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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Dienen zu einer Art Lebensinhalt zu machen.
    Hester berührte sanft seinen Arm.
    »Sie haben sich eine böse Erkältung eingefangen, aber mit ein bißchen Pflege wird das ohne Komplikationen vorübergehen. Ich werde eine Weile bei Ihnen bleiben, um sicherzugehen.« Sie sah, wie sich seine Züge aufhellten, und wurde sich zum erstenmal bewußt, wie sehr er an Einsamkeit gewöhnt war. Er nahm sie hin wie ständige Gelenkschmerzen, die man durch Schonhaltung auszugleichen versucht, die man nach Kräften vergessen will, ohne es je ganz zu schaffen. Sie grinste ihn verschwörerisch an. »Wir werden viel Zeit haben, uns zu unterhalten.«
    Er grinste zurück, und diesmal glänzten seine Augen vor Freude, nicht weil er Fieber hatte.
    »Ich denke auch, Sie sollten besser noch bleiben«, stimmte er zu. »Für den Fall, daß es mir auf einmal schlechter geht.« Er bekam einen dramatischen Hustenanfall. Hester blieb nicht verborgen, daß er tatsächlich litt, allerdings an der unfreiwilligen Isolation, die ihm die Brust zusammenschnürte.
    »Ich hole Ihnen etwas Milch und Zwiebelsuppe«, verkündete sie energisch.
    Septimus schnitt ein Gesicht.
    »Oh - das wird Ihnen guttun, außerdem schmeckt es gar nicht so übel! Und während Sie essen, berichte ich Ihnen von meinen Erlebnissen - anschließend dürfen Sie mir dann Ihre erzählen.«
    »Dafür würge ich Milch und Zwiebelsuppe hinunter!« versprach Septimus.
    Hester verbrachte den ganzen Tag in seinem Zimmer. Sie nahm ihre Mahlzeiten auf einem Tablett mit nach oben und saß am Nachmittag still auf einem Stuhl in der Ecke, während er unruhig schlief. Als er wieder wach war, holte sie ihm noch etwas Suppe, Lauch und Sellerie mit pürierten Kartoffeln zu einer dicken Flüssigkeit vermischt. Nachdem er gegessen hatte, saßen sie den ganzen Abend zusammen und unterhielten sich darüber, was sich seit seiner Zeit an der Front verändert hatte. Sie berichtete von den heftigen Kontroversen, deren Zeugin sie von den grasigen Hügeln aus geworden war, er von den verzweifelten Kavalleriegefechten, an denen er von 1839 bis 1842 im afghanischen Krieg teilgenommen hatte, von der Eroberung Sinds und den späteren Sikh-Kriegen in der Mitte des Jahrzehnts. Anschließend erzählte er ihr von dem faszinierenden Subkontinent Indien und seinen Bewohnern.
    Sie stellten fest, daß sie eine Menge Erinnerungen und Gefühle teilten, denn am Krieg selbst hatte sich nicht viel geändert. Beide kannten Furcht, Panik und Elend, aber auch Kameradschaft, Gelächter, absurde und sentimentale Momente. Sie sprachen über die Regimentsrituale, die auf den ersten Blick wie eine einzige Farce erschienen: silberne Kerzenleuchter, kompletter Dinnerservice mit Kristallgläsern und Porzellan für die Offiziere am Vorabend der Schlacht, die in ihren scharlachroten Uniformen mit den goldenen Tressen und auf Hochglanz polierten Messingknöpfen so deplaziert wirkten wie Pfaue auf einem Friedhof.
    »Sie hätten Harry Haslett gemocht«, sagte Septimus wehmütig. »Er war wirklich ein netter Bursche. Erfüllte alle Voraussetzungen, die ein echter Freund braucht: Ehrgefühl, ohne wichtigtuerisch zu sein, Großzügigkeit, ohne sich gönnerhaft zu benehmen, Humor ohne jede Spur von Boshaftigkeit und Mut ohne den kleinsten Anflug von Grausamkeit. Octavia betete ihn an. Noch an ihrem Todestag sprach sie in so leidenschaftlichen Tönen von ihm, als ob er gerade erst gestorben wäre.« Er lächelte und starrte blinzelnd an die Decke, um die aufsteigenden Tränen niederzukämpfen.
    Hester griff automatisch nach seiner Hand. Es war eine natürliche, spontane Geste, die er richtig verstand. Seine knochigen Finger schlossen sich um ihre, und in dieser Haltung blieben sie eine Weile schweigend sitzen.
    »Die beiden wollten ausziehen«, sagte er schließlich, als er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. »Tavie war anders als Araminta. Sie wollte ihr eigenes Heim. Es war ihr nicht wichtig, Sir Basil Moidores Tochter zu sein oder in der Queen Anne Street zu wohnen. Die Kutschen und das ganze Hauspersonal, die eleganten Dinnergesellschaften mit Botschaftern, Parlamentsmitgliedern und Abgesandten ausländischer Fürstenhäuser bedeuteten ihr nicht viel. Sie haben davon natürlich nichts mitbekommen, weil das Haus wegen Tavie in Trauer ist, aber davor ging es hier ziemlich zu. Fast jede Woche ein spezielles Ereignis.«
    »Ist das der Grund, warum Myles Kellard bleibt?«
    »Was sonst.« Septimus lächelte dünn. »Wie sollte er einen

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