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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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würden, um einen anderen zu retten. An diese sieben Männer verteilte der Bote jeweils ein mächtiges Talent. Dem Ersten überreichte er die Gabe des Heilens. Gegen viele Erkrankungen gab es damals noch kein Mittel und verschiedene Viren bedrohten das Überleben der menschlichen Rasse. Dem Zweiten schenkte der Bote die Fähigkeit des Fühlens. Er sollte sich in die Menschen hineinversetzen können und in der Lage sein, sie zu verstehen. Dem Dritten gab der Bote das Talent, in die Zukunft zu sehen, sodass er die Menschen warnen konnte, wenn wieder eine Katastrophe bevorstand. Die vierte Gabe, die der Bote verteilte, war die Besonderheit der Hexerei. Sie sollte dazu dienen, die Menschen zu beschützen. Die fünfte Gabe bestand aus der Kraft des Feuers. Der auserwählte Mann konnte durch bloße Willenskraft ein Feuer entzünden, denn Strom gab es damals noch nicht und im Winter erfroren viele Leute. Der sechste Mann erhielt die Fähigkeit, einen Geist zu beschwören. Durch das Wissen der Toten klärten sich viele Gräueltaten auf. Und das letzte Talent, das der Bote verteilte, war die Macht, die Gestalt zu wechseln. Wenn es darum ging, einen Menschen vor dem Ertrinken zu retten, so war es unglaublich nützlich, sich in einen Wal zu verwandeln, und wenn es darum ging, ein Rind zu erlegen, damit die Menschen etwas zu essen bekamen, so konnte der Gestaltwandler blitzschnell zu einem Löwen werden.«
    »Es gibt Gestaltwandler?« Anna fing Marlas Blick auf. Sie versuchte, sich bildlich vorzustellen, was die Hexe erzählte. Solche Geschichten eigneten sich hervorragend für ein Gruselfeuer. Nur dass es diesmal die Realität darstellte.
    »Ja, auch die gibt es«, antwortete Marla lächelnd.
    »Aber es waren nur sieben Männer, die der Bote in deiner Geschichte mit einem Talent ausstattete. Wie können wir dann so viele sein?« Anna erinnerte sich, dass Eva ihr erzählt hatte, es gäbe etwa 60.000 talentierte Menschen.
    »Das ist richtig. Die Geschichte ist ja auch noch nicht beendet. Diese sieben Männer, ausgestattet mit den unterschiedlichen Begabungen, gingen los, um die Menschheit zu retten und es glückte ihnen. Aber Gott hatte den Menschen zu sehr vertraut, denn er hatte eins nicht bedacht: Einen ehrenwerten und guten Vorfahren zu haben, machte nicht gleich alle Söhne und Töchter zu anständigen Personen. Die Talente aber wurden auf die Nächsten weitervererbt und genetisch weitergegeben. Jedes Kind, Enkelkind und so weiter erbte die besondere Begabung. Viele dieser Erben setzten ihre Macht falsch ein und sie wurden zur Bedrohung. Es dauerte Jahrzehnte, bis Gott dem Ganzen einen Riegel vorschob. Er sandte seinen Boten erneut auf die Erde, er sollte dort verweilen, um über die Begabungen zu wachen. Weil sich die Talentierten aber nicht von ihm ins Gewissen reden ließen und weiter ihre Macht demonstrierten, scheiterte der Bote an seinen Versuchen. Gott wurde sauer und nahm den Menschen die Möglichkeit, die Fähigkeiten auf dem genetischen Weg weiterzureichen. Seither können wir unsere Kräfte nur noch durch ein Testament vererben und Gott verlässt sich auf uns, dass wir mit Sorgfalt unsere Nachfahren wählen.«
    »Was ist aus dem Boten geworden?«, fragte Anna.
    »Er blieb noch eine Weile auf der Erde und passte weiterhin auf. Als alles wieder in geregelten Bahnen verlief, holte Gott seinen Engel zurück in den Himmel. Seine Nachkommen wachen noch heute über die Talente. Man sagt, sie sind unser Beirat.«
    »Wow, eine ziemlich interessante Geschichte.« Anna ließ das Erzählte auf sich wirken. Sie beobachtete ein Flugzeug am Himmel, das in Richtung Süden flog. Es hinterließ weiße Kringel, die sich zu den wenigen Wolken gesellten.
    »Ob es tatsächlich so war, weiß ich nicht. Es wird aber von allen Talentierten so weitergegeben.«
    Anna gehörte nicht zu den besonders gläubigen Menschen. Aber irgendwoher mussten die Fähigkeiten stammen und die Geschichte gefiel ihr.
    »Verstehst du jetzt, warum der Beirat dir dein Talent nicht nehmen wird? Eva hat dich auserwählt und beschlossen, dass du ein vertrauensseliger und guter Mensch bist. Du musst ihr Erbe fortführen und du musst achtsam damit umgehen. Es ist Gottes Wille.«
    Anna nickte, während sich eine Gänsehaut über ihre Arme zog. »Vermutlich hast du recht.« Die Vorstellung, dass Eva sie für gut hielt, bewirkte, dass sich eine wohlige Wärme in der Brust ausbreitete. Evas Vertrauen ließ ein paar Glückshormone durch ihren Körper tanzen.
    »Hast du

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