Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
der Brauerei zu kommen, in der sie sich mit Ernst verabredet hatten. Heinrich bemerkte im ersten Moment nicht, dass Richard stehengeblieben war. „Was ist denn ..?“ Er verschluckte den Rest, als er sah, was die Aufmerksamkeit seines Freundes angezogen hatte. An einer Schaufensterscheibe prangte ein übergroßer Judenstern. Darunter stand: Juda verrecke! Juden raus! Richard starrte auf die Scheibe. Sein Gesicht war aschfahl geworden und er schluckte trocken, als er die Worte zum wiederholten Male las. „Komm, lass uns weitergehen.“ Heinrich legte ihm die Hand auf die Schulter. „Heinrich, ich war mir nicht klar darüber, dass es bereits so schlimm ist.“ Seine Stimme klang heiser und die Heiterkeit war aus seinen Augen verschwunden. „Es ist schlimmer, als ich es befürchtet habe.“ Auch er konnte den Blick nicht von der Schmiererei nehmen und nahm sich vor, Richard nochmal ins Gewissen zu reden, wenn sie alleine waren. „Komm jetzt. Es ist besser, wenn wir hier verschwinden.“ Er zog ihn weiter, als er bemerkte, dass sich einzelne Passanten nach ihnen umdrehten, wie sie so unverhohlen die Markierung der Scheibe betrachteten.
***
„Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr.“ Ernst wischte sich den Schweiß von der Stirn. Im Gegensatz zu Heinrich und Richard steckte er immer noch in der SA-Uniform. Die Schwüle, die über der Stadt lag, war fast unerträglich. Man konnte den Regen fast greifen, ohne dass er da war.
„Es hat länger gedauert. Entschuldige.“ Heinrich nickte seinem Freund aus Berliner Tagen kurz zu. Richard blieb stumm. „Lasst uns reingehen. Ich bin am Verdursten.“ Sie betraten das Gebäude und suchten sich eine Ecke, in der sie sich ungestört unterhalten konnten. Die Brauerei war gut besucht und die Luft war unwesentlich besser als auf der Straße. Zu der Schwüle mischte sich der Geruch von Menschen und getragener Kleidung, dazwischen Essensdüfte. Das Ganze wurde gekrönt von dem Gemurmel der Gäste und dem geschäftigen Treiben der Angestellten. Wie von alleine wurden drei Kölsch vor sie gestellt. Ohne es wirklich zu sehen, beobachtete Richard den Kellner dabei, wie er auf einem Bierdeckel drei Striche machte und ihn auf die Mitte des Tisches legte. Der Anblick der beschmierten Schaufensterscheibe ging ihm nicht aus dem Kopf. Konnte es wirklich sein, dass der Hass auf die Juden solche Formen annahm? Hatte Heinrich recht mit seinen Äußerungen? Musste er sein Land wahrhaftig verlassen, um am Leben zu bleiben? „Prost Leute und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Es ist schön, dass wir uns mal wieder sehen, Heinrich.“ Ernst nahm sein Glas und prostete ihnen zu. Heinrich erwiderte die Geste und stieß Richard sanft in die Seite. „Was? ... Oh, entschuldige.“ Dieser griff ebenfalls nach seinem Glas, setzte an und trank es in einem Zug leer. „Das ... Das ist jetzt auch nicht schlecht.“ Ernst sah ihm verwundert und belustigt dabei zu. Ehe Richard sich versah, hatte er wieder ein volles Glas vor sich stehen. Wiederum führte er es an die Lippen und leerte es. Dann legte sich Heinrichs Hand auf seinen Arm. „Du solltest vielleicht erst mal etwas essen.“ Er konnte sich vorstellen, wie es in ihm aussah. Allerdings wollte er vermeiden, dass er sich innerhalb kürzester Zeit betrank. Er reichte ihm die Karte, die auf dem Tisch lag. Richard öffnete sie und las den Inhalt durch. Das Kölsch machte sich in seinem Kopf bemerkbar und der Alkohol milderte seine schweren Gedanken. Langsam meldete sich auch sein Magen zu Wort. Seit dem Frühstück hatte er keine Gelegenheit gehabt, etwas zu essen. Unschlüssig betrachtete er die Karte und überlegte, was er bestellen sollte. „Gibt es Probleme, wenn das Essen nicht koscher ...“ Heinrich biss sich auf die Zunge. Aber es war zu spät. Aus dem Augenwinkel sah er das verdutzte Gesicht von Ernst. „Wenn du mich nicht verrätst – dann nicht.“ Richard lächelte ihn beseelt an und suchte sich dann ein Gericht aus. „Entschuldigt mich bitte. Ich muss mal zur Toilette.“ Er erhob sich und durchquerte das Lokal. „Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass deine neue Eroberung Jude ist?“ Ernsts Stimme war fast kaum zu hören. „Doch.“ Heinrich nickte zeitgleich mit der Antwort. Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas, als sein Hals trocken wurde. „Mensch, Heinrich! Was machst du denn für Sachen. Es ist doch so schon kompliziert genug. Musste das sein?“ „Glaub mir, das war nicht geplant.“ „Wie
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