Gefaehrliche Begegnungen
unterhalten und dabei auch über mein Interesse gesprochen, als Berater zu arbeiten. Und als er das gehört hat, hat er mir das Programm vorgestellt und mir erzählt, dass er gerade verzweifelt nach Freiwilligen sucht, die ihn dabei diesen Sommer für eine oder zwei Wochen unterstützen–«
»Aber du fliegst doch Samstag nach Hause«, sagte ihre Mutter und sah immer unglücklicher aus. »Wann hättest du denn überhaupt Zeit dafür?«
»Naja, das ist ja genau das Problem«, sagte Mia und hasste sich dafür, dass sie derart log. »Ich denke nicht, dass ich dieses Wochenende nach Hause kommen kann, nicht wenn ich an diesem Programm teilnehme–«
»Was? Was meinst du damit, dass du dieses Wochenende nicht nach Hause kommen kannst?« Jetzt schien ihre Mutter wütend zu werden. »Du hast doch schon das Ticket und alles! Und was wird dann überhaupt aus deinem Praktikum in dem Lager? Solltest du da nicht Montag anfangen?«
»Ich habe schon mit dem Lagerleiter gesprochen«, log Mia weiter. »Er ist einverstanden, meinen Beginn um zwei Wochen nach hinten zu verschieben. Ich habe ihm die ganze Sache erklärt und er war sehr verständnisvoll. Und mein Professor hat mir versichert, dass er mir die Kosten für das Ticket erstatten und mir außerdem das neue bezahlen wird–«
»Na das ist ja auch das Mindeste, was er tun konnte. Was ist denn mit dem Geld, was du während der zwei Wochen Praktikum verdient hättest?« fragte ihre Mutter verärgert. »Und was ist mit der Tatsache, dass wir dich seit März nicht gesehen haben? Wie konnte er dich bloß in letzter Minute um so etwas bitten?«
»Mami«, sagte Mia in einem flehenden Ton, »das ist wirklich eine tolle Chance für mich. Das ist genau das, was ich später mal machen möchte, und es erhöht deutlich meine Chancen, für mein Aufbaustudium von einer guten Uni angenommen zu werden. Außerdem hat der Professor mir versprochen, mir ein herausragendes Empfehlungsschreiben zu verfassen, wenn ich das mache – und du weißt ja, wie wichtig diese für die Bewerbungen sind...«
Ihre Mutter hörte gar nicht mehr auf zu blinzeln und es glitzerte verdächtig in ihren Augen. »Natürlich«, sagte sie, und ihre Enttäuschung war ihr dabei deutlich anzuhören. »Ich weiß, dass das alles wichtig ist... Wir haben uns nur so sehr darauf gefreut, dich Samstag endlich wieder zu sehen und jetzt das–«
Jedes Wort ihrer Mutter war wie ein Messerstich für Mia. »Ich weiß Mami, das tut mir auch wirklich unwahrscheinlich leid«, sagte sie und blinzelte um ihre eigenen Tränen zurück zu halten. »Wir sehen uns in ein paar Wochen, okay? Das wird gar nicht so schlimm werden. Du wirst schon sehen...«
Ihre Mutter schniefte leise. »Also dann kein Familienessen am Sonntag nehme ich an.«
Mia schüttelte bedauernd den Kopf »Nein...aber in zwei Wochen machen wir eines, ja? Ich koche auch und so–«
»Ach komm Mia, du könntest nicht mal kochen wenn dein Leben davon abhinge!« sagte ihre Mutter gekränkt, musste dann aber doch ganz leicht lächeln. »Ich habe noch nie jemanden außer dir getroffen, der kein Wasser kochen kann–«
»Wasser kann ich jetzt aber kochen«, sagte Mia zu ihrer Verteidigung. »Ich habe die letzten drei Jahre alleine gelebt wie du weißt und ich kann sogar Reis kochen–«
Das kleine Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. »Wow, Reis? Das ist natürlich wirklich ein gewaltiger Fortschritt«, sagte ihre Mutter und konnte sich kaum das Lachen verkneifen. »Ich weiß wirklich nicht was du machen wirst wenn du jemanden kennen lernst...«
»Ach Mami, nicht schon wieder das Thema«, stöhnte Mia.
»Aber es stimmt nun mal. Männer mögen es immer noch wenn die Frau gut kochen und den Haushalt führen kann–«
»Und waschen kann und überhaupt ein guter Haussklave ist und blah, blah, blah«, beendete Mia den Satz und rollte mit den Augen. Ihre Mutter hatte manchmal wirklich erstaunlich altmodische Ansichten.
»Genau. Hör auf mich, denn ansonsten wirst du dein ganzes Leben lang Essen zum Mitnehmen kaufen oder beim Bringdienst bestellen müssen, außer du findest einen Mann, der gerne kocht«, sagte ihre Mutter in einem Unheil verkündenden Ton.
Mia zuckte mit den Schultern und biss sich auf die Innenseiten ihrer Wangen um nicht in ein leicht hysterisches Gelächter ausbrechen zu müssen. Die Ironie des Ganzen war, dass sie genauso einen Mann ja schon gefunden hatte – er war nur leider nicht menschlich. Sie fragte sich, was ihre Mutter wohl sagen
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