Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
die die Stadt zu bieten hatte, in vollen Zügen.“
Sarah Wyatt schien eine recht selbstsüchtige Person gewesen zu sein. Aber Madeline biss sich auf die Lippe und hielt ihre Meinung zurück.
„Ungefähr zwei Wochen nach der Beisetzung wurden Gerüchte laut, die bis nach Trethevyn drangen. Man hatte Sarah häufiger in Cyril Farquharsons Begleitung gesehen, als es sich ziemte, und das Verhalten der beiden gab Anlass zu Klatsch. Meine Mutter bestand darauf, dass ich nach London zurückkehrte und Sarah zur Rede stellte.“
„Also bist du gefahren.“
Lucien nickte. „Ich stellte fest, dass Sarah völlig von Farquharson betört war. Sie wollte nichts mehr als so bald wie möglich seine Frau werden.“
Ein Schauder überlief Madeline. „Sie hätte ihn aus freien Stücken geheiratet?“, fragte sie ungläubig.
„In der Tat, ja“, erwiderte Lucien mit erstaunlicher Ruhe. „Sie erklärte mir, ich könne sie wegen der gebrochenen Verlobung verklagen, wenn ich wolle, aber nichts würde sie von ihrer Liebe zu Farquharson abbringen.“
„Madeline schüttelte fassungslos den Kopf. „Liebe? Wie kann man einen solchen Mann lieben?“
Lucien zuckte die Achseln. „Sie kannte ihn kaum. Und sie liebte nicht Farquharson, sondern das Trugbild, das er ihr von sich vorgaukelte.“
„Was passierte dann?“
Lucien biss die Zähne zusammen und schwieg. „Es ist wohl an der Zeit, über meine Schuld zu sprechen, Madeline“, begann er schließlich. „Wenn ich mich anders verhalten hätte, würden Sarah und meine Mutter noch leben.“ Der Blick seiner blauen Augen suchte ihren, hielt ihn fest. „Ich trage die Verantwortung für Sarahs Tod. Nachdem sie ihr Verlöbnis mit mir gelöst hatte, setzte ich sie vor die Tür, schickte sie zu Farquharson und erklärte ihr voller Hohn, dass ich auf eine Klage verzichte, weil ich sie gar nicht wolle. Ich habe Farquharson nicht einmal zum Duell gefordert.“
„Aber du hast ihn angeschossen. Ich dachte …“
Lucien schüttelte verneinend den Kopf. „Das war später, nachdem ich wusste, was er ihr angetan hatte.“ Schmerz machte sich auf seinen Zügen breit. „Ich habe sie in den Tod getrieben, Madeline. Dass sie starb, ist meine Schuld.“
„Nein! Sie liebte ihn, bestand darauf, ihn zu heiraten. Du hast nichts falsch gemacht.“
„Sie war ein unreifes junges Mädchen. Sie konnte nicht wissen, was für ein Ungeheuer Farquharson ist.“
„Wusstest du es?“
„Ich fand ihn immer widerwärtig. Aber das ganze Ausmaß seiner Verkommenheit kannte ich nicht. Nicht zu diesem Zeitpunkt.“
„Lucien, was hättest du tun sollen? Sarah in eine Ehe zwingen, die sie um keinen Preis wollte?“ Die Umstände ihrer eigenen Heirat fielen ihr ein.
„Nicht einmal, um sie zu schützen?“, fragte Lucien zurück. „Um ihr Leben zu retten?“
An der Härte in seiner Stimme konnte Madeline erkennen, dass auch er an ihre Vermählung dachte. Das Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals. „Wie du das meine gerettet hast“, wisperte sie und senkte den Blick. „Wie starb sie?“
„Qualvoll.“ Sie hörte, wie er tief Luft holte und geräuschvoll den Atem ausstieß. „Cyril Farquharson …“
Ein Klopfen ertönte.
Madeline fuhr erschrocken zusammen. Lucien wandte sich um. „Herein.“
Die Tür wurde leise geöffnet, und Norton erschien auf der Schwelle. „Ich bedaure, Sie stören zu müssen, Mylord, aber Lord Salcombe ist soeben eingetroffen und wartet im Empfangssalon.“ Der Butler verneigte sich leicht. „Vielleicht sollte ich anmerken, dass Seine Lordschaft zu Pferde kam und nur von seinem Kammerdiener begleitet wurde.“
Eine ungute Ahnung beschlich Lucien. „Ich komme sofort.“ Als der Bedienstete die Tür hinter sich geschlossen hatte, drehte Lucien sich zu Madeline. „Es scheint, als müssten wir unsere Unterhaltung unterbrechen. Guy würde nicht unangemeldet kommen, und schon gar nicht zu Pferd und zu dieser späten Stunde, wenn nicht etwas Dringendes dahintersteckte. Vielleicht wäre es besser, wenn du nach oben gingst.“
Ein Ausdruck von Verletztheit huschte über ihr Gesicht. „Mein Bruder wird nicht offen sprechen, wenn du dabei bist, und ich muss wissen, weshalb er hier ist.“ Lucien drückte ihr beruhigend die Hand und stand auf. „Guy verlässt London nicht ohne einen guten Grund.“
Madeline erhob sich ebenfalls. „Du hast recht. Die Sache scheint ernst zu sein.“
„Das fürchte ich auch. Geh in dein Zimmer …“ Er sprach ruhig und verschränkte seine
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