiert. Kalzium wird von Organismen aufgenommen, die sterben dann, die Kalkschalen zum Beispiel der Muscheln sinken zum Meeresboden und werden in Kalkstein beziehungsweise Dolomit umgewandelt. Natrium wird unter Druck und Wärmeeinfluss gemeinsam mit Ton am Meeresboden zu Granit. Das heißt, das Natrium aus dem Fluss wird dauerhaft in das Gestein am Meeresgrund eingebaut. Allerdings dauern diese Umwandlungsprozesse, in denen das gelöste Material im Meer in Gestein umgewandelt wird, unterschiedlich lange. Kalzium braucht eine Million Jahre, Natrium 69 Millionen Jahre, Chlor, wie gesagt, praktisch unendlich.
Wenn Natrium und Kalzium und die anderen gelösten Elemente in den Meeresboden eingebaut sind, dann werden sie im Rahmen der Plattentektonik wieder an Land transportiert. Alle 100 Millionen Jahre wird die komplette Erdoberfläche erneuert. Vereinfacht gesagt wird im Rahmen der Geodynamik der alte Meeresboden unter die Kontinentalplatten geschoben, wie Kehricht unter einen Teppich. Er verbindet sich mit diesem, wird Teil von ihm, und irgendwann landet der Staub, der eigentlich unter den Teppich gekehrt wurde, wieder an dessen Oberfläche, wird vom Staubsauger erfasst und beim Saugen in die Luft gewirbelt, und kann sich so als quasi wiedergeborener Staub auf dem Boden ablagern und nach einiger Zeit wieder unter den Teppich gekehrt werden.
Da capo al fine. Genauso ist es mit dem Salz. Alle Elemente, die wie Natrium in den Flüssen gelöst einst ins Meer gelangt sind, werden wieder der Erde zurückgegeben. Und während seines Aufenthalts im Meer ist das Natrium eben gemeinsam mit dem Chlor eine Zeit lang Salz. That’s it. Und wenn die Erde nicht untergeht, was sie in absehbarer Zeit nicht tun wird, dann geht das noch viele Millionen Jahre so weiter.
Die richtige Frage lautet daher nicht, wie das Salz ins Meer kommt, das wissen wir jetzt.
Die richtige Frage muss lauten: Warum wird das Meer nicht salziger? Weil eben nur sehr wenig Natrium ins Meer kommt und aber auch wieder aus ihm verschwindet, wenn auch nur sehr langsam.
Um das Meer salzig zu machen, reichen weder der Schweiß der Badegäste noch das Sperma der Wale aus. Obwohl das vermutlich tatsächlich etwas salzig schmecken würde, würde man es kosten. Eine Zeit lang hat man übrigens gedacht, Spermien selber würden den Duft von Maiglöckchen besonders gern mögen. Man ging davon aus, dass Samenzellen den Düsenantrieb einschalten, wenn sie Bourgeonal riechen, das als die bestimmende Duftnote des Maiglöckchens gilt. 18 Und dass sie das Ei, das sich zur Befruchtung hergerichtet hat, dann mit aktiviertem Geruchsturbo mitunter doppelt so schnell finden. Die feine
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