Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
nicht mehr siehst.“ „So, ist sie das?!“ Samuel kam nach vorn und sah seine Schwester streng an. „Glaub mir, ich habe meine Gründe, warum ich keinem von denen traue.“ „Du würdest doch einen Guten in einer Anhäufung von Nazis übersehen, selbst wenn dieser nackt dazwischenstehen würde“, gab sie ihm trotzig zur Antwort. „Hört auf. Wir haben Wichtigeres zu tun, als uns zu streiten. Ich vertraue Herrn von Wiesbach.“ Frau Rosenberg sah in die Runde. „Wie erfahren wir, wann es so weit ist?“ „Heinrich gibt mir Bescheid, sobald er das Geld zusammen hat und der Termin feststeht.“ „Gut, aber ich werde wachsam bleiben.“ Samuel trank seine Tasse in einem Zug leer und stand auf. „Ich muss noch mal weg.“ Er nickte seiner Familie kurz zu und verließ den Raum. „Ich glaube, ich lege mich hin. Ich bin müde. Das warme Wetter macht mir zu schaffen.“ Frau Rosenberg erhob sich, stellte ihre und Samuels Tasse in die Spüle und verabschiedete sich von den beiden Kindern. Diese blieben, wo sie waren. „Möchtest du noch einen Kaffee?“ Silke griff nach der Kanne. „Nein, mir ist nach einem Glas Rotwein.“ Er stand auf und ging an das Regal. „Willst du auch ein Glas?“, fragte er über die Schulter, während er nach einer bestimmten Flasche suchte. „Rotwein? Mitten im Sommer? Der ist doch viel zu schwer bei der Hitze.“ „Ich will nur noch vergessen und dafür ist ein schwerer Wein genau richtig.“ Mit einem Plopp kam der Korken aus dem Flaschenhals. Richard nahm zwei Gläser aus dem Schrank, kam zurück an den Tisch und schenkte ihnen beiden ein. „Ist wirklich alles in Ordnung zwischen euch?“ „Ja, aber ich weiß im Moment nicht mehr, wo oben und unten ist. Heinrich hat mir vorhin gesagt, dass Mama über uns Bescheid weiß. Silke, mir ist total schwindlig bei dem, was zurzeit auf mich einschlägt. Mama hat Krebs, wir beide werden bald unsere Heimat verlassen. Ob wir jemals zurückkommen, steht in den Sternen. Samuel will unbedingt bleiben. Ob wir ihn wiedersehen, weiß nur Gott alleine. Ich liebe Heinrich und ich weiß immer noch nicht, ob es richtig ist, ihn zu lieben. Bei mir dreht sich alles. Da trinke ich lieber einen schweren Wein. Dann kann ich mir einreden, es kommt vom Alkohol und nicht vom Grübeln.“ „Ich weiß, wie du dich fühlst. Mir geht es ähnlich. Die Vorstellung, hier wegzugehen, macht mir Angst. Ich will hier nicht weg. Ich will Mama nicht alleine lassen, wenn sie sterben muss. Ich will unseren elenden Brummbär nicht verlieren.“ Sie wischte sich die Tränen weg, die ihr über die Wangen rollten. „Das mit dem Wein ist eine sehr gute Idee. Es sind so viele Fragen, die ich im Kopf habe, und ich sehe keine Antwort. Nur einen Salat aus Worten, aber keine Antwort. Prost, kleiner Bruder. Auf das Vergessen.“ Richard zog erstaunt die Augenbraue hoch und musste gegen seinen Willen lächeln, als Silke das Glas in einem Zug leerte.
***
Der Geschmack des Weines lag ihm noch auf der Zunge, als er sein Zimmer betrat. Es war ein samtiger, runder Geschmack und seine Sinne fühlten sich angenehm benebelt an. Richard schloss die Tür und sah sich in dem Raum um. Sein ganzes bisheriges Leben hatte er in diesem Zimmer gewohnt, in diesem Haus gelebt. Wie würde es sich wohl anfühlen, in England zu sein? Bei Menschen, die er nicht kannte? In einem Land, das ihm fremd war? Er versuchte den Gedanken zu verdrängen und ging ans Fenster. Das Mondlicht spiegelte sich im Fluss, den er von hier aus sehen konnte. Noch jemand, der mir fehlen wird, ging es ihm durch den Kopf, als er auf den Rhein sah. Heinrich hatte ihm erzählt, dass seine Bekannten in der Nähe von Poole lebten. An der Südküste der Insel. Wasser wäre also da. Aber konnte das seinen Vater Rhein ersetzen? Er wusste es nicht. Im Licht, das von der Flurbeleuchtung nach draußen drang, erkannte er Samuel, der eine große, längliche Kiste in die Scheune trug. Eine weitere Person war bei ihm, ebenfalls mit einem Gegenstand beladen. Beide verschwanden in dem Gebäude und kehrten kurze Zeit später wieder zurück. Sie wechselten noch ein paar Worte und verabschiedeten sich dann mit einem kräftigen Handschlag. Richard versuchte das Gesicht des zweiten Mannes zu erkennen, aber es war ihm unmöglich. Die Neugierde, was sein Bruder ständig außer Haus trieb, brachte seine Kopfhaut zum Kribbeln. Zu gerne hätte er gewusst, was da unten vor sich ging. Samuel war schon immer so etwas wie der einsame Wolf gewesen. Oft
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