Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
mich. Aber so leicht gebe ich nicht auf. 170 cm und 60 Kilo Lebendgewicht sind perfekt. Und inzwischen laufe ich auf diesen brutalen High Heels, als hätte ich mein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht. Ich habe nämlich den Bogen raus.
Mit einem süffisanten Lächeln beuge ich mich ins Schaufenster, fische den Schleier da raus, setze ihn mir auf den Kopf und verlasse den Laden. Scham kann ich mir in meiner Situation nicht leisen. Ich stelle mir einfach vor, ich wäre eine Schauspielerin, die eine Rolle in meinem Liebesfilm spielt und laufe aus dem Laden. Mitten auf dem Gehweg stelle ich mich auf, kippe die Hüften nach vorn und stemme die Hände in die Taille. Ich bin in Paris. Da darf man verrückt sein.
Die Menschenmenge teilt sich.
Und ich stolziere schwungvoll und hoch erhobenen Hauptes über den Gehweg. Und wieder zurück. So wie ich das im Fernsehen tausendfach gesehen habe. Bei der Wende lasse ich Schleier und Haare fliegen und lächele, was das Zeug hält.
Als ich wieder in den Laden zurückkehre, folgt mir tosender Applaus.
„Für 250 Euro bist du dabei, sagt Claude, aber nur zur Probe“, die kleine Assistentin sieht mich schief an, „wenn du damit einverstanden bist, solltest du dich innerhalb der nächsten dreißig Sekunden anziehen und in den Bus steigen, der gerade vor dem Laden hält.“
„Ich zahle doch nicht 250 Euro, damit ich ...“, beginne ich.
„Die musst du nicht zahlen“, unterbricht mich Mel. Sie wirft mir mein rosa Kleid zu und hilft mir in die rosa Pumps. „Das Geld kriegst du, wenn du heute Abend läufst. Über den Laufsteg selbstverständlich. Zusammen mit mir.“
Mir ist klar, dass ich nicht zu sagen brauche, dass ich das noch nie gemacht habe, dass ich nur sehr ungern im Rampenlicht stehe, weshalb ich mich für einen Beruf hinter den Kulissen entschieden habe. Es wird Zeit, erwachsen zu werden , zische ich mir selbst zu, kralle mir das rosa Mäntelchen und setze mich neben Mel in den über und über mit Ballkleidern, Kisten, Kästen und Leuten, die ich nicht kenne, beladenen Kleinbus.
Kapitel 6
„ Es ist immer dasselbe“, mault Mathis. „Immer kommt im letzten Moment Hektik auf. Und immer hätten wir das Theater im Vorfeld vermeiden können.“
„Wir hätten einfach ein paar Helfer mehr bestellen sollen“, stimmt Gabriel zu und schlägt mit zwei Schlägen einen Nagel in die Wand. Dabei bröselt eine gewaltige Ladung Putz auf den verblichenen Marmorboden, die er ohne zu murren aufkehrt. Feger und Kehrblech hat er vorsorglich gleich mitgebracht.
„Ich hatte ein paar Helfer mehr bestellt. Dein Fahrer hat vergessen, sie am vereinbarten Treffpunkt einzusammeln.“ Er gibt einem jungen Typen in Blaumann Anweisung, ALLE Heizpilze im Hof aufzustellen und sie regelmäßig zu verteilen und dabei NIE wieder über den roten Teppich zu latschen. Dann schnappt er sich selbst den Industriestaubsauger und fährt damit über den Teppich, der sich von einer bis zur anderen Ecke quer über den Schlosshof erstreckt.
Seit dem Morgen ist er nonstop im Einsatz. Nicht, dass ihm die Arbeit etwas ausmachen würde, aber er hatte sich für heute etwas anderes vorgenommen. Einen Plan hatte er sich zurechtlegen wollen. Einen Plan zur Eroberung seiner schönen Cousine. Dieses Vorhaben war eindeutig ins Wasser gefallen. Und alles nur wegen der Schusseligkeit von dem Kerl, den Gabriel als Fahrer engagiert hatte. Gabriel hätte den Fahrer kontrollieren müssen. Oder er selber.
Inzwischen treibt Jade sich schon wieder mit dem Kommissar herum, wie er von Gabriel weiß. Und er sitzt hier fest. Was kümmert sein Freund sich eigentlich noch um Jade? Er hatte ihm geholfen. Aber die Geschichte ist vorbei. Er ist Gabriel dankbar für die Hilfe. Doch es besteht überhaupt kein Anlass mehr, Jade zu nachzuspionieren. Heute Abend werden sie auf der Vernissage ein Geheimnis bekannt geben, das morgen in den Zeitungen steht.
„Mach’ mal ein freundliches Gesicht“, ruft Gabriel ihm zu. „Die Fotomontagen hängen. Die Preisschilder sind dran. Die Heizpilze glühen. Das Buffet wird gerade geliefert und die Kellner sind auch soeben eingetroffen. Sogar diese arrogante Ziege von der Vogue ist schon mit ihrem Fotografen eingetroffen.“
„Und ich bin fertig mit dem Saugen“, knurrt er.
„Mir ist klar, dass du lieber anderweitig saugen würdest“, grinst Gabriel. „Aber sieh es mal so: Eine bessere Chance, mit deinen Fotomontagen Furore zu machen, kannst du nicht kriegen. Ab morgen kümmerst du dich
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