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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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genommen,
    Bis Schmöckwitz, wo, Wandel der Epochen,
    Jetzt Familien Kaffee kochen.
    Aus der »Wuhlheide« treten, wirr und verwundert,
    Geschwindschritts immer neue Hundert,
    Und bei Woltersdorf und am Dämeritz-See
    Sammelt sich schon das Corps d'armée.
     
    Jetzt aber – der Dämeritz ist überschritten –
    An des Zuges Ausgang und inmitten
    Erblick' ich Mädchen, erblick' ich Fraun,
    Alle thusneldisch anzuschaun,
    Alle mit Butten, alle mit Hucken,
    Draus blond die kleinen Germanen kucken –
    So ziehen sie südwärts mit Kiepen und Kobern,
    Von der Müggel aus die Welt zu erobern.
     
     
Neueste Väterweisheit
    Zieh nun also in die Welt,
    Tue beharrlich, was dir gefällt,
    Werde keiner Gefühle Beute,
    Meide sorglich arme Leute,
    Werde kein gelehrter Klauber,
    Wissenschaft ist fauler Zauber,
    Sei für Rothschild statt für Ranke,
    Nimm den Main und laß die Panke,
    Nimm den Butt und laß die Flunder,
    Geld ist Glück, und Kunst ist Plunder,
    Vorwärts auf der schlechtsten Kragge,
    Wenn nur unter großer Flagge.
    Pred'ge Tugend, pred'ge Sitte,
    Millionär ist dann das dritte,
    Quäl dich nicht mit »wohlerzogen«.
    Vorwärts mit den Ellenbogen,
    Und zeig jedem jeden Falles:
    »
Du
bist nichts, und
ich
bin alles.«
     
     
Land Gosen
    Oft hör' ich: »Unsre gute Stadt
    Augenscheinlich eine Verheißung hat,
    Der Himmel, der uns so hegt und pflegt,
    Hat uns alles wie vor die Türe gelegt.
     
    Ja, ja, wir haben es leicht und bequem:
    Im Brieselang Eichen, in Glindow Lehm,
    In Rauen Kohlen, in Linum Torf,
    Kalkgeschiebe bei Rüdersdorf,
    Im Grunewald Schwarzwild, Hirsch und Reh,
    Spargel en masse bei Halensee,
    Dill und Morcheln und Teltower Rüben,
    Oderkrebse hüben und drüben,
    Auf dem Hohen Barnim Fetthammel-Herden
    (Werden mit nächstem Southdowns werden),
    Königshorster Butter, in Sperenberg Salz,
    Im Warthebruch Gerste, Graupen und Malz,
    In Kienbaum Honig, im Havelland Milch,
    In Luckenwalde Tuch und Drillch,
    Bei den Werderschen Kirschen und Aprikosen
    Und bei Potsdam ganze Felder von Rosen.
    Nichts entlehnt und nichts geborgt,
    Für Großes und Kleines ringsum gesorgt,
    Und gesorgt vor allem auch (und nicht schlecht)
    Schon für unser kommendes Geschlecht, –
    Des
sind uns Gewähr unsre lieben, strammen
    Und fast unmöglichen Spreewaldsammen.«
     
     
Spätes Ehestandsglück
    Neben mir an, ein Mann im Staat,
    Wohnt ein alter Geheimerat.
    Er hat, nachdem er durch Stürme gesteuert,
    Mit sechzig noch eine Witwe geheuert,
    Wirtin und Plättfrau war sie gewesen,
    Die
hat er klug sich auserlesen;
    Es geht nun schon ins dritte Jahr, –
    Nie zuvor er so glücklich war.
     
    Briefe zu Neujahr will heut er schreiben.
    Eisblumen blühen ihm an den Scheiben,
    Draußen ein helles Silvesterwetter,
    Und er schreibt in Kursivschrift: »Lieber Vetter,
    Du hast dich, gleich mir, aus Wellen und Wogen
    Der ›höh'ren Justiz‹ zurückgezogen,
    Von deinem Königsstuhle zu Rhense
    Zogst du nach Treptow an der Tollense,
    Hinter dir liegt die Welt des Scheins,
    Und so fehlt deinem Glücke nur noch eins:
    Nimm auch ein Weib (aber von den gelinden,
    In Treptow wirst du dergleichen finden).
    Ich bin dir in solchem Unterfangen
    Mit gutem Beispiel vorangegangen.
    Und glaube mir – kann ich doch jetzt vergleichen –,
    Man siegt nur noch in diesem Zeichen.
     
    Gestatte mir, dir ein Bild zu geben
    Von meinem früh'ren und jetzigen Leben.
     
    Ich hielt es aufrichtig mit Schelling und Hegel,
    Jetzt bin ich für Pankow, Schönhausen, Tegel,
    Ich hielt es früher mit Wieland und Herder,
    Jetzt bin ich für Sacrow und Pichelswerder,
    Sonst macht' ich vor Goethe die tiefsten Diener,
    Jetzt bin ich für Putlitz, Moser, Lubliner.
    O lern' auch du hinter derlei Sachen
    Ein großes Fragezeichen machen
    Und empfang am Tage der Grogs und Pünsche
    Zunächst meine herzlichsten Neujahrswünsche,
    Dazu den Zuruf, der immer frommt:
    ›Isolan, Ihr kommt spät, jedoch Ihr kommt.‹«
     
     
Wurzels
    (Berliner Ehedialoge)
     
    »Wurzel, wir wollen nun an die See,
    Heute (als letztes noch) koch' ich Gelee,
    Friederike bleibt und sorgt für Torf, –
    Ich denke: wir gehen nach Heringsdorf.«
     
    Ahlbeck.
     
    »Wurzel, mit Hermann wird es nun Zeit,
    Alles hier draußen ist freilich so weit,
    's Gymnasium auch (und täglich zweimal),
    Aber mit Pferdebahn ist es egal,
    Ich denke mir also: Joachimstal.«
     
    Steglitz.
     
    »Wurzel, der Winter ist nun bald da,
    Mir graut schon vor dem Gesellschaftstrara,
    Aber was hilft es (sie reden

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