Gefaehrliche Tiefen
Ende?
J . J. beugte sich über sie. »Wie gehtâs dir?«
Sam zog die Maske herunter, um zu sagen: »Die Frau wurde meinetwegen angeschossen. Und nur damit das klar ist: Ich wäre lieber tot als gelähmt.«
»Ist angekommen«, murmelte J . J. »Willkommen im Krieg.«
Diese Antwort irritierte Sam. Sie hatte etwas in der Art von
Ist nicht deine Schuld, alles wird gut
erwartet. Was für eine Freundin würde
Willkommen im Krieg
sagen?
Wieder wurde ihr Körper in die Luft geschleudert. Zur Hölle damit. Sie rappelte sich auf und lehnte sich mit dem Gesicht zum Heck neben J . J.s Knien an die Ruderbank. Eduardo blickte abwechselnd auf sie und nach vorne auf die Wellen, während er mit sorgenvoll gefurchter Stirn an der Ruderpinne stand. Sam befahl ihrer rechten Hand sich zu heben und reckte matt den Daumen in die Höhe, was Eduardo ein kleines Lächeln entlockte. Sie zappelte mit den FüÃen, die sich ein wenig taub anfühlten. Doch sämtliche GliedmaÃen gehorchten ihrem Kommando. »Guck mal«, sagte sie zu J . J. »Nicht gelähmt.«
»Gut zu wissen. Lass die Maske auf«, erwiderte J . J.
Als sie endlich an das Heck der
Papagayo
rumpelten, hatten ihre Kopfschmerzen etwas nachgelassen, und die Lichtblitze waren nur noch ein leichtes Flimmern am Rand ihres Gesichtsfeldes. Ihr Ellbogen tat immer noch weh, aber vielleicht hatte sie sich ja tatsächlich irgendwo gestoÃen.
Sie riss sich die Sauerstoffmaske herunter und kletterte aus eigener Kraft aus dem Beiboot an Deck der
Papagayo
.
J . J. folgte ihr die Treppe zu ihren Kabinen hinunter. Sie trug die Druckluftflasche und die Maske und drückte Sam beides in die Arme, als sie die Kabinentür öffnete.
»Mir geht es gut«, erklärte Sam.
»Du bist ein Sturkopf.« WeiÃe Salzkristalle sprenkelten J . J.s mahagonifarbene Haut und ihr schwarzes Haar.
»Ich muss das Video ins Netz stellen, bevor noch mehr passiert.«
»Noch nicht.« J . J. trat hinter sie und zog den ReiÃverschluss an Sams Taucheranzug auf. »Tut dir irgendwas weh?«
»Nicht besonders.«
J . J. runzelte die Stirn. »Leidest du unter irgendwelchen Sehstörungen? Siehst du Lichtblitze?«
»Woher weiÃt du das?«
J . J. warf ihr einen entnervten Blick zu und zupfte am Halsausschnitt von Sams Neoprenanzug. »Zieh das aus, leg dich hin und setz die Maske wieder auf. Ich komme nachher noch mal vorbei und schaue nach dir. Und wehe, du befindest dich dann nicht in der Waagerechten!«
»Kannst du rausfinden, wie es Zing, ich meine Bergit, geht?«
»Ich versuchâs.« J . J. wandte sich ihrer Kabine zu.
Sam schälte sich aus ihrem klammen Taucheranzug, legte sich im Badeanzug in ihre Koje und sog noch ein paar Minuten länger den kühlen Sauerstoff ein. Das tat ihrem schmerzenden Kopf wirklich gut. Konnte eigentlich jeder eine Flasche Sauerstoff kaufen? Vielleicht würde sie sich einen kleinen Vorrat für den Hausgebrauch zulegen. Blake würde eine Nase voll vielleicht ebenfalls zu schätzen wissen, wenn er sich nach einer durchzechten Nacht aus dem Bett wälzte.
J . J. kam, um nach ihr zu sehen. Sie brachte Sam dazu, sich aufzusetzen, die Arme zu heben und sie mit geschlossenen Augen über den Kopf zu halten. Anscheinend hatte sie den Test bestanden, denn J . J. sagte: »Sieht so aus, als würdest du mit einem blauen Auge davonkommen. Leg dich aber noch mal hin und mach zehn Minuten weiter, nur zur Sicherheit. Ach ja, und wie es aussieht, wird auch Bergit wieder völlig gesund«, fügte sie hinzu. »Da kann sie zu Hause ganz schön was erzählen.« Sam hörte die Tür hinter J . J. ins Schloss fallen.
Zu Hause.
Es schien Jahre her zu sein, seit sie zuletzt zu Hause gewesen war. In Washington war noch immer Winter. Hatte Blake nicht irgendwas von Schnee erzählt?
In ein paar Tagen sollte sie sich eigentlich mit Chase im Schnee tummeln. Sie schnappte sich ihr Telefon vom Schreibtisch, um die Liste mit den entgangenen Anrufen zu überprüfen. Das Display war schwarz.
Verdammt!
Sie hatte vergessen, das Ding letzte Nacht ins Ladegerät zu stecken.
Sam warf das tote Telefon auf den Tisch und legte sich wieder hin. Sie konnte es kaum erwarten, Chase für den Skilanglauf zu begeistern. Er war Abfahrtsläufer. Natürlich konnte man nicht erwarten, dass er den Bogen sofort raushatte. Aber Chase war fit, und schon bald würde
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