Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
Tod fand. Verzweifelt schob Lucien den Gedanken an die Torturen, denen Farquharson sie unterwerfen würde, beiseite, versuchte, seinen Zorn zu bändigen und so schnell wie möglich nach Trethevyn zu kommen.
Der Mond, der hoch am Himmel stand, erhellte seinen Weg und gestattete ihm, Nelson in einer Weise anzutreiben, wie er es unter normalen Umständen auf der unbefestigten Straße entlang des Moors nicht getan hätte. Aber gleichgültig, wie scharf er ritt, er würde nicht rechtzeitig da sein. Die Entfernung, die sich vor ihm erstreckte, war zu groß, und er war zu langsam. Er näherte sich Camelford, als er sich plötzlich vor einer undurchdringlichen Nebelbank wiederfand. Er zügelte Nelson hart. „Zum Teufel, nicht das auch noch!“ Sein Atem kam in kurzen, abgehackten Stößen. Schweiß rann ihm von der Stirn. Um ihn war nur geisterhafte Stille.
Nur eine kleine Dunstschwade, sagte er sich. Er musste lediglich hindurchreiten. Der Nebel würde sich so rasch verflüchtigen, wie er gekommen war. „Keine Angst, Nelson“, redete er seinem Pferd gut zu und schnalzte ein paarmal beruhigend mit der Zunge. Doch der Wallach ließ sich weder durch die Laute, auf die er sonst stets reagierte, noch durch den leichten Druck von Luciens Waden dazu bewegen, auch nur einen weiteren Schritt vorwärts zu tun. Stattdessen begann er zu schnauben, legte die Ohren an und tänzelte auf der Stelle.
Auf einmal war in der Ferne ein Wiehern zu hören. Nelson stellte die Ohren auf. Lucien steuerte das Pferd ein paar Schritte rückwärts und ließ seinen Blick über die Moorlandschaft schweifen. Schließlich entdeckte er die Silhouette eines einsamen Reiters zu seiner Linken.
Er griff nach seiner Pistole. Die schwarze Gestalt kam auf ihn zugeritten. Eine weitere Falle? Einer von Farquharsons Kumpanen? Aus der Entfernung sah es so aus, als trüge der Mann einen altmodischen Dreispitz. Dann erhob der Fremde die Stimme. Sie war tief und melodisch, und der Mann sprach mit starkem kornischen Akzent. „Wenn einem daran gelegen ist, sein Ziel schnell zu erreichen, reitet man am besten durchs Moor. Das dauert dann höchstens eine Stunde … vorausgesetzt, man ist ein guter Reiter und kennt die Gegend. Ich reite übrigens selbst da lang, falls Sie Lust haben, sich mir anzuschließen.“ Und schon setzten Ross und Reiter ihren Weg fort.
Bei allem gebotenen Misstrauen wusste Lucien, dass der Fremde recht hatte. Er mochte ein Halsabschneider und Wegelagerer sein, doch Lucien war bereit, das Risiko einzugehen und ihm zu folgen. Wenn er Madeline nicht rechtzeitig zu Hilfe kam, war alles andere sowieso ohne Bedeutung. Er stieß Nelson die Absätze in die Flanken und galoppierte dem Unbekannten hinterher.
Sie ritten durch die karge Landschaft, übersprangen Hecken und Bäche, warfen große Klumpen Erde hinter sich auf, alles in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit, und die ganze Zeit versuchte Lucien, den anderen Reiter nicht aus den Augen zu verlieren. Sein Herz trommelte im gleichen Rhythmus wie die Pferdehufe, und eine Stimme in seinem Kopf wiederholte unablässig Madelines Namen. Madeline. Madeline. Madeline. Schließlich sah er schwache Lichter in der Ferne und wusste, bald würde er Trethevyn erreicht haben.
Der fremde Reiter war verschwunden.
Als Madeline schließlich sah, dass sich der Türknauf drehte, verspürte sie eine eigentümliche Erleichterung. Das Warten hatte ein Ende. Die Tür öffnete sich geräuschlos, und eine schattenhafte Gestalt trat in den Raum. Aufmerksam verfolgte sie, wie Cyril Farquharson durch den Raum schlich. Er erschien ihr kleiner, als sie ihn in Erinnerung hatte, aber sogar im Mondlicht, das die Farben zu dämpfen pflegte, waren seine Haare noch erkennbar rot. Seine Gesichtshaut wirkte unnatürlich weiß. Vor ihrem Bett hielt er inne, aus dem Konzept gebracht durch die Tatsache, dass es leer war. Dann, als sei er wirklich ein Fuchs, hob er witternd den Kopf und drehte sich in ihre Richtung.
Ihre Blicke begegneten sich.
Seine Körperhaltung verriet, dass er auf der Hut war, nachdem er die Situation nicht so vorgefunden hatte wie erwartet. Er sah sich verstohlen um, wie um sich zu vergewissern, dass er nicht in eine Falle getappt war.
„Da sind Sie also“, sagte Madeline. Ihre Stimme klang merkwürdig gelassen.
„Madeline“, flüsterte er heiser.
„Ich weiß nicht, ob ich noch länger hätte warten können.“
Er erstarrte, und sie konnte beinahe sehen, wie sich Verwirrung auf seinen Zügen malte.
Weitere Kostenlose Bücher