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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Rückschlüsse zu.«
    »Ich verstehe.« Phillips' Miene und sein steifes Verhalten verrieten deutlich, daß er Monk die Abfuhr übelnahm. Schließlich hatte er das gesamte Personal unter sich, war daran gewöhnt, Befehle zu erteilen, und mochte es infolgedessen gar nicht, wenn sich ein alberner kleiner Schnüffler in seinen Verantwortungsbereich drängte. Das Reich jenseits der mit grünem Boi bespannten Tür gehörte ihm. »Und was wünschen Sie von mir? Ich bin jederzeit zur Zusammenarbeit bereit.« Das war eine Floskel; er hatte ohnehin keine Wahl, aber er konnte die Farce nach außen aufrechterhalten.
    »Ich bin Ihnen sehr verbunden«, sagte Monk gestelzt, während er seine Erheiterung zu verbergen suchte. Phillips hatte bestimmt kein Verständnis dafür, wenn man sich über ihn lustig machte. »Ich würde gern nacheinander mit den männlichen Hausangestellten sprechen, erst mit Harold, dann mit Rhodes, dem Kammerdiener, und zum Schluß mit Percival.«
    »Sehr wohl. Sie können Mrs. Willis' Wohnzimmer benutzen, wenn Sie möchten.«
    »Ja, bitte, das käme mir sehr entgegen.«
    Er hatte weder Harold noch Rhodes etwas zu sagen und fragte sie nur, um den Schein zu wahren, was sie im Verlauf des Tages getan hatten, und ob ihre Zimmer abgeschlossen gewesen wären. Ihre Antworten verrieten ihm nichts, was er nicht schon wußte.
    Percival ahnte bereits bei seinem Erscheinen, daß irgend etwas nicht stimmte. Er war wesentlich intelligenter als die beiden anderen, außerdem hatte ihn Phillips' Verhalten vermutlich in Alarmbereitschaft versetzt - zusätzlich zu dem Gerücht, in einem der Dienstbotenquartiere wäre etwas gefunden worden. Er wußte, daß die Angst unter den Familienmitgliedern grassierte wie eine Seuche. Er sah sie jeden Tag, merkte, daß sie immer gereizter wurden, registrierte den unausgesprochenen Verdacht in ihren Augen, die Art, wie sich ihre Beziehungen zueinander verändert hatten, das langsam zerbröckelnde Vertrauen. Er selbst hatte versucht, Monk auf Myles Kellard anzusetzen. Es war klar, daß sie das gleiche tun würden, daß sie jede Information benutzen würden, um Monk in die Gesindestube zu hetzen. Als er hereinkam, umgab ihn eine Aura aus Angst. Sein Körper war angespannt, sein Blick hellwach, in seiner Schläfe pochte es nervös.
    Evan schob sich lautlos zwischen ihn und die Tür.
    »Womit kann ich dienen, Sir?« begann Percival, obwohl es in seinem Blick kurz flackerte, denn Evans Bewegung - und ihre Bedeutung - war ihm keineswegs entgangen.
    Monk, der Messer und Seide zunächst hinter dem Rücken gehalten hatte, holte beides hervor und hielt es hoch. Das Messer hielt er in seiner linken Hand, das Neglige baumelte an seinem Arm, so daß die Blutspritzer Percival dunkel und häßlich ins Auge stechen mußten. Monk beobachtete jede Veränderung seines Gesichtsausdrucks. Er entdeckte Überraschung, einen Anflug von Verwirrung, als ob der Lakai nicht recht wüßte, was er damit anfangen sollte, aber keine Anzeichen für wachsende Furcht. Er glaubte sogar, ein flüchtiges Erwachen von Hoffnung zu sehen, hell wie ein Sonnenstrahl, der durch die dunklen Wolken bricht. Es war absolut nicht die Reaktion, die er von einem Mann erwartet hätte, der schuldig war, und in dem Moment war Monk felsenfest überzeugt, daß Percival nicht die geringste Ahnung hatte, wo die Dinge gewesen waren.
    »Haben Sie diese Sachen schon mal gesehen?« fragte er ihn. Die Antwort hatte nicht viel zu bedeuten, aber irgendwo mußte er anfangen.
    Percival war sehr blaß, jedoch gefaßter als beim Hereinkommen. Er glaubte endlich zu wissen, aus welcher Richtung die Bedrohung kam, und das setzte ihm weniger zu als die Ungewißheit.
    »Kann sein. Das Messer sieht genauso aus wie 'ne Menge andere in der Küche, und so was wie dieses Seidending hab ich schon oft im Waschraum gesehen - in dem Zustand allerdings noch nie. Ist Mrs. Haslett damit umgebracht worden?«
    »Das ist ziemlich offensichtlich, finden Sie nicht?«
    »Doch, Sir.«
    »Interessiert es Sie gar nicht - wo wir die Sachen gefunden haben?« Monk schaute über Percivals Schulter zu Evan und sah die Zweifel in seinem Gesicht, eine exakte Wiedergabe seiner eigenen Empfindungen. Falls der Lakai wußte, daß man die Sachen in seinem Zimmer entdeckt hatte, war er ein ausgezeichneter Schauspieler und ein Mensch, dessen Selbstbeherrschung man bewundern müßte - aber auch ein unglaublicher Hornochse, weil er keinen Weg gefunden hatte, das Beweismaterial

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