Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
Minuten fertig bin und es immer noch zu früh ist, um bei der Zeitung anzurufen.
Oh. Mann. Wenn ich da nicht wirklich was Interessantes erfahre, dann soll Gabriel verflucht sein.
Ich fahre wieder hoch auf mein Zimmer, lese mir mein Drehbuch durch. Jawohl, den Film würde ich gern im Kino sehen. Ich klemme mir meinen Laptop unter den Arm, fahre runter ins Büro und schließe ihn am Drucker an. Neunzig Seiten spuckt der Laserdrucker aus. Neunzig Seiten, neunzig Minuten Film. Das ist perfekt.
Noch eine gute halbe Stunde bis um neun.
Ich hole mir noch einen Café aus der Hotelküche, stopfe mir bei der Gelegenheit auch gleich noch ein Mini-Croissant rein und suche im Internet nach den Adressen der Pariser Filmproduktionsgesellschaften, denen ich mein Drehbuch gern verkaufen würde. Auch das geht ratzfatz. Zwei sind es. Ich schreibe mir die Adressen raus, sehe bei Google Maps nach, wie ich hinkomme. Und dann drucke ich das Drehbuch noch einmal aus. Die beiden Papierstapel verpacke ich in dicke, braune Umschläge und schreibe die Adressen drauf. Ich werde persönlich dahin gehen und die Drehbücher abgeben.
Verdammt, ich bin schon wieder fertig.
Noch fünf Minuten.
Francis aus der Beschaffung kommt. Er grüßt mich freundlich und fragt, ob mit dem Dienstcomputer, den ich gestern in irgendeinem Pariser Computerladen abgeholt habe, alles in Ordnung ist. Ja, alles in Ordnung. Ich grüße freundlich zurück.
Um zwei vor neun halte ich es nicht mehr aus. Die Telefonnummer der Zeitung liegt vor mir und ich greife zum Hörer.
„Es tut mir leid, dass ich so früh anrufe“, entschuldige ich mich, als sofort jemand dran geht.
„Kein Problem. Wir sind seit sechs hier. Wie kann ich Ihnen denn helfen?“
Grmpf . Seit sechs. Na super. „Bonjour. Aurore Dechamps am Apparat. Ich hätte gern mit Robert Dilles gesprochen.“ Der Name meiner Mutter kommt mir überraschend leicht über die Lippen.
Die Frau am anderen Ende der Leitung lacht lauthals los. „Aurore! Ich hab e deine Stimme erst gar nicht erkannt. Du klingst so dumpf. Na, du bist vielleicht eine Ulknudel! Warte, ich verbinde dich mit George.“
Mit George? Hatte ich nicht Robert Dilles gesagt?
Es kracht in der Leitung.
„ Aurore? Was willst du denn so früh von mir?“, ertönt eine gehetzte Männerstimme.
„Ich will gar nichts von dir“, gebe ich zurück. Abwartend, ob er den Schwindel bemerkt. Tut er aber nicht.
„Umso besser. Von wo rufst du eigentlich an? Du klingst so komisch.“
„Ich bin in einem Hotel. Ich wollte mit Robert sprechen“, entgegne ich mit fester Stimme.
„Mit welchem Robert?“
„Robert Dilles.“
„Mann, Aurore“, poltert George, „du machst Witze. Sag’ schon, was du willst.“
Ich stutze kurz, mache dann aber weiter mit der Nummer.
„Jetzt verbinde mich bitte mit Robert“, wiederhole ich das Anliegen meines Anrufs, obwohl mir so langsam schwant, dass hier irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. „Es ist wirklich wichtig.“
„Sag’ mal, hast du getrunken? Dein Witz ist nicht wirklich witzig.“
„Ich verstehe nicht.“
„ Bisher kamst du mir immer ganz helle im Köpfchen vor, Aurore. Aber wenn du dich selbst sprechen willst, dann stell dich vor einen Spiegel.“ George klingt wie ein kleiner Hund, der einen anderen Hund anknurrt und legt dann auf.
Verdutzt starre ich auf den Telefonhörer. Als ob der verstehen würde, was hier vor sich geht.
„Wenn du dich selbst sprechen willst ...“, wiederhole ich, was dieser George gesagt hat.
In dem Moment, in dem Mel mit zwei Café au Lait zur Tür hereinspaziert, kapiere ich es endlich. Ich schlage mir mit der flachen Hand an die Stirn und sage: „R. D. – das heißt gar nicht Robert Dilles. Es bedeutet: Rosalie Dechamps.“
„ Bonjour“, sagt Mel fröhlich und reicht mir einen Café. „Du führst Selbstgespräche?“
„Danke und Bonjour“, grüße ich zurück. „Ich bin gerade auf etwas sehr Interessantes gestoßen.“
„Muss ich das verstehen?“ Mel hängt den merkwürdigen Dufflecoat in den Schrank, den sie heute trägt, und den außer ihr sicher kein Mensch anziehen würde, wenn er die Wahl hätte, in einen anderen Mantel zu schlüpfen.
„Bei der Le Monde“, erkläre ich, „gibt es einen Reporter mit den Initialen R.D. Bisher glaubte ich immer, das es Robert Dilles bedeutet. Aber das stimmt nicht. Es heißt Rosalie Dechamps. Rosalie ist der zweite Vorname meiner Mutter. Aurore Rosalie Dechamps. Mutter arbeitet immer mit Pseudonymen. Dieses
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