Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
gesagt: »Können Sie bitte einen Moment dranbleiben?«
»Seth? Ich bin es.«
»Ja, ich glaube, ich habe es zurückgelegt. Lassen Sie mich hinten nachsehen.«
Kurz darauf kam er wieder an den Apparat, unüberhörbar aufgewühlt.
»Celia. Jesus. Celia. Meine Frau war am Telefon. Sie hat direkt dort gestanden. Ich konnte nicht … Jesus … Ich konnte nicht sprechen.«
Ich hatte die Sache einfach nicht zu Ende gedacht. Das Letzte, was ich wollte, war, dass noch jemand angelogen wird.
»Ich wollte keine Schwierigkeiten machen.«
»Bitte, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist so lange her.«
»Vierzehn Jahre.«
»Ich kann einfach nicht glauben, dass du es bist«, hatte er gesagt und dabei so aufgeregt geklungen, wie ich es eigentlich nicht verdient hatte.
Es war nicht genug Zeit gewesen, um ihm alles im Detail zu erklären. Ich beschränkte mich einfach auf die Tatsache, dass Oliver auf dem Weg zu ihm sei, weil Jonathon etwasFürchterliches getan habe und wir flüchten müssten. Es gebe für uns keine andere Möglichkeit. Das allein war schon demütigend genug. Aber es gab noch so viele andere Gründe, mir albern vorzukommen. Ich entschuldigte mich nicht nur einmal. Ich erwähnte nicht, dass ich in Mexiko war. Er hörte mir aufmerksam zu. Falls er der Meinung war, dass ich verrückt sei, falls er sich ein Urteil über mich bildete, merkte ich zumindest nichts davon. Am Schluss sagte er, er fühle sich geehrt, dass ich der Meinung sei, ihn in dieser Situation um Hilfe bitten zu können. »Natürlich kümmere ich mich um ihn. Natürlich.«
Und kurz bevor wir das Gespräch beendeten, sagte er: »Ich nehme es dir nicht übel, was du damals getan hast. Du warst eine verheiratete Frau mit einer Familie. Ich hatte kein Recht, mich so zu verhalten, wie ich es getan habe.«
Jetzt war er selbst ein verheirateter Mann mit einer eigenen Familie. Wollte er damit sagen, dass zwischen uns nie wieder etwas würde sein können? Schon kapiert.
»Bedauerst du die Zeit, die wir zusammen verbracht haben?«, fragte ich ihn, obwohl ich wusste, dass ich damit eine Grenze überschritt.
»Nein. Niemals. Nicht eine Sekunde.«
Jetzt sehe ich hinaus aufs Meer und habe immer noch Seths vibrierende Stimme im Ohr. Ich werde vielleicht nie erfahren, was Benicios wahre Absichten sind. Dafür weiß ich, dass sie mir nicht mehr wichtig sind. Ich weiß genau, was ich gewollt habe. Und ich bedaure nichts.
28
»Das Ding ist ja voll krass, Mom.« Krass bedeutet in diesem Fall cool und bezieht sich auf das Loch in meinem Bein.
»Ich bin froh, dass es krass genug ist, damit du im Zug geblieben bist.«
Ich erkläre ihm, wo er hingehen muss und wer ihn dort in Empfang nehmen wird.
»Ich verstehe das nicht«, sagt er. »Ist er ein Freund von dir? Du hast ihn noch nie erwähnt.«
»Er ist jemand, dem ich vertraue«, erwidere ich. »Lass es uns einfach dabei belassen.«
Ich erkläre, dass ich hoffe, kurz nach ihm anzukommen. Ich sage ihm, dass er ein neues E-Mail-Konto eröffnen und mir die Adresse schicken soll. Aber vor allem soll er sich nicht von der Stelle rühren. Einfach abwarten. Und vor allem keinem Menschen irgendetwas erzählen. »Du hast es Maggie doch nicht gesagt, oder?«
Er antwortet nicht.
»Oliver!«
»Nein.«
Mein Magen zieht sich zusammen.
»Oliver, das hast du nicht getan!«
»Nein. Hab ich doch gesagt.«
Aber noch lange, nachdem ich aufgelegt habe, steckt mir der Schreck in den Knochen. Der Gedanke lässt mir keine Ruhe.
Ich setze mich wieder an den Computer, unsicher, was ich als Nächstes tun soll. Ich tippe
Benicio Martin
in die Suchmaschine und jede Menge Artikel erscheinen. Von Berichten über seine Auftritte als Mateo Blanc bis hin zu der Razzia, die zu seiner Abschiebung geführt hat. Alles stimmt. Alles, was er mir über sich erzählt hat, entspricht der Wahrheit. Ich klicke auf »Bilder« und da ist er, lächelnd, seine Nase perfekt, sein Gesicht rasiert und sauber. Ich spüre einen Druck auf meiner Brust. Er verstärkt sich, als ich ein Foto von Benicio und Emily sehe. Er hat einen Arm um ihre Schultern gelegt, die beiden sehen zusammen wunderschön aus, schwarz gekleidet, ihr Glück geradezu spürbar.
Er liebt eine Frau in L.A. Er ist versessen auf Hollywood
.
Ich stehe auf und fasse mein Haar erneut mit der Spange zusammen. Ich muss nachdenken. Alle möglichen Ideen liefern sich ein Wettrennen in meinem Kopf. Wie kann ich durch den Zoll kommen? Wie kann ich ohne Gepäck an Bord eines
Weitere Kostenlose Bücher