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Gefährlicher Verführer

Gefährlicher Verführer

Titel: Gefährlicher Verführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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und umfasste ihr Gesicht mit den Händen,
während seine Fingerspitzen ihr die Tränen abwischten. »Du weinst um diese
Mörder.« Er formulierte es als neutrale Feststellung. Gleichzeitig spürte er
Tempests Kummer, als wäre es sein eigener.
    »Es tut mir Leid, Darius.«
Ihre Stimme klang erstickt und verriet, wie schwer die Trauer auf ihr lastete.
»Sie hatten Familien, Mütter, Ehefrauen. Brüder und Schwestern. Kinder.«
    »Sie hätten dich umgebracht,
Kleines. Ich konnte es in ihren Gedanken lesen. Einige von ihnen planten sogar,
dir vorher noch Gewalt anzutun. Sie hätten auch meine Schwester und ihren
Gefährten vernichtet. Ich konnte diese Gräueltaten nicht geschehen lassen«,
entgegnete Darius leise.
    »Das weiß ich«, stimmte sie
sanft zu, »und ich gebe dir keine Schuld. Es musste sein. Sie haben dich in
diese Lage gebracht, und doch tun mir ihre Familien unendlich Leid. Vielleicht
glaubten einige von ihnen, das Richtige zu tun. Natürlich rechtfertigt das ihre
Handlungen nicht, aber sie waren immerhin Lebewesen.«
    Darius strich ihr das Haar
aus dem Nacken und küsste ihre seidige Haut. »Du musst mir nicht erklären, was
ich längst weiß, meine Liebste. Ich bin in deinen Gedanken, wie du in meinen
bist, wenn du es wünschst.« Er ließ seine Hände kurz auf ihren Schultern ruhen,
während die Stärke ihrer Liebe ihn überwältigte. Und plötzlich schien eine Flut
von Gefühlen in ihm aufzusteigen, in der er zu ertrinken drohte, obwohl er noch
so viel zu tun hatte. Schnell wandte sich Darius ab, ehe er dem Verlangen,
Tempest in den Armen zu halten, nicht mehr widerstehen konnte. Er atmete tief
durch und trat bewusst einige Schritte von ihr zurück.
    Tempest fuhr tapfer durch
die steigenden Fluten. Zwei Mal kreuzte sie eine gepflasterte Straße und kam
dann wieder auf einen Waldweg. Ein Mal fuhr sie dicht an einem der geparkten
Wagen vorbei, in dem ein Mann saß, der eine Zigarette rauchte. Nervös biss sie
sich auf die Lippe, schaffte es aber, unentdeckt an dem Wagen vorbeizukommen.
Sie warf Darius einen flüchtigen Blick zu und bemerkte, wie blass er geworden
war. Es kostete ihn viel Kraft, einen so großen Gegenstand wie den Bus vor den
Augen der Sterblichen zu verbergen. Inzwischen war er so geschwächt, dass er
tatsächlich zitterte.
    Schnell wandte Tempest den
Blick ab, doch das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Gedanke, Darius könnte
etwas zustoßen, erschreckte sie zutiefst. Sie fuhr, so schnell sie es
verantworten konnte, konzentrierte sich auf die Straße und auf das gefährlich
ansteigende Wasser. Einige Male wählte sie Waldwege, die so schmal waren, dass
die Äste der Bäume an den Seiten des Busses entlangkratzten. Zeit ihres Lebens
würde sie dieses schrille, metallische Geräusch nicht vergessen, das wusste
sie.
    Als endlich die Brücke vor
ihnen auftauchte, wischte sich Tempest erschöpft übers Gesicht, als hoffte sie,
so auch die Umgebung besser ausmachen zu können. Der Regen und der dichte Nebel
gaben ihr das Gefühl, mit verbundenen Augen zu fahren. Sie spürte, wie die
Brücke unter dem Gewicht des Busses schwankte, und nahm instinktiv den Fuß vom
Gaspedal. Panik stieg in ihr auf.
    Gleich stand Darius hinter
ihr und bedeckte ihren nackten Fuß mit seinem, um das Gaspedal durchzudrücken.
Der Bus schlingerte, ehe die Reifen wieder Halt fanden. »Weiter, Kleines«,
forderte er sie leise auf.
    Schließlich ließ er ihr ja
auch keine andere Wahl. Entschlossen umklammerte Tempest das Steuerrad. Das
Wasser überschwemmte die Brücke bereits und drückte den Bus so heftig zur
Seite, dass sie alle Kraft aufbringen musste, um gegen die Strömung zu steuern.
Erst als sie die Brücke endlich passiert hatten, atmete Tempest wieder auf.
Dann gab sie Darius' Beinen einen Schubs, damit er seinen Fuß vom Gaspedal
nahm. Sie zitterte so heftig, dass ihre Zähne aufeinander schlugen.
    »Du machst das großartig,
Kleines«, flüsterte Darius, während er ihr beruhigend übers Haar strich. »Wir
haben es beinahe geschafft.«
    »Beinahe?« Tempest wandte
sich um und starrte ihn an. »Liegt etwa noch mehr vor uns ? Ich bin so müde,
Darius.« Sie kam sich albern vor, sich bei ihm zu beklagen, während er schwer
verletzt war und sich viel dringender ausruhen musste als sie. »Ich glaube, für
heute Nacht hatte ich genug Abenteuer.«
    Liebevoll zerzauste er ihr
das Haar. Er war ein Mann, der sich immer als unbarmherziges Raubtier gesehen
hatte, entdeckte jetzt jedoch eine völlig neue Seite an sich.

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