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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sagte, nahm er aus der Schreibtischschublade einen schönen Brieföffner aus Elfenbein und tippte ihn gegen seine Hand. »Sie wissen, daß die besten Stücke dieser Auktion aus der in den dreißiger Jahren zusammengetragenen Privatsammlung eines berühmten ungarischen Luftpost-Spezialisten namens Zoltan Szarek kamen. Szarek veröffentlichte 1935 ein Luftpost-Handbuch, das seit langem vergriffen und heute sehr gesucht ist. Diese Auktion, bei der seine Briefmarken unter den Hammer kamen, zerstörte eine der größten Sammlungen der Welt.« Er drehte den Brieföffner herum. Eine Seite barg eine kleine Federmesserklinge. Er klappte die Klinge heraus, und zu meiner Überraschung schnitt er den kostbaren ParaguayUmschlag auf.
Da ich nun gesehen hatte, welche Leidenschaften diese Gegenstände der Philatelie in Männern wie Staiger erregten, verblüffte mich dieser Vandalismus. Aber eine weitere Überraschung stand mir bevor, denn in dem blauen Umschlag befanden sich zwei Fotos in der Größe von Paßbildern. Die Fotos waren offensichtlich neueren Datums. Die Leute waren gealtert, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, und die Fotos waren stumpf und ohne echte Schwarztöne, denn sie waren auf die Sorte grautoniges Fotopapier abgezogen, das man in Ländern verwendet, die sich nicht viel Silber leisten können. Er legte sie auf die Schreibtischunterlage vor mir. »Kennen Sie diese Leute?« Zwei Personen starrten mich an: ein Mann und eine Frau. Die eine war ein KGB-Agent, der sich Erich Stinnes nannte. Der Mann, dessen Bild Bower mir in Berlin gezeigt hatte. Hier posierte er steif. Die andere Person war meine Frau. Das war nicht alles. Die »Verstärkung« des Umschlags bildeten zwei Ausweiskarten. Sie waren rosa. Beide waren auf den groben Karton gedruckt, auf dem der endlose osteuropäische amtliche Papierkrieg hauptsächlich stattfindet. Jede der beiden Karten war ein Visum für eine bestimmte Reise. Eine Person, eine Reise, eine Einreise in die sozialistische Volksrepublik, eine Ausreise. Der Gummistempel war derjenige der »Statni Tajna Bezpecnost« des Tschechoslowakischen Geheimen Sicherheitsdienstes. Eine der Karten zeigte das Foto Staigers, die andere meins.

10
    Die Gegend der Tschechoslowakei, an die Österreich im Norden grenzt, ist Mähren. Überraschenderweise ist das nur eine kurze Autotour von der Wiener Innenstadt. Oder wäre es gewesen, wenn wir nicht in das Haydn-Festival hineingeraten wären. Endlich an der Grenze, winkte Staiger den österreichischen Beamten nur mit seinen Papieren, und schon ließen sie uns passieren. Am Kontrollpunkt auf der Seite der CSSR freilich ging es anders zu.
    Es ist dort viel los, denn der Grenzübergang liegt an der direkten Route von Wien nach Prag und weiter nach Berlin. Hier, durch die Lücke zwischen Alpen und Karpaten, bringt der Wind von der russischen Steppe plötzliche Temperaturstürze und beißt einen selbst durch die wärmste Kleidung bis ins Mark. Außer den Autos standen hier heute an die zwanzig schwere Sattelschlepper aus allen Ecken Europas Schlange. In ihren Kabinen hinter festgeschlossenen Fenstern dösten, schwatzten oder lasen die Fahrer und warteten geduldig darauf, daß sie an die Reihe kämen in der großen graugestrichenen Baracke, wo die Frachtbriefe und Kraftfahrzeugpapiere langsam gelesen, unaufhörlich angezweifelt und schließlich widerwillig abgestempelt wurden von uniformierten Bürokraten, Männern mit Knopfaugen, Tintenfingern und gut geölten Pistolen.
    Baron Staiger alias Otto Hoffmann, der an diesem Morgen ein Toupet trug, das ihm welliges, dunkles Haar gab, hatte mich aus dem Hotel abgeholt, wo ich nach meinem Besuch bei ihm den Rest der Nacht verbracht hatte. Wir saßen in einem weißen Subaru, der wie ein Jeep und unter den hier versammelten Ostblockfahrzeugen ziemlich exotisch aussah. Da waren schlammbespritzte Ladas, Wartburgs mit stinkenden Zweitaktmotoren, ein frischgespritztes rosa Skoda-Kabriolett sowie ein wunderbarer alter Tatraplan mit der langen Flosse, die die Luftkanäle zur Kühlung des Heckmotors markiert. Mit gebieterischer Rücksichtslosigkeit gegen die anderen Fahrer fuhr Staiger zur Spitze der Schlange und parkte sorglos neben der verglasten Schachtel, aus welcher ein halbes Dutzend tschechische Beamte die Landschaft mit unbeeindruckbarer Verachtung musterte.
    Staiger sagte: »Warten Sie im Wagen« und ging zu dem Posten, mit dem er gleich eine lebhafte Unterhaltung begann, wobei er auf die rosa Ausweiskarten klopfte. Was

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