Gefaehrliche Tiefen
Station.«
Der Führer strahlte. »Die kommen nur für ein paar Jahre. Ich arbeite hier schon fast dreiÃig.«
»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.« Sam hielt ihm die Hand hin. Eduardo nahm sie und schüttelte sie.
Dan schlug Eduardo auf den Rücken. »Ich habe gehört, sie planen eine Parade für dich, Mann.«
Eduardo errötete. »Keine Parade.
Una fiesta
, mehr nicht.« Zu Sam gewandt fügte er hinzu: »Ich bin der erste Naturführer, der dreiÃig Jahre gearbeitet hat, also bin ich der erste, der mit einer Pension in Ruhestand geht.«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Sam.
Eduardo deutete mit dem Kopf auf den dunkelhäutigen Steuermann, der aus dem Boot geklettert war und gerade ihr Gepäck einlud. »Das ist Tony, erster Maat der
Papagayo
. Er kann kein Englisch.«
»
Mucho gusto
, Tony.« Chase hatte ihr beigebracht, wie man jemanden höflich begrüÃte.
Tony streckte ihr die Hand hin, um ihr über den Kunststofffender zu helfen. Sein breites Kinn und die braunen Augen kamen ihr irgendwie bekannt vor. Hatte sie ihn schon mal im Ort gesehen? Vermutlich nicht â schlieÃlich war sie erst vierundzwanzig Stunden hier. »Hübsches Dingi«, murmelte sie, um ihre Verwirrung zu überspielen.
»
Panga
«, erwiderte Eduardo. »Kunststoff, Holz, Fiberglas, egal â hier heiÃen alle kleinen Boote
Pangas
.«
Als sie zu der Yacht hinauspreschten, begann in ihrem Kielwasser ein halbes Dutzend bunt bemalter hölzerner Fischerboote, getakelt mit Winden und Netzen, zu schaukeln. Kleine Beiboote â
Pangas
, rief Sam sich ins Gedächtnis â tanzten am Bug auf und ab wie Kinder, die sich am Rockzipfel der Mutter festhalten. In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne bot die kleine Flotte ein herrliches, farbenfrohes Bild. Als Sam gerade ihr Gepäck nach einer der Digitalkameras durchsuchte, die Key ihr zur Verfügung gestellt hatte, sah sie aus dem Augenwinkel einen groÃen schwarzen Schatten unter dem Boot hindurchtauchen. Sie sprang auf, starrte auf die glänzende Wasseroberfläche und versuchte herauszufinden, was für ein Tier da gerade davonschoss.
»Ein Strandmeister«, sagte Eduardo.
Sam schaute in die Richtung, in die er deutete. Ein kräftiger Seelöwenbulle zog sich aus dem Wasser auf ein gelbes Skiff hinauf, das an einem der Fischerboote angebunden war. Das Skiff, das bereits unter dem Gewicht zweier kleinerer Seelöwinnen tief im Wasser lag, sank noch ein wenig tiefer bis fast zur Wasseroberfläche. Die Weibchen brüllten ihren Missmut heraus und glitten ins Wasser, wobei sie das kleine Boot umkippten. Lautlos glitt es unter Wasser. Der Strandmeister verschwand ebenfalls und wurde wieder zu einem Unterwasserschatten.
Dort, wo vorher das gelbe Skiff gelegen hatte, war nur noch glatte Wasseroberfläche. Sam stellte sich vor, wie der Besitzer am Morgen aus seiner Kabine kam, um in sein Dingi zu steigen, und dann nur ein Tau vorfand, das sich in der aquamarinfarbenen Tiefe verlor.
Gruselig.
»Das passiert dauernd«, schreckte Eduardo sie aus ihren Gedanken. »Ein aufblasbar â¦Â« â er strich über den Kunststofffender, auf dem er saà â »⦠ist am besten.«
Eduardo lächelte. »Sie werden noch merken, die Seelöwen sind die Herrscher der Galapagosinseln. Wir nennen sie hier
lobos del mar
, Wölfe des Meeres.«
Was eigentlich auch logischer war. Mit ihren spitzen Schnauzen und den langen Hälsen sahen die FlossenfüÃler so aus, als gehörten sie eher zur Gattung der Hunde als zu der der Katzen.
Dan, der neben ihr stand, hob sein Fernglas an die Augen und richtete es auf einen grauen Fleck am südlichen Horizont. Sam kniff die Augen zusammen. Es war irgendein gröÃeres Schiff.
»Frachtschiff«, riet Eduardo.
»Ich kann den Namen nicht erkennen, aber es sieht aus, als wären es japanische oder chinesische Schriftzeichen.« Dan nahm das Fernglas herunter und lieà es wieder von dem Band um seinen Hals herabbaumeln. Seine Haltung war angespannt.
Eduardo betrachtete Dan einen Moment lang, dann richtete er den Blick auf die Küste. Sam drehte den Kopf zu Tony, der stur auf das Wasser vor ihnen starrte.
Ein asiatischer Frachter? Seltsam. War die Galapagos-Siedlung denn groà genug, um einen Markt für Lieferungen aus anderen Ländern darzustellen? Dann kapierte sie plötzlich, warum
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