Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
auch. Und sie war entschlossen, Cyril Farquharson entgegenzutreten und seinem wahnsinnigen Tun ein Ende zu setzen.
Wie ein Schatten bewegte Cyril Farquharson sich an der Außenwand entlang, lautlos und unbemerkt. Das Glück war ihm hold – jemand im Haus hatte unachtsamerweise eine der französischen Türen im Erdgeschoss einen Spaltbreit offen stehen lassen. So blieb es ihm erspart, unnötigen Lärm zu verursachen, wenn er eine Scheibe einschlug, um an den Knauf zu gelangen. Vorsichtig schob er die hohe Glastür auf und trat in den Raum.
Farquharson wusste, dass er sich in der Bibliothek befand. Er grinste in sich hinein. Die Befragung von Salcombes Kammerdiener hatte sich als ausgesprochen ergiebig erwiesen. Mit seinen Auskünften über die Anordnung der Zimmer würde es ein Leichtes sein, sich im Haus zurechtzufinden. Die Uhr auf dem Kaminsims schlug elf. Vorfreude durchströmte Farquharson.
Ohne Zweifel hatte Tregellas inzwischen begriffen, dass er hinters Licht geführt worden war. Wie lange er wohl zwischen den alten Mauerresten herumgestolpert sein mochte, bis es ihm gedämmert hatte, dass der Mann, den er suchte, nicht da war? Dass er allein dort stand. Einen Dreistundenritt entfernt von zu Hause. Farquharsons Grinsen vertiefte sich. Man brauchte nicht viel Vorstellungskraft, um zu wissen, wie Tregellas sich in diesem Moment gefühlt hatte. Außer sich vor Zorn und Angst – Angst um seine schutzlose Gattin.
Prickelnde Erregung ergriff ihn. Tregellas würde das Letzte aus sich und seinem Pferd herausholen, um nicht zu spät zu kommen, wohl wissend, dass er es nicht schaffen konnte. Drei Stunden waren eine lange Zeit, um sich vorzustellen, was derweil mit der eigenen Frau geschah, und die Tatsache zu ertragen, dass man ihr nicht zu Hilfe eilen konnte. Beinahe hätte Farquharson laut aufgelacht. Er war sich sicher gewesen, dass der Earl Madeline niemals mitnehmen würde. Dass er sie stattdessen zu Bett schicken und sie ihm auf diese Weise förmlich auf dem Silbertablett servieren würde.
Madeline. Sie hatte ihm von Anfang an Schwierigkeiten gemacht, ihn vor ganz London der Lächerlichkeit preisgegeben. Und dafür würde er sie nun endlich bestrafen, so wie sie es verdiente. Wie viele Nächte hatte er schlaflos im Bett gelegen und an seinem Plan gefeilt? Wie viele Monate Geduld geübt und sie beobachtet? Seine Vorbereitungen getroffen und auf den rechten Augenblick gewartet? Er hatte der Versuchung kaum widerstehen können, sie schon nach dem Kutschenunfall zu schnappen. Oder sogar noch früher, nach ihrem Besuch bei der kranken Frau am anderen Ende des Dorfes.
Nichts, was sie tat, war ihm verborgen geblieben. Seine Spione befanden sich überall. Er wusste, wann sie im Garten spazieren ging und wann sie sich mit einer Stickarbeit ans Fenster setzte. Nicht einmal ihr nächtlicher Besuch in der Bibliothek ihres Gatten und dessen schroffes Verhalten ihr gegenüber war ihm entgangen. Der gefälschte Brief hatte seine Aufgabe hervorragend erfüllt und einen Keil des Misstrauens zwischen Tregellas und die Frau getrieben, die eigentlich ihm, Farquharson, gehörte.
Er erinnerte sich an ihre goldbraunen Augen, das dunkelblonde Haar, das sie so züchtig zurückgekämmt trug. Madeline Langley war keine Schönheit, aber sie besaß alle Eigenschaften, die er bei einer Frau suchte – Unschuld, Bescheidenheit und, am wichtigsten: Angst. Eine Angst, nach der er förmlich lechzte. Ihre scheue Zurückhaltung verhinderte, dass sie allzu gesellig war. Sie pflegte keinen hirnlosen Unsinn von sich zu geben wie die meisten jungen Damen des ton. Sie schmollte nicht oder stampfte mit dem Fuß auf oder brachte Tränen zum Einsatz. Nicht Madeline Langley. Sie verschwamm einfach mit dem Hintergrund und beobachtete, was um sie herum geschah. Ein Mauerblümchen, das so viel wie möglich von sich verbarg. Und wenn er sich nicht völlig irrte, war die Leidenschaft, die in ihrem ängstlichen kleinen Körper pulsierte, noch nicht zum Leben erweckt worden. Bei dem Gedanken verspürte er ein Ziehen in den Lenden und beschleunigte seinen Schritt.
Lucien biss die Zähne zusammen und trieb Nelson weiter an. Wie hatte er nur so dumm sein können, nicht damit zu rechnen, dass Farquharson ihn aufs Kreuz legen würde! Wusste er denn nicht, dass der Mann heimtückisch und bösartig war?
Nun würde Madeline leiden, weil er sich hatte austricksen lassen. Er war darauf vorbereitet gewesen, selbst zu sterben, aber nicht darauf, dass Madeline den
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