Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
den Rücken zu und meldete sich. Er lauschte mit einem Ohr in die Hörermuschel und mit dem anderen in Richtung Küche. „Das klingt gut. Jetzt müssen wir uns nur noch über den Preis einig werden. - Gut, ich glaube, das lässt sich bewerkstelligen. - Wir sprechen uns dann wieder wegen des genauen Termins. - Danke, ebenfalls einen schönen Abend.“ Er legte auf und ballte vor Freude die Faust. „Ich bin heute Abend zum Essen nicht da. Kameradschaftsabend“, sagte er knapp in die Küche, als er an dieser vorbeiging, um endlich in sein Zimmer zu gelangen. Dort angekommen zog er Jacke und Hemd aus und wusch sich den Schweiß von Oberkörper und Gesicht. Das Handtuch in beiden Händen haltend rieb er sich trocken und ging ans Fenster, um es zu öffnen. Es war angenehm warm. Nach dem gestrigen Gewitter hatte sich die Schwüle verzogen und einer warmen Sommerluft Platz gemacht. Ob Richard morgen Abend Zeit haben würde, um mit ihm schwimmen zu gehen? Am liebsten wäre er heute noch zu ihm gefahren, um ihm vom Stand der Dinge zu berichten. Die Neuigkeiten brannten ihm förmlich auf der Seele. Das Schlagen der Kirchturmuhr holte ihn aus seinen Gedanken. Wenn er pünktlich zu dem Kameradschaftsabend kommen wollte, musste er sich beeilen. Siegfried hasste Unpünktlichkeit und Heinrich war gerade, was dessen Aufmerksamkeit betraf, in die zweite Reihe gerutscht. Er hatte nicht vor, diesen Umstand zu ändern. Eilig griff er nach einem frischen Hemd, fuhr sich oberflächlich mit dem Kamm durch die braunen Haare und machte sich auf den Weg.
***
„Von Wiesbach. Komm her und setz dich zu mir.“ Sein Vorgesetzter sah ihn weinseelig an, als er das Lokal betrat. Es war warm und stickig in dem Raum. Der Qualm der Zigaretten drang ihm in Nase und Augen. „Guten Abend“, grüßt er freundlich in die Runde. „Heil Hitler!“, schmetterte Siegfried ihm entgegen und hob die Hand zum Gruß. Pflichtschuldig erwiderte Heinrich die Geste, verkniff es sich aber, die Worte zu wiederholen. „Wiesbach, was wollen Sie trinken? Ich gebe eine Runde aus.“ An dem Tonfall des Vorgesetzten war zu hören, dass er bereits einige Runden hinter sich haben musste. Seit Siegfried sich immer mehr in den Vordergrund spielte, vergrub er sich in den Alkohol. Heinrich vermutete, dass er resigniert hatte. Sich seinem Schicksal ergab. Der alte Mann tat ihm leid. „Danke, ich nehme ein Glas Weißwein. Aber bitte einen Halbtrockenen.“ „Na, immerhin hast du schon gelernt, dass man keinen süßen oder sauren Wein bestellt. Es besteht doch noch Hoffnung bei dir!“ Siegfried hob sein Glas und prostete ihm zu. Sein Gesichtsausdruck machte allerdings deutlich, dass seine Worte kaum so freundlich gemeint waren, wie er sie sagte. „Kommen Sie, von Wiesbach, und lassen Sie uns anstoßen. Warm schmeckt der Wein nicht.“ Heinrich kam der Aufforderung nach und trank einen großen Schluck. Der schnelle Fußmarsch hierher hatte ihn durstig gemacht. Er lehnte sich zurück und folgte der Unterhaltung und den Phrasen mit einem Mindestmaß an Aufmerksamkeit, während er im Geist die Flucht plante. Ehe er sich versah, war ein zweites Glas geleert und die Runde machte sich auf, den Heimweg anzutreten. Gemeinsam gingen sie durch den nächtlichen Ort. Die Stimmung war aufgeheizt. Die Männer hatten sich in Rage geredet. Ohne dem Beachtung zu schenken, trottete Heinrich in dem Tross mit. Als sie an die Stelle kamen, an der die kleine Brücke über den Bach führte, musste er an das Frühlingsfest denken. An seine Gefühle, die er damals noch glaubte im Zaum zu haben und an seinen verzweifelten Versuch, sich selbst zu überzeugen, indem er Silke küsste. Immer noch beschlich ihn ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber er hoffte, dass sie ihm verziehen hatte. „Jetzt schau sich einer das an! Dieser Kerl läuft doch glatt hier frei herum!“ Siegfried machte seine Leute auf einen jungen Mann aufmerksam, der ihnen entgegenkam. „Diese verdammten Juden stehlen einem die Luft zum Atmen.“ Ehe der junge Mann wusste, wie ihm geschah, hatten sie ihn umringt, stießen ihn von einem zum anderen und beschimpften ihn. Heinrich versuchte sich dem zu entziehen, aber Siegfried, der unmittelbar neben ihm stand, hinderte ihn daran. „Du Judensau! Wir werden euch noch zeigen, wer hier die Herrenrasse ist!“ Mit einem kräftigen Stoß katapultierte er diesen in Heinrichs Arme. Angstgeweitete Augen starrten ihn an. Der Atem des Mannes ging stoßweise und, dass er schneeweiß im Gesicht
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