Gefährliche Intrigen
seine Duellpistole als Zeichen seiner Niederlage vor die Füße. Ohne die Waffe oder Daniel eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sich Logan um und stapfte durch das hohe, nasse Gras zu seinem Pferd. Dieses Kapitel seines Lebens war abgeschlossen!
Diese schmerzvolle Niederlage und Logans arroganter Abgang waren zuviel für Daniel, der immer mehr den Verstand zu verlieren schien. Die Schmerzen verhinderten jeden klaren Gedanken, und so handelte er instinktiv. Wie ein verwundetes Tier, das sich dem Untergang geweiht wusste, wollte er seinen Peiniger mit in die Verdammnis reißen.
Ächzend lehnte er sich nach vorne, zog sein Hosenbein ein Stück herauf und schnappte sich die kleine Handfeuerwaffe, die er immer in seinem Stiefel versteckte. Diesmal zitterte seine Hand nicht: Die Waffe verschmolz mit seinem ausgestreckten Arm, als er sein Opfer ins Visier nahm. Der fiebrige Blick, mit dem er genau zwischen Logans Schulterblätter zielte, grenzte an Besessenheit.
Dies alles spielte sich im Bruchteil einer Sekunde ab. Diese kleine Anstrengung reichte aus, Daniel einen Schmerzenslaut zu entringen. Aiden drehte den Kopf in seine Richtung, erfasste dessen Absicht und sah, wie sich Daniels Finger krümmte, als er den Abzug durchdrückte.
Ein Schuss hallte über die kleine Lichtung. Atemlos standen alle Anwesenden da. Der silberne Nebel bedeckte sanft wie ein Federkissen die blutige Szene. In dieser friedlichen Landschaft wirkte der Tod noch grausamer als an anderen, weniger friedvollen Orten. Das Gras rings um den Leichnam war mit Blut getränkt. Aiden zitterte am ganzen Körper. Duncan rannte auf ihn zu, um ihn zu stützen und ihm die Waffe aus der Hand zu nehmen. Aus weniger als einem Meter Entfernung hatte er in letzter Sekunde den heimtückischen Mord an seinem Bruder verhindert, indem er selbst seine Waffe gegen den Cousin seiner Frau richtete. Der Schuss hatte Daniel ins Gesicht getroffen, und ihn sofort getötet. Aiden war mit Blut bespritzt und schaffte es gerade noch, sich zwei Schritte zu entfernen, ehe er sich erbrach.
Logan hatte sich schon ein gutes Stück von der Gruppe entfernt, als jäh ein weiterer Schuss fiel. Er drehte sich um und erkannte, dass Daniel vorgehabt hatte, ihn hinterhältig in den Rücken zu schießen. Eigentlich hätte er mit so einer feigen Attacke rechnen müssen. Er rannte zurück und erreichte seinen Bruder in dem Moment, als dieser würgend seinen Mageninhalt von sich gab. Aiden stand kurz vor einer Panikattacke; er war kein Kämpfer. Aufgrund seiner angeborenen Position hatte er im Leben noch nie nötig gehabt, zu kämpfen. Bestimmt hatte Aiden noch nie zuvor jemanden getötet.
Schnell zog Logan seinen Bruder auf die Beine und den Hang hinunter. Er rannte zum Fluss und sprang mit einem weiten Satz hinein, seinen Bruder noch immer hinter sich her ziehend. Das Wasser war eiskalt. Wie tausend Nadeln stach es ihm in die Haut. Doch ohne zu zögern tauchte er Aiden bis zum Hals hinein. Dieser hustete und rieb mit den Händen immer wieder über seine Kleider. Die beiden Brüder schlotterten vor Kälte, während Logan Aiden das Hemd auszog, damit dieser sich säubern konnte.
Zitternd und am Ende ihrer Kräfte wateten die beiden schließlich zurück zum Ufer. Aiden ließ sich auf einem großen Felsen nieder, und Logan klopfte ihm auf die Schulter.
»Danke, Bruder! Ohne dich wäre ich tot!«
Aiden schüttelte den Kopf.
»Du brauchst mir nicht zu danken! Lass mich nur kurz hier sitzen. Ich glaube nicht, dass ich Daniels Anblick noch einmal ertragen kann.«
Logan nickte und stieg den Hügel wieder empor. Die anderen hatten alles mit angesehen, und auch sie hatten inzwischen erkannt, was sich zugetragen hatte. Westwood war ganz blass geworden. Erschrocken hörte er den üblen Flüchen zu, mit denen der Stallmeister den Toten bedachte.
»So ein feiges Schwein! Nur ein Mann ohne Ehre schießt seinem Gegner nach dem Kampf in den Rücken! Zum Glück hat der Earl so schnell reagiert!«
Duncan Stipps war wohl oder übel der gleichen Meinung. Auch er hätte so etwas nicht erwartet. Trotzdem war Daniel sein Freund gewesen, und darum bekreuzigte er sich und machte sich dann daran, den Leichnam in eine Pferdedecke zu wickeln. Als der Tote verhüllt war, kam wieder Bewegung in die Gruppe. Jeder wollte nun so schnell wie möglich diesen verwunschenen Ort verlassen.
Logan ging schnurstracks auf Duncan zu und wies ihn an:
»Schafft ihn ja nicht zurück nach Stainton Hall! Ihr könnt ihn im Ort
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