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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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leben, zu sehen, wie sich alles um einen herum verändert, und dabei zu wissen, dass es nie ein Ende hat, muss schrecklich sein.«
    »Ich weiß es nicht«. Betroffen senkte Lyannen den Blick. »Ich habe nie darüber nachgedacht. Ich hatte immer so viel mit der Gegenwart zu tun, dass ich mir keine Sorgen um die Zukunft machen konnte. Aber weißt du was? Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fürchte ich mich davor, dass ich eines Tages herausfinden könnte, dass du recht hast.« Er schwieg einen Augenblick. »Irdris, wer war dein Vater?«
    »Mein Vater?« Sie starrte ihn an, als ob sie sich über diese Frage wundern würde. »Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich weiß nicht, wer er war noch woher er gekommen ist. Er war ein Ewiger und ein Reisender, das hat mir meine Mutter gesagt. Meine Mutter ist die Hohepriesterin«, erklärte sie stolz. »Deshalb genießt sie das Privileg, Kinder von einem Ewigen zu empfangen. Mein Vater blieb nur so lange, dass er mir noch einen Namen geben konnte, dann ist er geflüchtet.«
    »Er ist geflüchtet?« Lyannen runzelte die Stirn. Nichts war einem Ewigen wichtiger als seine Ehre, und zu fliehen und Frau und Kinder im Stich zu lassen, war sicherlich nicht besonders ehrenvoll. »Warum das denn?«
    »Na ja«, sagte Irdris und zuckte mit den Schultern. »Ihm blieb gar keine andere Wahl. Unsere Tradition verlangt, dass der Vater nach der Geburt des Kindes getötet wird.«
    Lyannen äußerte sich nicht dazu - sein schockiertes Gesicht sprach Bände. »Und dein Vater …«, meinte er dann, konnte den Satz allerdings nicht zu Ende führen.
    »Mein Vater ist heimlich geflohen, das musste er tun, wenn er
überleben wollte. Ich glaube sogar, dass meine Mutter ihm dabei geholfen hat, selbst wenn sie das niemals zugeben würde.Aber jemand muss ihn unterstützt haben, schließlich war er ein Gefangener und eine Flucht von hier ist ohne Hilfe von Eingeweihten nicht zu bewerkstelligen. Auch ein Ewiger vermag das nicht«, erklärte Irdris. »Ich bin aber sehr froh darüber. Meine Stiefschwestern sagen, dass der Gott aller Götter mich verfluchen wird, falls mein Vater sich wieder eine andere Frau nimmt. Aber ich bin glücklich, dass er davongekommen ist.«
    Doch Lyannen hörte ihr gar nicht mehr zu. Ihn beschäftigte ein Gedanke, der ihm gerade durch den Kopf geschossen war und der ihm überhaupt nicht gefiel. »Sag mal, Irdris«, wagte er so taktvoll wie in einer solchen Situation möglich zu fragen, »du willst doch nicht etwa, dass ich dich heirate, oder?«
    »Wer, ich? Nein, ich ganz bestimmt nicht«, sagte Idris lächelnd und Lyannen seufzte erleichtert auf. »Aber meine Mutter schon«, fügte sie an und der Seufzer erstarb auf Lyannens Lippen. »Sie möchte, dass ich ein Kind von dir bekomme.Was meinst du wohl, warum wir hier sind? Meine Mutter, die Hohepriesterin, hat sieben Töchter, und sie würde am liebsten alle sieben mit einem Ewigen zusammenbringen. Und unsere Wahrsagerinnen haben für diese Nacht deinen und meinen Namen gesehen.«
    »Irdris, jetzt werde bitte nicht wütend,« setzte Lyannen an. Nicht einmal in seinen schlimmsten Alpträumen war er je in einer so vertrackten Situation gewesen. »Du willst aber auch nicht heiraten, oder?«
    Irdris schüttelte entschieden den Kopf. »Ganz bestimmt nicht. Also erstens: Ich liebe meine Freiheit. Ich möchte Abenteuer erleben, ich will in die Welt hinaus und anderswo Erfahrungen sammeln und schließlich einen Lebensgefährten finden, den ich aus ganzem Herzen liebe. Hier bei uns wäre mir das wohl kaum möglich, vor allem nicht mit einem Kind. Und zweitens, was noch wichtiger ist: Ich möchte nicht, dass man dir etwas antut.
Dabei spielt es keine Rolle, ob du mir gefällst oder nicht. Ich finde das nicht gerecht, sie haben kein Recht, jemanden einfach so zu töten.«
    »Das hast du schön gesagt«, meinte Lyannen. Er war ein wenig beruhigt, dass Irdris zum Thema Ehe mit ihm einer Meinung war. Blieb aber immer noch das Problem, wie er von hier weg kam, denn gerade hatte ihm Irdris wieder klargemacht, dass eine Flucht nicht zu bewerkstelligen war. Noch dazu hatte er keinerlei Möglichkeiten, sich mit Ventel oder einem der anderen von den Rebellen in Verbindung zu setzen. Er wusste ja nicht einmal, wo seine Freunde sich mittlerweile befanden oder mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hatten.
    »Was mache ich bloß …«, sagte er leise mehr zu sich selbst als zu Irdris. »Es muss doch eine Möglichkeit geben!«
    »Die gibt es auch«, sagte

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