Gefaehrliches Verlangen
Bei uns zu Hause kaufen wir den kompletten Baum mit Wurzeln und pflanzen ihn nach den Feiertagen entweder im Garten oder im Wald ein. Leider hat Dad es dieses Jahr nicht geschafft, einen zu besorgen. Schade. Ich hätte es schön gefunden, wenn du das Cottage weihnachtlich geschmückt sehen könntest. Um diese Zeit ist es immer besonders gemütlich.«
»Solange du da bist, ist die Dekoration völlig unwichtig.«
Marc führt mich in eine schmale Seitenstraße.
»Wohin gehen wir?«
»Ein Freund von mir hat hier ein Spielzeuggeschäft. Ich habe mir überlegt, dass du mir hilfst, etwas für Sammy auszusuchen.«
Vor einem Schaufenster mit wunderschönen handgefertigten Holzspielsachen bleiben wir stehen. Der Laden befindet sich in einem hohen Backsteingebäude mit einem goldfarbenen Schild über dem Eingang – Peter’s Toys.
Fasziniert spähe ich hinein. Die Sachen verströmen den Zauber vergangener Tage. Sie sind alle aus Massivholz und mit viel Liebe gefertigt, das erkenne ich auf Anhieb. Es gibt Puppenhäuser, Kinderwagen, Holzklötze, ein Dreirad … und sogar einen Holzlaster mit handgemalter Aufschrift auf der Rückseite. Sam wäre außer sich vor Freude, wenn er damit spielen dürfte.
»Der Laden ist absolut perfekt. Ich kann es kaum erwarten hineinzugehen.«
»Gefällt er dir? Peter stellt die meisten Sachen selbst her. Das ist wahre Leidenschaft.«
»Ich finde alle Sachen wunderschön.«
»Sehr gut. Dann lass uns reingehen.«
❧ 24
Ü ber der Tür läutet ein Glöckchen, und wir werden von einem heimeligen Duft nach Apfelholz und Sägespänen empfangen. Der Fußboden ist mit Mulch ausgestreut, die Spielsachen selbst sind auf geschnitzten Holzregalen und Baumstammscheiben, komplett mit Rinde, ausgestellt. Es ist, als betrete man einen ausgehöhlten Baumstumpf.
Ein großer, hagerer Mann mit grauem Haar und runder Brille tritt auf uns zu und krempelt die Ärmel seines gestreiften Hemds hoch. »Marc, wie geht es dir, alter Knabe?«
»Peter.« Marc ergreift seine Hand und schüttelt sie, ohne den Arm von meinen Schultern zu nehmen, was Peter veranlasst, mich interessiert zu mustern.
»Na, so was. Marc Blackwell am helllichten Tag in Begleitung einer jungen Dame. Sie müssen etwas ganz Besonderes sein.«
»Das ist Sophia Rose«, stellt Marc mich vor und verstärkt seinen Griff um meine Schultern. »Und, ja, sie ist tatsächlich etwas Besonderes für mich. Sehr sogar.«
»Das freut mich. Wird auch langsam Zeit, dass du eine anständige Frau findest.«
»Eine bessere als Sophia gibt es nicht.«
»Sehr schön. Tja, dann will ich mal den Sherry holen. Zur Feier des Tages.« Peter verschwindet im hinteren Teil des Ladens und kehrt wenig später mit einer Flasche Lustau-Sherry und drei Kristallgläsern zurück, die er großzügig einschenkt, bevor er jedem von uns eines reicht.
»Feines Wässerchen, was?«, bemerkt er nach dem ersten Schluck. »Seit November warte ich schon auf eine gute Ausrede, die Flasche endlich aufzumachen.«
»Freut mich, dass wir behilflich sein konnten.« Marc nippt an seinem Glas.
»Danke.« Ich trinke ebenfalls einen Schluck. Der Sherry ist trocken und frisch zugleich und wärmt herrlich angenehm an diesem kalten Wintertag. Er rinnt so mühelos meine Kehle hinab, dass man sich kaum vorstellen kann, Alkohol getrunken zu haben, doch die Wirkung belehrt mich eines Besseren.
»Also, wie kann ich euch beiden helfen?«, fragt Peter und trinkt noch einen Schluck. »Brauchst du ein Geschenk für deinen Neffen? Oder staffieren wir etwa ein Kinderzimmer aus?« Er zwinkert mir verschmitzt zu.
Verstohlen werfe ich einen Blick auf Marc und registriere erleichtert, dass er lächelt.
»Noch nicht. Heute suchen wir ein Geschenk für einen Einjährigen.«
»Ich glaube, ich habe das Richtige schon entdeckt.« Beim Anblick all der Spielsachen wäre ich am liebten wieder fünf Jahre alt, dann dürfte ich mit dem liebevoll ausgestatteten Puppenhaus spielen.
»Der Holzlaster im Schaufenster ist absolut perfekt für ihn. Sammy wird außer sich sein, wenn er ihn sieht. Damit kann er nicht nur wild durchs Zimmer fahren und das Holz abladen, sondern ihn auch noch in den Mund stecken.«
»Das darf er gern tun. Wir verwenden nur ungiftige Naturfarben.« Peter schiebt die Daumen in die Gürtelschlaufen seiner Hosen und wippt auf den Fersen vor und zurück.
»Sie machen wirklich schöne Sachen.« Wieder lasse ich den Blick durch den Laden schweifen. »Es muss ja eine halbe Ewigkeit gedauert
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