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Gefaehrliche Schatten

Gefaehrliche Schatten

Titel: Gefaehrliche Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Chick
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bewegten. Ihre spitzen Schwänze schlugen durch die Luft.
    «Ich gehe», meinte Megan, ohne zu zögern.
    «Cool», sagte Richie. Er schob seine Brille den rutschigen Nasenrücken hinauf und fügte hinzu: «Du kannst mir ja auf dem Rückweg erzählen, wie es war.»
    Genau wie Hanna hob Megan den Arm in die Luft und winkte damit die Otter herbei. Dann tauchte sie ins Wasser und begann, in Richtung des Stadtzugangs zu schwimmen. Schnell tauchten ein paar Otter hinab und richteten sich neben Megan aus. Schließlich bewegten sich alle wie eine Einheit, fanden ihren Rhythmus und trugen Megan davon.
    «Ich gehe als Nächste», sagte Ella. «Bevor mir diese Flussratten die Finger abknabbern. Die sehen nämlich mittlerweile aus wie geschrumpelte Pflaumen.»
    Sie winkte mit dem Arm und tauchte unter, wo sich ein Schwarm Otter schnell um sie herum formierte. Innerhalb weniger Sekunden wurde Ella quer durch den Turm gebracht.
    «Okay», meinte Noah. «Ich bin dran.»
    Er holte tief Luft und tauchte. Die Geräusche verschwanden. Er hielt die Augen geöffnet und sah, wie sich die Otter um ihn bewegten. Er wurde gezogen und geschoben, als sich die Tiere neben ihm in Position brachten. Als sie losschwammen, kassierte Noah einige harte Stupser und Rempler. Doch schon bald bewegten sie sich harmonischer, und dann übernahmen die Otter die Kontrolle über Noah, als wäre er eine Unterwasser-Puppe. Und er erlebte, wie es war, schnell, anmutig und beweglich wie ein Otter zu schwimmen.
    Nach ein paar Sekunden brachten die Otter Noah so plötzlich an die Oberfläche, dass sich sein Magen hob. Sie hielten ihn lange genug oben, dass er tief Luft holen konnte, dann tauchten sie wieder zurück ins Wasser.
    Sie wurden schneller. Noah spähte über seine Schulter: Im Unterwasserreich des Wasserturms jagten Hunderte von Ottern verspielt hinter ihm her.
    Sekunden später hoben ihn die Otter erneut an die Oberfläche. Noah sah, dass die Felsen nur noch weniger als dreißig Meter entfernt lagen. Das bedeutete, dass auch die Stadtzugänge nicht mehr weit waren.
    Die Otter zogen Noah wieder zurück ins Wasser. Bald verdunkelte sich die Welt, weil sie im Schatten der Felsen schwammen. Noah sah ein dunkles Dach aus Steinen und Wurzeln. Irgendwie schienen die Felsen auf nichts zu stehen. Noah vermutete, dass sie sich an die Glaswände des Wasserturms klammerten wie Mörtel an eine Steinmauer.
    Jetzt sah er den goldenen Vorhang besser: die langen Falten, die baumelnden Tressen und die goldenen Ringe, die den Vorhang an der Stange hielten.
    Noah konnte weit über die Stadt der Artenvielfalt schauen – über ihre Gebäude, Bäume und Straßen. Sie schien auf ihn zu warten. Die Tiere sahen in der Ferne aus wie Spielzeugfiguren, die über eine Spielzeugstadt verteilt worden waren.
    Noah fühlte Panik in sich aufsteigen. Der Durchgang in die Stadt lag in mindestens einhundert Meter Höhe. Wie sollte er von dort aus sicher nach unten kommen? Als ihm dieser Gedanke kam – das hätte ihm schon viel früher auffallen sollen! –, ließen die Otter ihn los und entfernten sich wieder von der Wand.
    Eine Sekunde bevor Noah den Durchgang durchquerte, hielt er sich die Arme schützend vor das Gesicht. Er hatte keine Angst vor dem Vorhang – sondern vor dem Fall, der direkt dahinter auf ihn warten musste. Und als Noah auf unglaublicher Höhe über der Stadt der Artenvielfalt aus dem Turm herausschoss, konnte er nicht anders: Er schrie.

[zur Inhaltsübersicht]
    22. Kapitel
    Über der Stadt
    N oah ruderte mit den Armen und versuchte, sich an irgendetwas festzuhalten. Ungefähr dreihundert Meter unter ihm lag die Stadt. Plötzlich fühlte sich alles ganz unwirklich an. Noah fragte sich, ob dieses ganze Abenteuer vielleicht nur das Produkt seiner Phantasie war. Angefangen von Marlos erstem Klopfen an Noahs Fenster über den Marsch durch das Dunkle Land und zu Mr Darbys Einladung, sich der Geheimen Gesellschaft anzuschließen, bis hin zu Noahs jetzigem freien Fall aus einem himmelhohen Wasserturm schien alles Teil eines langen, lebhaften Traums zu sein.
    Irgendetwas stieß gegen seinen Kopf und riss ihn aus seinen Gedanken. Dann landete er in etwas Nassem.
    Er blickte sich um. Er lag mit dem Bauch in einem flachen Bach, ähnlich den Wasserläufen in den Kanälen des geheimen Otterparks. Doch hier draußen strömte das Wasser einfach durch die Luft! Noah blickte sich verwirrt um. Er sah den Samtvorhang, der über einer Öffnung in der dicken Glaswand hing. Wasser

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