Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
ich. Ich komme nach, sobald es mir möglich ist.“ Er beugte sich nach unten und gab ihm einen Kuss.
***
„Wo hast du gesteckt?“
„Ich war schwimmen!“ Dich werde ich bestimmt nicht vermissen. Im gleichen Moment, wie Richard dieser Gedanke durch den Kopf schoss, als sein Bruder ihm die Tür geöffnet hatte, bereute er ihn. Er wusste, dass nichts und niemand Samuel dazu bringen konnte, mit ihm und Silke zu gehen. Er würde dieses Land nie verlassen. „Wir warten schon eine ganze Zeit auf dich.“ „Entschuldige, ich habe die Zeit vergessen. Ich musste nachdenken.“ Richard sah seinem Bruder direkt ins Gesicht. Die dunklen Augen waren trotz allem voller Wärme. „Wir sind in der Küche“, brummelte dieser, diesmal in einem weicheren Tonfall. „Beeil dich.“ So schnell es sein Bein zuließ, ging Richard die Treppe hoch in das Badezimmer und machte sich kurz frisch. Er sah in den Spiegel. Seine Haare waren verschwitzt und durcheinander. Er nahm die Bürste und bändigte sie. Es kam ihm wie eine Szene aus einem anderen Leben vor, als er daran zurückdachte, wie er an dem Morgen des Unfalls sich über die kurzen Haare geärgert hatte. Mittlerweile waren sie wieder so, wie er es mochte. Wie er es wollte und kannte. Das war aber auch das Einzige, das noch so wie vor dem Unfall war. Der Rest? Da war nichts mehr da, wo es hingehörte. Die Liebe, die er für Heinrich empfand, verlieh ihm Flügel und ängstigte ihn. Dass er und seine Schwester im Begriff waren, ihr Heimatland zu verlassen, machte ihn unsicher. Dass er seine Mutter bestimmt nie wiedersehen würde, wenn er wegging, ließ Panik in ihm ausbrechen. „Bitte, Heinrich, halte dein Versprechen und komm nach. Ohne dich schaffe ich es nicht!“ „Richard, komm endlich!“ Samuels dunkle, laute Stimme wurde von den Wänden im Treppenhaus zurückgeworfen. „Ja, bin sofort da“, antwortete er. Und ob du mir fehlen wirst, du alter Brummbär, ging es ihm durch den Kopf, als er die Tür öffnete und sich auf den Weg nach unten machte. „Wie geht es dir, Mama?“ Richard legte ihr die Hände auf die Schulter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Seit er wusste, dass sie Krebs hatte, kam sie ihm klein und zerbrechlich vor. „Danke, es geht mir gut.“ Sie lächelte ihren Jüngsten an. „Komm, wir haben noch einiges zu besprechen.“ „Du siehst müde aus.“ Silke, die gerade die Kanne mit dem frisch aufgebrühten Kaffee auf den Tisch stellte, sah ihn an. „Ist alles in Ordnung?“ Er wusste, auf was die Frage abzielte. „Ja, so weit schon.“ „Gut. Hier nimm. Das können wir jetzt alle gebrauchen.“ Sie hielt ihm eine Kaffeetasse hin. „Danke.“ Er fasste kurz nach der Hand seiner Schwester, deren Gesicht genauso müde wirkte, wie er sich fühlte. Meine Familie wird verdammt klein werden. Die Vorstellung, nur mit Silke zu gehen, befremdete ihn. „Also, wie soll das vonstatten gehen? Konntest du mit Herrn von Wiesbach noch ein paar Details besprechen?“ Der Älteste der Drei saß auf der Bank und lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen an der Wand. „Ja.“ Heinrich und er hatten bis zum Einbruch der Dunkelheit in ihrem Versteck gesessen und über die bevorstehende Flucht gesprochen, Pläne entwickelt und wieder verworfen. Erst als sie sich nur noch schemenhaft hatten sehen können, waren sie aufgebrochen. „Heinrich meinte, er würde noch drei bis vier Wochen brauchen, bis er das Geld zusammen hat. Den Kontakt zu einem Flieger hat er schon hergestellt. Wenn es so weit ist, will er Silke und mich zu dem Treffpunkt bringen. Wo das genau ist, hat er mir noch nicht verraten. Ich glaube, er will vermeiden, dass wir zu viel wissen, falls es schief geht und wir verhört werden.“ „Warum tut dieser von Wiesbach das eigentlich? Wer sagt uns, dass das keine Falle ist?“ Samuel war den Ausführungen seines Bruders aufmerksam gefolgt, die seinen Argwohn allerdings in keiner Weise vertrieben. „Ich!“ Richards Hand schloss sich fester um seine Kaffeetasse. „Heinrich ist ein ehrlicher Mensch.“ „Das war ja gestern Abend zu sehen. Er ist immerhin bei der SA.“ „Wir wussten von Anfang an, dass er dort ist“, kam Silke ihrem jüngsten Bruder zu Hilfe, als sie bemerkte, dass Richard sich versteifte. „Wir haben ihn darum gebeten, dass er ohne die Uniform hierher kommt. Wir wollten vermeiden, dass du ihn direkt in eine Schublade steckst und zumachst. Deine Wut auf alles, was mit den Nazis zu tun hat, ist so groß, dass du die wenigen Guten
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