Gefaehrliche Tiefen
Haar glatt. Dann schnappte sie sich ihr Satellitentelefon und verlieà den klaustrophobisch engen Raum.
Hatte man Dan wieder vergiftete Luft in die Druckluftflasche gefüllt, oder konnte es sich um einen Defekt in der Ausrüstung handeln? Sie ging zum Heck des Schiffs und öffnete die Tür zum Maschinenraum, wo Dan und sie ihre Tauchutensilien verstaut hatten. Obwohl sie wusste, wie unlogisch es war, erwartete sie, seine Druckluftflasche in den Schlaufen an der Wand stecken und seine Tarierweste und den Atemregler an den Haken zu sehen. Doch der Platz zwischen Kapitän Quirogas und ihrer Ausrüstung war leer. Als sie den verwaisten Haken berührte, an dem eigentlich Dans Tarierweste hätte hängen sollen, spürte sie einen Kloà im Hals.
Sam untersuchte den Luftkompressor. Die Ansaugstelle lag weit oben an der AuÃenwand. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie man aus der Meeresluft hätte Kohlenmonoxid herausziehen sollen.
Der Motor des Schiffs nahm nur einen Teil des Raums ein, und die Abgase wurden durch eine andere Wand nach drauÃen geleitet. AuÃerdem hätte Dan den Inhalt der Druckluftflasche bestimmt überprüft, bevor er ins Wasser gegangen war.
Konnte sich jemand an seiner Ausrüstung zu schaffen gemacht haben? In der hinteren Wand befanden sich drei geschlossene Türen. Die Mannschaftsräume. Und die Naturführer â Eduardo und Maxim â mussten ebenfalls hier unten schlafen. Jeder von ihnen konnte durch diesen Raum gehen, wenn er zu der Plattform am Heck wollte, ohne dass es jemand auf den oberen Decks mitbekam.
Ein dunkelhäutiges Besatzungsmitglied betrat den Raum durch die Tür hinter ihr und blieb abrupt stehen, überrascht, sie hier vorzufinden. Sam hatte den Mann schon einmal gesehen, hatte aber keine Ahnung, wie er hieÃ. Sie öffnete den Mund, um ihre Anwesenheit zu erklären, aber als er
»Buenas tardes«
murmelte, fiel ihr wieder ein, dass er vermutlich kein Englisch konnte. Nachdem er ein Messgerät an einer Röhre überprüft hatte, verlieà er den Raum wieder.
Eine Minute lang stand Sam einfach nur da, starrte auf die Ausgangstür und kaute auf ihrem Daumennagel herum. Ihr dröhnte der Schädel, und ihre Augen brannten vor ungeweinten Tränen. Was zum Teufel sollte sie jetzt bloà tun? Was würde sie darum geben, jetzt Chase an ihrer Seite zu haben! Oder ihren Vater. Oder ihren Mitbewohner Blake. Einen ihrer Parkranger-Freunde, egal welchen. Maya. Irgendein freundliches Gesicht. Irgendjemanden, dem sie vertrauen konnte.
Sam hörte das näherkommende Motorengeräusch des zweiten
Panga
s, dann erklang Eduardos Stimme, überlagert von den Stimmen weiterer Männer. Sie stieà die Tür auf und trat in den hellen Sonnenschein. Maxims dunkler und Eduardos grauer Kopf waren über die Klampen am Heck gebeugt, an denen sie das
Panga
gerade befestigten.
Eduardo sah hoch. Sofort nahm sein Gesicht einen besorgten Ausdruck an. »Sam â¦Â«
Eduardo Duarte gehörte zu den Naturschützern. Er war ein Freund. Ein Mitverschwörer. Er wusste um die Probleme, die Dan und sie am ersten Tag gehabt hatten. »Dan ist tot«, sprudelte sie heraus.
Maxim fiel die Kinnlade herunter. »Was ist los?«
Eduardo starrte sie entsetzt an. »Aber wie �« Er streckte die Hände aus, Handflächen nach oben, als könne er so vielleicht eine Erklärung aus der Luft fischen. Sam brach in Tränen aus und sank ihm in die Arme.
Drei Stunden später saà Sam im Schneidersitz auf dem kalten Stahlboden des Oberdecks und sprach in ihr Telefon. »Ruf mich an, sobald du kannst«, sagte sie zum wohl zehnten Mal auf Chaseâ Anrufbeantworter. »Ich muss wirklich mit dir reden.«
Sie drückte auf die Taste, mit der man das Gespräch beendete, und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den glühenden Sonnenball, der im bronzefarbenen Wasser des Pazifiks versank. Sie war noch nicht betrunken genug â sie brauchte dringend Ablenkung. Verzweifelt hoffte sie, den grünen Blitz zu sehen, jene legendäre Erscheinung, wenn die Sonne in den letzten Sekunden, bevor sie im Wasser versinkt, grüne Strahlen aussendet.
Das Schiff schaukelte in der sanften Dünung. Irgendwo in der Nähe des Bugs schepperte ein Metallkabel. Ein Pelikan, der oben auf der Radaranlage hockte, flog mit lautem Flügelschlag davon. Schritte näherten sich, und widerwillig lenkte Sam ihre
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