Gefaehrliche Tiefen
Morgen gewesen? Allmählich kam ihr dieser Tag wie der längste ihres Lebens vor. »Vielleicht sind sie miteinander verwandt. WeiÃt du, wie Ricardo mit Nachnamen heiÃt?«
Dan schüttelte den Kopf und spieÃte dann mit seiner Gabel ein Stück Ananas auf.
Eduardo zuckte mit den Schultern. »Es gibt viele Ricardos. Und viele sind hier miteinander verwandt.« Er schob Sam und Dan jeweils eine blau-weiÃe Broschüre hin und schlug dann seine eigene auf einer Seite auf, die eine Karte der Inseln zeigte. Gestrichelte Linien verbanden einzelne Inseln. »Die Reiseroute von diesem Schiff. Sehen Sie â¦Â« Er entfaltete eine Karte, die Sam als diejenige wiedererkannte, die Dan ihr am Abend zuvor gezeigt hatte. »Wir kommen ganz nah bei all den Orten vorbei, die Sie untersuchen wollen. Kein Problem, auÃer Wolf.« Eduardo deutete auf einen Punkt oben auf der Seite in der Broschüre.
Sam schlug die Broschüre auf, die Eduardo ihr gegeben hatte. Dessen Finger lag auf einer Insel weit oben im Norden. Auf Sams Karte trug sie den Namen
Wenman
ein. »Sie meinen
Wenman?
«
Eduardo zuckte mit den Schultern. »Wenman, Teodoro Wolf â dieselbe Insel.«
Sam kniff die Augen zusammen â jetzt konnte sie auch erkennen, dass in Klammern unter dem Namen der Insel in winzigen Buchstaben
Teodoro Wolf
stand.
»Ihr müsst irgendwas organisieren, um dorthin zu kommen«, fuhr Eduardo fort. »Sie liegt sehr weit im Norden.«
Sam sah sich die Karte genauer an. Aufgrund der langen Ausplünderung durch sowohl Briten als auch Spanier hatten alle Galapagosinseln englische und spanische Namen. Die Bewohner der Inseln schienen jeweils den Namen zu benutzen, der ihnen besser gefiel. Wie sollte sie die verschiedenen Inseln in ihrem Bericht nennen? Vielleicht könnte Wilderness die einen und Zing die anderen benutzen? Wäre das unterhaltsam, lehrreich oder einfach nur verwirrend?
»Ihr seid gerade rechtzeitig gekommen«, fügte Eduardo hinzu. »Heute Nacht fahren wir bis Isabela und Fernando, die westlichsten und jüngsten Inseln. Eure Kabinen sind unten die Nummer vier«, er deutete mit dem Kopf auf Dan, »und Ihre, Sam, ist die Nummer drei.
Bienvenido
â Willkommen!« Er hob sein Weinglas.
Sam hob ihres ebenfalls und stieà mit Eduardo an. Seine warmherzige BegrüÃung war eine groÃe Erleichterung nach den Abfuhren auf dem Tauchboot und im Hotel.
Die Touristen drängten sich an ihnen vorbei Richtung AuÃendeck. Eduardo nickte ihnen lächelnd zu, dann sagte er leise zu Sam und Dan: »Ich stelle euch morgen beim Frühstück vor, wenn alle da sind.«
Sam fühlte sich plötzlich eingeengt. Wie viel konnte man die Touristen wissen lassen? Sie würde lieber möglichst wenig sagen. Mit Gruppen hatte sie kaum Erfahrung â einige ihrer eher extrovertierten Freunde behaupteten sogar, sie sei sozial zurückgeblieben. Sie griff nach ihrem Laptop. »Es gibt doch sicher ein Oberdeck, oder?«
Eduardo nickte. »Die Treppe am Heck.«
»Ich gehe ein bisschen nach oben«, sagte Sam zu Dan.
»Ich komme in ein paar Minuten nach.«
Sam stand auf. Inzwischen war es dunkel geworden, und Himmel und Meer leuchteten mitternachtsblau. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und der Horizont wirkte wie ein schwarzer Samtstreifen, der die Sterne verschluckte. Wasser klatschte leise gegen die Yacht. Ein unsichtbares Meerwesen, vermutlich ein weiterer Seelöwe, lieà es an der Backbordseite hochspritzen. Sam schlang sich den Riemen ihrer Laptoptasche über die Schulter und ging zum Heck. Dabei kam sie an einer Kabine mit der Nummer zwei vorbei, deren Fenster diskret mit einer weiÃen Gardine verhüllt war. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es zweifellos eine genau gleiche Kabine. Hier auf dem Hauptdeck waren das vermutlich die teuersten Unterkünfte. Sam stieg die Metalltreppe zum Oberdeck hinauf.
Die Treppe führte auf ein offenes Deck, das von einer hüfthohen Doppelreling begrenzt wurde. Hinter ihr ragte die Brücke auf, zu der man von beiden Seiten über wenige Stufen gelangte. Auf der Brücke warf eine Wandlampe Licht auf einen Mann in weiÃer Uniform, der an einem Schreibtisch in der Ecke arbeitete.
In der Broschüre wurde die
Papagayo
als Yacht bezeichnet, nicht als Kreuzfahrtschiff. Sam fragte sich, worin wohl der Unterschied lag. Nicht dass es wichtig gewesen wäre â ihre
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